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Klimaschutzstreik

3500 Schülerinnen und Schüler setzen in Freiburg ein Ausrufezeichen

Joachim Röderer
  • Fr, 18. Januar 2019, 14:25 Uhr
    Freiburg

In 60 Städten haben am Freitag Schülerinnen und Schüler für mehr Klimaschutz demonstriert. 3500 Teilnehmer waren es in Freiburg – es war wohl die größte Demo in Deutschland an diesem Tag.

Die Schülerdemo mit mehreren Tausend Teilnehmern zog zum Bertoldsbrunnen. Foto: Thomas Kunz
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"Wir sind hier, wir sind laut, weil man uns die Zukunft klaut" – mit diesem Sprechchor sind am Freitagmorgen rund 3500 Schülerinnen und Schüler durch die Freiburger Innenstadt gezogen. Sie forderten Politiker auf, deutlich mehr als bisher für den Klimaschutz zu tun. Die Organisatoren der Demo kritisierten, dass viele Freiburger Schulen den Teilnehmern am Streik mit Konsequenzen drohten. Ob es in den kommenden Wochen weitere Schülerdemos zu dem Thema geben wird, sei noch nicht entschieden, so Jesko Treiber der Vorsitzende des Schülerrats.

Es ist wie eine kleine Völkerwanderung: Von allen Seiten strömen am frühen Freitagmorgen grüppchenweise Schülerinnen und Schüler zum Platz der Alten Synagoge. Der Platz ist kurz vor 9 Uhr schon mit 1000 jungen Menschen gefüllt. Viele Demonstrierenden halten Transparente wie "Kohle nur noch fürs Grillen" oder "Es gibt keinen Planet B" in die Höhe. Der Freiburger Schülerstreik gehört zu der Klimaschutzaktion "Fridays for Future", die im letzten Sommer die 15-jährige Schwedin Greta Thunberg gestartet hat. Mittlerweile gehen weltweit die Schüler auf die Straße. Am Freitag gab es Demos in 60 deutschen Städten. Die Schülerorganisatoren gehen davon aus, dass mehr als 30.000 Demonstranten während der Unterrichtszeit auf die Straße gingen. In Freiburg waren es nach Angaben der Organisatoren die meisten.

"Es ist uns wichtig, hier zu sein, es geht um unsere Zukunft."

Selten einmal ist der Platz der Alten Synagoge in seiner noch jungen Geschichte so voll gewesen wie an diesem Morgen: Die Mikrofonanlage hat längst nicht genug Power, dass die Reden bis in die hinteren Reihen durchdringen könnten. "Das ist überwältigend, was hier los ist", sagt Jesko Treiber, der Vorsitzende des Schülerrates. Die Organisatoren hatten mit 500 bis 1000 Teilnehmern gerechnet. Diese Erwartungen werden weit übertroffen: Die Polizei schätzt später, dass es rund 3500 Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene waren, die auf die Straße gegangen sind. Die Veranstalter nennen sogar noch viel höhere Zahlen.

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Acht Achtklässlerinnen und Achtklässler vom Marie-Curie-Gymnasium sind aus Kirchzarten nach Freiburg gekommen. Die Schüler haben in den ersten beiden Schulstunden noch eine Französischarbeit geschrieben, jetzt sind mit ihren Transparenten Teil von Fridays for Future: "Es ist uns wichtig, hier zu sein, es geht um unsere Zukunft", sagen sie entschlossen. Nicht weit davon entfernt steht die 15 Jahre alte Lena und hält ein Schild hoch: "Die Erderwärmung wartet nicht", steht darauf geschrieben. Für sie war es keine Frage, dass sie an dem Streik teilnimmt: "Mir ist meine Zukunft wichtiger als die Konsequenzen, die mir jetzt von der Schule drohen." Die jungen Leute bekommen Zuspruch von zwei pensionierten Lehrern, die mitten in der fröhlichen Menge stehen. Peter Latzel erzählt von den 70ern-Jahren, als seine Siebtklässler von der Demo gegen das Atomkraftwerk Wyhl zurückkamen – völlig durchnässt vom Wasserwerfer. Und Peter Philippen weiß noch, wie damals Schüler in alle Innenstadt-Schule gegangen sind und ihre Mitschüler auf die Straße geholt haben: "Das sollte es heute wieder geben." Beifall für die Schüler und ihren Streik gibt es auch von den "Omas gegen Rechts", die sich samt Spruchband vor dem Theater postiert haben.



Dann formiert sich ein langer Demozug und bewegt sich über die Rempartstraße zum Holzmarkt und von dort über die Kajo zum Bertoldsbrunnen. Wieder gibt es Reden, viel Jubel und Beifall. Dann geht es zurück zum Ausgangspunkt Synagogenplatz zur Abschlusskundgebung. Die beginnt mit einem "Huh" im Stil der isländischen Kicker. "Was für eine fette Aktion", kommentiert Leon vom Orgateam die große Zahl der Teilnehmer, die den Freiburger Klimastreik zu einer der größten Kundgebungen in Deutschland gemacht hätten. Er hofft, dass die Botschaft bei den politisch Verantwortlichen ankommt. Jeder könne selbst was fürs Klima tun, auch im Kleinen – weniger fliegen, weniger Fleisch essen, weniger Strom verbrauchen. Es gibt Kritik an den Schulleitungen von Freiburger Schulen, die den streikenden Schülern mit Konsequenz gedroht und so verunsichert hätten. "Ein Streikrecht bekommt man nicht, ein Streikrecht nimmt man sich", sagt Leon. Er kritisierte auch, dass mit Sanktionen gedroht wurde. "Und es geht auch nicht, dass man Klassenarbeiten extra auf diesen Tag verlegt, um dann Sechsen verteilen zu können."

Offen sei, so Schülerrat Jesko Treiber, ob es weitere Freitagsdemos der Schüler geben werde: Das müsse man noch besprechen: "Wir wollten erst einmal mit der dieser großen Aktion anfangen." Am kommenden Freitag tage in Berlin die Kohlekommission, deswegen sei dort eine große zentrale Fridays-for-Future-Aktion von Schülern geplant. Aus Freiburg soll ein Bus zumMitdemonstrieren in die Hauptstadt fahren.

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Ressort: Freiburg

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