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Stan Lee

Abschied vom Superhelden

  • Marcus Kirzynowski/Sabine Horst (epd)

  • Di, 13. November 2018, 18:19 Uhr
    Literatur & Vorträge

Warum Spiderman & Co. zu Kultfiguren wurden: Ein Nachruf auf deren Schöpfer, den amerikanischen Comic-Autor Stan Lee.

Stan Lee  | Foto: dpa
Stan Lee Foto: dpa
Seine Helden waren keine makellosen Übermenschen – und wurden gerade darum zum Kult. In den 1960er und 70er Jahren herrschten Spider-Man & Co. über die Zimmer jugendlicher, meist männlicher Comicfans. Heute haben sie sich alle Publikumsschichten erschlossen: mit dem sogenannten Marvel Cinematic Universe, kurz MCU, einem gigantischen Kino-Serien-Projekt, das Kassenschlager wie "Iron Man", "Black Panther", "Guardians of the Galaxy" und die "Avengers"-Filme hervorgebracht hat. Im kommenden Frühjahr soll es mit "Captain Marvel" und "Avengers 4" weitergehen. Und die Fans fragen sich: In welchem Film wird der letzte von Lees legendären Kurzauftritten zu sehen sein?

Am Montag ist Stan Lee (wie berichtet) im Alter von 95 Jahren in Los Angeles gestorben. "Heute haben wir einen wirklichen Superhelden verloren", twitterte die Oscar-Academy. "Stan Lee, danke für alles." Und die US-Armee würdigte Lee für seine Verdienste während des Zweiten Weltkriegs und für seine spätere Unterstützung für Soldaten.

Lee, geboren 1922 als Stanley Martin Lieber in New York als Sohn rumänisch-jüdischer Eltern, revolutionierte das US-Comicgeschäft. Grundlage dafür war ein menschlicherer Ansatz der Figuren: Bis Anfang der 60er Jahre waren Superhelden meist makellose Übermenschen und moralische Vorbilder. Bereits mit seiner ersten Erfolgsserie, den "Fantastic Four", entwickelt 1961 mit dem Zeichner Jack Kirby, brach Stan Lee mit diesem Konzept. Die Figuren haben Selbstzweifel und ein problematisches Privatleben. Diese menschliche Seite macht es den Lesern leichter, sich mit den Helden zu identifizieren. Zumindest, wenn man Lees Helden mit Superman oder Batman des Konkurrenzverlags DC vergleicht. "Lee hatte seinen Durchbruch mit zweidimensionalen Figuren", urteilte der Comicautor Alan Moore einmal in einem BBC-Interview über seinen Kollegen. "Sie kostümieren sich auch und tun Gutes, aber sie haben ein schlechtes Herz – oder ein krankes Bein."

So ist beispielsweise Lees Hulk kein kontrollierter Held. Er ist ein Wissenschaftler, der in Stresssituationen von seinem animalischen Ich übermannt wird und sich gegen seinen Willen in einen grünen Unhold verwandelt.

Stan Lees berühmteste Schöpfung Spider-Man, entstanden 1962 gemeinsam mit Zeichner Steve Ditko, ist im Privatleben der schüchterne Teenager Peter Parker. Als Waise hat er mit der Sorge um seine kranke Tante May, Liebeskummer und Schwierigkeiten in seinem Job als Fotoreporter zu kämpfen. In den von Lee geschriebenen Heften schien es für Peter Parker oft eine viel größere Herausforderung, sein Privatleben auf die Reihe zu bekommen, als im Spinnenkostüm Superschurken wie Dr. Octopus oder den Grünen Kobold zu besiegen.

Unter der Maske von Daredevil verbirgt sich ein blinder Anwalt, und Iron Man wurde sogar zum Alkoholiker. Auch die X-Men, ein Team von Mutanten, besteht aus gesellschaftlichen Außenseitern, die mit Vorurteilen und Ausgrenzung kämpfen. Zu Lees bekanntesten Schöpfungen zählen außerdem der Silver Surfer und Thor, der der nordischen Mythologie entlehnt ist.

Sein Figuren

haben Selbstzweifel

Lee selbst wuchs in bescheidenen Verhältnissen auf. Mit 17 Jahren fing er als Mädchen für alles im Comicverlag Timely an, dem Vorgänger des späteren Verlags Marvel Comics.

Doch schon ein gutes Jahr später, im August 1941, schrieb er seine erste Comic-Geschichte für ein "Captain America"-Heft, unter dem Pseudonym Stan Lee. Als der Chefredakteur der Comicabteilung wenig später den Verlag verließ, übernahm er dessen Aufgaben, behielt den Posten mehr als 30 Jahre lang und wurde dann Herausgeber des Verlags.

Seit den 1980er Jahren betreute Lee als Produzent auch die zahlreichen Auftritte seiner Figuren in Film und Fernsehen. Und seit 2000 tauchte er regelmäßig in Kleinstrollen in Marvels Kassenerfolgen auf, als Wachmann, Fußgänger oder Hot-Dog-Verkäufer. Nebenbei hörte Lee nie auf, an neuen Comics zu arbeiten – gerne auch mit ungewöhnlichen Partnern: 1988 schrieb er eine Silver-Surfer-Geschichte für den französischen Avantgarde-Zeichner Moebius. Und 2008, da war Lee schon 85, begann seine Zusammenarbeit mit dem japanischen Zeichner Hiroyuki Takei an der Manga-Serie "Ultimo".

Ressort: Literatur & Vorträge

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Mi, 14. November 2018: PDF-Version herunterladen

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