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Affäre Edathy

Nacktbilder: Justizminister will Regeln verschärfen

Christian Rath
  • Mi, 19. Februar 2014, 08:05 Uhr
    Deutschland

Justizminister Heiko Maas reagiert auf die Affäre Edathy. Der SPD-Politiker will das "gewerbsmäßige Handeln mit Nacktbildern von Kindern und Jugendlichen unter Strafe stellen".

Ein Fahnder vor einem Computer mit Kinderpornos  | Foto: Peter Förster
Ein Fahnder vor einem Computer mit Kinderpornos Foto: Peter Förster
Jetzt müsse nur noch geklärt werden, wie der Gesetzgeber dabei vorgehen soll. Jedenfalls dürfe "niemand mit den Körpern von Kindern und Jugendlichen Geschäfte machen", so Maas. Der Minister betont zwar, dass Debatten über Strafverschärfungen nicht mit Blick auf konkrete Einzelfälle geführt werden sollen. Aber natürlich wurde Maas’ Initiative vom Fall des Ex-Abgeordneten Sebastian Edathy ausgelöst. Edathy hatte in Kanada Bilder von nackten und halbnackten sitzenden und spielenden Jungs gekauft. Nach Darstellung von Edathys Anwalt hat das Bundeskriminalamt die bestellten Videos und Fotoserien geprüft und kam zum Schluss, dass diese allesamt "strafrechtlich nicht relevant" seien.

Diese Strafbarkeitslücke will Maas nun schließen. Bei der CDU/CSU kann er dabei auf Unterstützung hoffen. Innen-Staatssekretär Günter Krings sagte schon am Vortag, die gewerbliche Verbreitung von Kinder-Nacktfotos solle verboten werden. Die bisherige Rechtslage zur Kinderpornographie stellt auf sexuelle Handlungen "von, an und vor Kindern" ab.

Seit 2008 sind dabei auch Handlungen von Kindern erfasst, die sie nicht an sich oder anderen vornehmen. Damit sollte auch das so genannte Posing erfasst werden, das der Bundesgerichtshof (BGH) zuvor als straffrei wertete.

Nach wie vor ist aber "nicht jede Aufnahme des nackten Körpers oder eines Geschlechtsteils" als Kinderpornographie strafbar, so ein BGH-Urteil aus dem November 2013. Erforderlich sei vielmehr ein "Posieren in sexualbetonter Körperhaltung". Was das ist, ließen die Richter offen. Damit halfen sie Polizei und Staatsanwaltschaft wenig. Die Ermittler versuchen schon seit Jahren, Kriterien für die Abgrenzung von strafbarer Kinderpornographie zu legalen Nacktbildern zu finden, etwa ob die Darstellung "aufreizend" ist, ob auf die Geschlechtsorgane fokussiert werde, ob die Posen natürlich oder provokativ seien.

Der Vorstoß von Maas wirkt da wie ein Befreiungsschlag. Wenn einfach alle kommerziellen Nacktbilder von Kinder bestraft werden, müssen nicht mehr konkrete Posen bewertet werden. Es stellen sich dann aber schnell neue Abgrenzungsprobleme. Muss das Kind zum Beispiel ganz nackt sein oder soll auch die Darstellung von Kindern in (knapper) Badebekleidung verboten sein? Wichtig ist für Maas, dass nichts kriminalisiert werden soll, "was zum Alltag vieler Eltern gehört". Wenn Eltern ihre Kinder in der Badewanne oder am Strand fotografieren, soll das auch künftig straffrei bleiben – außer die Fotos werden verkauft. Denn dann dürfte ein gewerbsmäßiges Handeln vorliegen.

Ein Gesetzentwurf soll

vor Ostern vorliegen

Was aber gilt, wenn ein pädophiler Vater Strandbilder seiner Kinder in einschlägigen Foren mit Gleichgesinnten austauscht? Umgekehrt ist aber auch nicht alles schmuddelig, was kommerziell ist. Bei der Werbung für Strandurlaube müsste künftig zum Beispiel darauf geachtet werden, damit nicht irgendwo ein unbekleidetes Kind herumspringt und das schöne Werbefoto zur Straftat macht.

Maas plant aber keinen Schnellschuss. Die Idee soll vielmehr gründlich diskutiert werden, bevor er einen Gesetzentwurf vorlegt. Einen anderen Gesetzentwurf will Maas allerdings noch vor Ostern, also bis Ende April, präsentieren. Darin soll die EU-Richtlinie zum Schutz von Kindern vor sexueller Ausbeutung umgesetzt werden. Hier hat Maas Eile, weil die Umsetzungsfrist eigentlich schon im November 2013 abgelaufen war.

Zwei Punkte stehen dabei im Mittelpunkt. Zum einen soll jedes Betrachten von Kinderpornographie im Internet strafbar gemacht werden, unabhängig davon, was im Arbeitsspeicher des Computers gespeichert wird. Zum anderen soll das Cyber-Grooming, also das sexuell motivierte Ansprechen von Kindern im Internet eindeutig strafbar gemacht werden. Auch Chatnachrichten und Telefongespräche sollen dabei genügen. Grundsätzlich, das hat Maas auch angekündigt, will er den "veralteten Schriftenbegriff dem digitalen Zeitalter anpassen". Längst aber meint das Strafgesetzbuch, wenn von Schriften die Rede ist, auch Fotos, Videos und Datenspeicher wie CDs. Wenn Maas auch individuelle Emails und Chatnachrichten als Kinderpornographie bestrafen will, dann hat das nichts mehr mit einer technisch bedingten Modernisierung zu tun, es wäre eine Ausweitung der Strafbarkeit über den Besitz und die Verbreitung von Darstellungen hinaus.

Ressort: Deutschland

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