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Freiburger Ärzte buhlen mit Werbung um Patienten

Fabian Vögtle
  • Do, 30. März 2017
    Freiburg

Der Fall eines Freiburger Kieferorthopäden zeigt, dass das Buhlen um Patienten mittlerweile auch bei Ärzten zum Geschäft gehört.

Ahmad Hagar sorgte mit einem Werbespot... wurde dafür von Kollegen kritisiert.   | Foto: Ingo Schneider
Ahmad Hagar sorgte mit einem Werbespot für Wirbel und wurde dafür von Kollegen kritisiert. Foto: Ingo Schneider

Neulich hat ein Freiburger Urologe mit einem eigenen Song in seiner Telefon-Warteschleife für ein Aufhorchen gesorgt. Auch andere Ärzte versuchen, mit originellen Werbemethoden neue Patienten zu gewinnen. Ein Kieferorthopäde sorgte mit einem in der Praxis gedrehten Video im Internet für einen viralen Hit. Das begeistert nicht alle Kollegen. Die Zahnärztekammer sieht jedoch keinen Grund, den Arzt zurückzupfeifen und betont, dass für die Branche eine neue Zeit angebrochen ist.

"Es reicht heute nicht mehr, nur ein Schild an die Tür zu hängen", sagt Ahmad Hagar. Der Kieferorthopäde hat sich im vergangenen Jahr mit einer Neueröffnung in der Innenstadt niedergelassen. Da er keine Praxis von einem Vorgänger übernommen hat, musste er schauen, wie er potentielle Patienten auf sich aufmerksam macht. "Ich wollte auf jeden Fall was qualitativ Hochwertiges", sagt der 32-Jährige. Und so entstand ein Video, das Aufsehen erregte. "Das wird ein Werbespot und kein Imagefilm", sagte Hagar vorher zu einigen Kollegen, die seine Idee für unseriös hielten. Er stellte das Video dennoch ins Internet und dann ging alles ganz schnell.

"Die Kinder kamen in die Praxis und kannten den Spot bald auswendig", sagt Hagar. Einige Kollegen waren jedoch weniger begeistert. Vor allem bei den älteren Kieferorthopäden sei das Video verpönt gewesen. "Aber die Zeiten dieser Halbgötter in Weiß sind vorbei", sagt Hagar. Was er damit meint: Die Patienten kämen heute aufgeklärter und mit anderen Erwartungen und Ansprüchen in eine Praxis. Da müsse man Schritt halten und zum Beispiel auch in sozialen Netzwerken stärker präsent sein. In anderen Städten sei es bei Ärzten gang und gäbe, dass im Internet Werbung gemacht würde. "Ich bin nicht hier, um die anderen Leute zu verärgern", sagt der Freiburger. Es gehe ihm auch nicht darum, sich positive Bewertungen zu erschleichen. Wer etwa gut seine Zähne putze, bekomme bei ihm Bonuspunkte und dann gebe es auch mal einen Kino-Gutschein. "Das ist doch fair und eine Motivation für die Kinder", sagt Hagar.

Die Landeszahnärztekammer Baden-Württemberg hat an Hagars Video und seinem Bonuspunkteprogramm nichts zu beanstanden. "Wir prüfen, ob etwas sachgemäß ist und für Patienten nicht irreführend", erklärt Anja Moessinger von der Rechtsabteilung auf BZ-Anfrage. Das sei bei Hagar nicht der Fall. Moessinger bestätigt, dass Wettbewerbsrecht und Heilmittelwerberecht in den vergangenen Jahren immer lockerer geworden sind. Vor 20 Jahren seien Vorher- und Nachher-Bilder sowie die Darstellung eines Arztes im weißen Kittel noch verboten gewesen.

Daran erinnert sich auch Martin Leupolz. "Früher mussten wir noch penibel darauf achten, dass Praxisschild und Zeitungsanzeige genau gepasst haben. Doch die Zeiten haben sich natürlich geändert", sagt der Kieferorthopäde, der seit 20 Jahren in der Altstadt eine Praxis führt. Er habe kein Problem mit dem neuen Kollegen. "Jeder muss seine Nische finden. Das Ziel ist ja bei allen das gleiche, aber der Weg ist ein anderer", sagt Leupolz. Das sieht sein Kollege Christian Mall ähnlich: "In einer Phase, in der jemand eine neue Praxis eröffnet, gibt es fast immer einen Aufschrei von den Etablierten", sagt Mall. Er verstehe, dass einige Kollegen Hagar mit Argwohn betrachten, weil seine Art der Darstellung mit dem bisherigen Berufsbild schwer vereinbar sei.

Er selbst findet dessen Vorgehen jedoch legitim: "Ich fand das Video zudem total witzig", sagt er. Er fordert eine Aussprache unter seinen Kollegen und hofft auf einen Konsens bei der Werbung.

Das Video des Kieferorthopäden: http://mehr.bz/werbespot17

Ressort: Freiburg

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Do, 30. März 2017: PDF-Version herunterladen

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