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50 000 Namen werden eingraviert

Bärbel Nückles
  • Mi, 08. Februar 2017
    Südwest

Bis Ende 2017 entsteht bei Schirmeck im Elsass ein Gedenkort für die Toten des Zweiten Weltkriegs .

STRASSBURG/SCHIRMECK. Es sind mehr als 50 000 Namen, die von Herbst an auf einer Gedenkmauer in den Vogesen eingraviert sein werden. Die geplante "Namenmauer" (Mur des noms) erinnert an die Kriegstoten des Zweiten Weltkriegs aus dem Elsass und dem benachbarten Département Moselle. Erstmals ehrt das vom Straßburger Architekturbüro Fluor Architecture konzipierte Monument zivile und militärische Opfer an einem Ort.

Besucher werden auf der 80 Meter langen, 5 Meter hohen und zur Seite schmal zulaufenden Betonmauer auch die Namen der Malgré-Nous, der Zwangseingezogenen in der Deutschen Wehrmacht, finden, die als Kriegsopfer lange keine Würdigung erfuhren. Die Abfolge der Namen richtet sich allein nach dem Alphabet. "Wir haben Wert darauf gelegt, dass keine Unterschiede zwischen den einzelnen Gruppen gemacht werden", betont Christophe Heitz, der das Erinnerungsprojekt bei der Région Alsace (inzwischen Teil der Région Grand Est) verantwortet. Aus Sicht der Hinterbliebenen leistet das Monument aus all diesen Gründen ein Stück Wiedergutmachung und trägt zur Versöhnung der Elsässer mit ihrer Geschichte bei. "Besonders wichtig ist dieser Ort für Angehörige von vermissten Kriegsopfern, die kein Grab haben, an dem sie ihre Toten betrauern können", sagt Gérard Michel, Präsident des Verbandes der Kriegswaisen Zwangseingezogener.

Neun Jahre dauerte die Vorbereitung, bis die nun vorliegenden Namen zusammengetragen waren. Eine Recherche übrigens, betont Christophe Heitz, die bis dato nicht mit letzter Gewissheit abgeschlossen ist. Die Liste kann also noch ergänzt werden. In einem digitalen Archiv sind Unterlagen zu jedem Fall hinterlegt. Auf diese Weise, sagt Heitz, habe man für die Familien und Hinterbliebenen die Möglichkeit geschaffen, über das Schicksal ihrer Toten mehr zu erfahren.

Die Wahl des Ortes für das nüchtern gehaltene Monument, das sich die Région 1,2 Millionen Euro kosten lässt, ist nur konsequent. Von der Namenmauer führt ein Fußweg im weiträumigen Zickzack hinauf zum Mémorial Alsace-Moselle. Der Weg nach oben, sagt Philippe Richert, Präsident der Région Grand-Est, der die Pläne zur Namenmauer vor Jahren angestoßen hat, sei eine Einstimmung auf den Besuch des Mémorial.

Von dort öffnet sich der Blick auf das Breuschtal, eines der landschaftlich schönsten der Region, jedoch mit einer dunklen Geschichte. Von August 1940 an richteten die Nationalsozialisten in der Nähe ein Arbeitslager ein. Wenige Kilometer Luftlinie entfernt liegt das ehemalige Konzentrationslager Natzweiler-Struthof.

Das Mémorial Alsace-Moselle, 2005 eingeweiht, ist Museum und Gedenkstätte zugleich und widmet sich der in Frankreich wenig bekannten deutsch-französischen Geschichte der Grenzregion. Das Elsass und das Nachbargebiet teilen als "Elsass-Lothringen" eine leidvolle Geschichte. Zwischen 1871 und dem Ende des Zweiten Weltkriegs gehörten Elsässer und Mosellaner mal zu Frankreich, mal zu Deutschland. Viermal wechselte ihre Zugehörigkeit.

Ressort: Südwest

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Mi, 08. Februar 2017: PDF-Version herunterladen

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