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Handwerk

Holzbildhauerin aus Vörstetten gehört zu den besten des Landes

Moritz Lehmann
  • Fr, 11. November 2016, 17:23 Uhr
    Vörstetten

Julia Kunkler möchte kreativ arbeiten - deshalb hat sie sich gegen eine Schreinerlehre entscheiden. Was macht sie eigentlich in ihrer Werkstatt?

Als Holzbildhauerin kann Julia Kunkler auch mit der Motorsäge umgehen. Den Pilz unten im Bild hat sie fast ausschließlich damit erstellt. Foto: Moritz Lehmann
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Für Julia Kunkler hat die Fasnachtssaison bereits im Sommer begonnen. Wer ihre Werkstatt im elterlichen Hinterhaus betritt, erkennt schnell, worin das Hauptgeschäft einer südbadischen Holzbildhauerin besteht: Nicht im Schnitzen von Grabmälern oder religiösen Statuen, sondern im Anfertigen von Fasnachtsmasken.

Einige solcher Masken liegen aneinandergereiht auf einer Werkbank. Obwohl Kunkler diese Exemplare noch gar nicht bearbeitet hat, erkennt man sofort, worum es sich handelt. Möglich ist das dank einer Wundermaschine: der Kopierfräse. Diese verwandelt grobe Holzklötze in Abbilder von dem Modell, das Kunklers Chef Simon Stiegeler im Auftrag einer Zunft angefertigt hat.



Während ihrer Ausbildung an der Friedrich-Weinbrenner-Gewerbeschule in Freiburg hat Kunkler bei Stiegelers Betrieb in Grafenhausen ein Praktikum gemacht, jetzt ist sie dort angestellt. Zehn Leute haben mit Kunkler zusammen den Abschluss gemacht, die meisten davon sind Frauen. Aber nur Kunkler hat sich dazu entscheiden, weiter zu machen. "Man muss in diesem Beruf aufgehen, um ihn machen zu können", sagt sie.

Kunklers Aufgabe ist es nun, die Rohversionen der Fasnachtsmasken vorsichtig auszuhöhlen und mit dem Schnitzermesser zu bearbeiten, sodass daraus eine kunstvoll gestaltete Maske wird. "Ein bisschen Spielraum gibt es dabei immer", sagt Kunkler. Die Holzbildhauerei sei in erster Linie ein kreativer Beruf. Das ist es auch, was Kunkler am meisten daran gefällt: "Hier kann ich mich verwirklichen", sagt sie. Für die Gestaltung einer Maske benötigt Kunkler vier bis fünf Stunden.

Die Werkstatt des Vaters gekapert

Ihre künstlerische Ader entdeckte die 19-Jährige früh. Die Arbeit mit dem Holz wurde ihr sozusagen in die Wiege gelegt: Ihr Vater Harald ist gelernter Schreiner, von klein auf hat sie an Holz herumgewerkelt. Nach einem schweren Unfall musste der Vater das Schreiner-Handwerk aufgeben und schulte um. Inzwischen habe sich seine Tochter zunehmend seiner Werkstatt bemächtigt, wo sie ihre Aufträge bearbeitet. Nach Grafenhausen fährt sie ein- bis zweimal die Woche. "Demnächst muss ich mich wohl vorher anmelden, wenn ich hier was werkeln will", bemerkt der Vater schmunzelnd.

Keine Massenproduktion

Nach dem Realschulabschluss machte Kunkler zunächst ein Praktikum bei einer Werbeagentur und erkannte, dass ein Bürojob nichts für sie ist. Zunächst liebäugelte sie mit einer Schreinerlehre. Sie stellte jedoch fest: "Das Schreiner-Handwerk ist heutzutage leider stark auf Massenproduktion ausgerichtet. Häufig produziert man Ikea-Möbel auf hohem Niveau."

Auf einer Ausbildungsmesse wurde sie am Stand der Friedrich-Weinbrenner-Schule auf die Holzbildhauerei aufmerksam. "Ich hatte diesen Beruf zuvor gar nicht auf dem Schirm, aber die Ausbildung hat mir auf Anhieb gefallen. Besonders die inhaltliche Breite und der Schwerpunkt auf die Förderung von Kreativität haben mich angesprochen." Sie beinhaltet nicht nur das Schnitzen, sondern auch Kunstgeschichte, Design und Technologie.

Einmal Landessiegerin, einmal Landesvize

Mit ihrem Gesellenstück hat die Holzbildhauerin im landesweiten Wettbewerb der Handwerkskammern nicht nur den zweiten Platz in ihrer Berufssparte belegt, sondern auch den ersten Platz beim Wettbewerb "Die gute Form". Etwa 80 Stunden hat sie an der menschenähnlichen Figur getüftelt, die sich von ihrem Untergrund erhebt, aber dennoch darin verhaftet bleibt. Der Figur hat sie den Titel "Ablösung" gegeben, für Kunkler symbolisiert sie den Übergang. Obwohl sie ihre Ausbildung erst im Juli beendet hat, möchte sie nächstes Jahr wieder auf die Schulbank – den Meister machen.

Ressort: Vörstetten

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Mo, 14. November 2016: PDF-Version herunterladen

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