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UNTERM STRICH: Basteln an den letzten Dingen

Alexander Dick
  • Di, 15. Oktober 2019
    Kolumnen

Der Do-It-Yourself-Sarg als Bausatz liegt offenbar im Trend / Von Alexander Dick.

In Anthony Horowitz’ neuem, herrlich altmodischem und in Mußestunden leicht konsumierbarem Krimi "Ein perfider Plan" kommt Mrs. Diana Cowper in ein Bestattungsinstitut, um die Formalien für ihre eigene Beerdigung festzulegen. Eine ihrer Vorgaben – ein Pappsarg. So etwas rührt wohl an der Ehre eines jeden Bestattungsunternehmers. Mr. Cornwallis kann es gerade noch richten: "Wenn Sie an ein Öko-Begräbnis denken, würde ich vielleicht eher recyceltes Holz oder auch ein Weidengeflecht vorschlagen."

An dieser Stelle hätte auch Cornwallis’ realer Kollege Henning Rutsatz von der Firma Abschied und Bestattungen aus Kirchlinteln im schönen Niedersachsen ins Spiel kommen müssen. Das Bestattungsunternehmen – und möglicherweise nicht nur dieses – hat nämlich auch Bausätze für Särge im Portfolio. Es ist sozusagen ein Basteln an den letzten Dingen. Man schiebt die Feder in die Nut vorgesägter Holzbretter, schraubt diese anschließend zusammen, und wenn man alles richtig gemacht hat, ist der Do-It-Yourself-Sarg, wie ihn die Deutsche Presseagentur bezeichnet, dann bereit zur Inbetriebnahme. Seit drei Jahren schon bietet Abschied und Bestattungen Seminare an, in denen der gewöhnliche Sterbliche an seine letzte Kammer selbst Hand anlegen darf. Manche verschenken die selbstgezimmerten Kisten auch "an einen lieben Menschen", oftmals auch noch mit Liebe und in grellen Farben bemalt. Selbstgebasteltes zu verschenken ist ohnedies voll im Trend. Und wirklich, bevor man wieder irgendwelchen unnützen Tand wie Computerspiele oder Lichterketten darreicht: Ein Sarg ist etwas Bleibendes. Wenigstens bis zum Tod.

Bevor das jetzt zu makaber wirkt: Bestatter verweisen als Vorbild auf den freieren Umgang mit Tod und Sterben in anderen Ländern. Nochmals sei an das fiktive Beispiel von Mrs. Cowper erinnert. In ihrem Fall wäre es mit dem Do-It-Yourself indes nichts mehr geworden. Die alte Dame wird nur sechs Stunden nach dem Termin beim Bestatter ermordet. Zu knapp.

Ressort: Kolumnen

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Di, 15. Oktober 2019: PDF-Version herunterladen

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