Arbeiten im Ausnahmezustand: Die türkische Menschenrechtsanwältin Ayse Acinikli verteidigt Oppositionelle. Wie 300 ihrer Berufskollegen kam sie dafür schon in Haft.
Zwei Uhr nachts, Kampfjets donnern über die Dächer von Istanbul. Im Gefängnis nahe des Flughafens vibrieren die Fensterscheiben, die Türen der Zellen scheppern. An die 20 Frauen stürmen ins Gemeinschaftszimmer und drängeln sich um einen Fernseher. Plötzlich knallt es dumpf, die Erde bebt. Es ist stockfinster. Ayse Acinikli, 30 Jahre alt, legt den Zeigefinger an ihre Lippen. "Wir dürfen jetzt nicht in Panik ausbrechen", flüstert sie den Frauen zu – so zumindest erzählt sie es. So hat sie den Putschversuch in der Türkei am 15. Juli 2016 erlebt. Im Gefängnis. Die Frauen kehren zurück in ihre Zellen, zwölf Quadratmeter, zwei ...