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Mahnung aus München

Christopher Ziedler
  • Mo, 15. Oktober 2018
    Deutschland

Die CDU verordnet sich Ruhe vor der Hessenwahl in zwei Wochen – und erwartet insgeheim doch das Gegenteil.

Die CSU hat in Bayern deutlich an Rückenwind verloren.  | Foto: dpa
Die CSU hat in Bayern deutlich an Rückenwind verloren. Foto: dpa
Alles Hoffen darauf, dass die Meinungsforscher auf dem Holzweg sind, hat nichts genutzt. Zwar schnitt die CSU am Ende ein wenig besser ab, als es zuletzt prognostiziert worden war, das Debakel aber konnte dadurch nicht mehr verhindert werden.

In der Berliner Zentrale der Schwesterpartei CDU war ein solch "bitteres Ergebnis", von dem Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer dann sprach, in gewisser Weise schon eingepreist. Die Stellungnahme des stellvertretenden Bundesvorsitzenden Thomas Strobl erreichte die Redaktionen daher schon zwölf Minuten nach Schließung der Wahllokale. "An diesen Zahlen gibt es nichts, freilich gar nichts, was man aus Sicht der Union schönreden könnte", ließ der Stuttgarter Innenminister mitteilen.

Er wie auch Kramp-Karrenbauer nahmen für die CDU eine Mitschuld der Bundespolitik an – freilich nur in dem Sinne, dass der Dauerzwist der Unionsparteien viele abgeschreckt habe. "Dass die Streitigkeiten der vergangenen Monate, insbesondere auch der Tonfall und der Stil keinen Rückenwind für die Wahlkämpfer in Bayern waren, steht außer Frage", sagte die frühere saarländische Ministerpräsidentin. Das Ergebnis aus München stelle daher eine "Ermahnung" in Richtung Berlin dar. Strobl stellte fest, dass es bei der "Außendarstellung der Großen Koalition deutlich Luft nach oben" gebe. Es müsse "jetzt Schluss sein mit Machtspielchen" – was auch als Hinweis an den CSU-Chef und Bundesinnenminister Horst Seehofer verstanden werden konnte.

Die Christdemokraten haben sich nun fest vorgenommen, vor der Hessenwahl in zwei Wochen mit eiserner Disziplin jeden weiteren Streit – sei es eine Debatte über Kurskorrekturen oder das Spitzenpersonal – im Keim zu ersticken. "Damit der Fokus auf den Landesthemen liegt", wie Kramp-Karrenbauer ergänzte. Schließlich will dort in Gestalt von Volker Bouffier jemand erneut zum Ministerpräsidenten wiedergewählt werden, der sowohl mit den Konservativeren in der Union wie auch mit der Parteivorsitzenden Angela Merkel gut kann. Ihr Stellvertreter mit Spitznamen "Bouffi" ist aus diesem Grund eine wichtige Figur in der CDU, dessen Erfolg mit neuer Unruhe nicht gefährdet werden soll. Genauso groß jedoch ist die Gefahr, dass dies ein frommer Wunsch bleiben könnte. Ausgerechnet Bouffier selbst griff jetzt in einem Interview ungewöhnlich scharf die CSU an, die der "Union in der letzten Zeit viel Vertrauen gekostet" habe.

Intern diskutiert die Partei, wie sie sich künftig aufstellt

Ohne Seehofer beim Namen zu nennen, kritisierte der Hesse das Vorgehen des Bundesinnenministers im Asylstreit vor der Sommerpause: "Wer die Backen aufbläst und den Leuten erzählt, jetzt alles zu lösen, und am Ende gelingt die Zurückweisung von nur einer Handvoll Migranten im Monat, der macht sich unglaubwürdig."

Während sich am Sonntagabend alle maßgeblichen Kräfte in der Union um Ruhe bemüht haben, wurde hinter vorgehaltener Hand eher das Gegenteil erwartet. Ein CDU-Bundestagsabgeordneter aus dem Südwesten konnte zu dem Zeitpunkt zwar noch nicht absehen, was in der CSU mit Parteichef Seehofer passieren würde – was eventuell die Suche nach einem neuen Bundesinnenminister beinhalten könnte. Der Parlamentarier war sich jedoch sehr sicher, dass in München die Schuld am miesen Abschneiden nicht nur bei Berliner CSU-Leuten, sondern auch bei Kanzlerin Angela Merkel von der CDU abgeladen wird. "Wir in der Union diskutieren bekanntlich schon eine Weile, wie wir uns für die Zukunft aufstellen", meinte der Abgeordnete: "Diese Debatte dürfte nun in den nächsten Tagen eine ganz neue Dynamik bekommen."

Geplant ist bereits eine Klausurtagung der Parteispitze, um diese Debatte vor dem Hamburger Parteitag Anfang Dezember noch in geordnete Bahnen lenken zu können. Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) sorgte derweil am Wahlsonntag mit einem Interview für Aufsehen. Die Kanzlerin habe immer noch Zustimmungswerte, um die sie von den meisten anderen Regierungschefs in Europa beneidet werde, meint Schäuble im SWR mit Blick auf Merkel. Doch dann schobt er hinterher: "Aber sie ist nicht mehr so unbestritten, wie sie in über drei oder zweieinhalb Legislaturperioden gewesen ist."

Ressort: Deutschland

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