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Ausgrabungen

Ägypten präsentiert erste Funde aus der Totenstadt von Minia

Martin Gehlen
  • So, 25. Februar 2018, 19:30 Uhr
    Kunst

Im Dezember 2017 entdeckten Ägyptens Archäologen nahe Minia eine 2500 Jahre alte Totenstadt. Nun wurden erste Fundstücke präsentiert. Nicht nur sie sollen Touristen anlocken.

Stolz und Freude standen Ägyptens Antikenminister Kaled El-Enany ins Gesicht geschrieben. Eigens ein halbes Dutzend ehrwürdiger Glasvitrinen hatte er mitten in der Wüste aufstellen lassen, um seine frisch entdeckten Schätze in voller Pracht präsentieren zu können. "Wir werden dem Nahen Osten eine neue archäologische Attraktion hinzufügen", versprach er vor Hunderten von Gästen, die nach Oberägypten gekommen waren, um unter dem Schutz bunter Sonnentücher ihre antiken Vorfahren zu bestaunen.

Im Dezember 2017 entdeckten Ägyptens Ausgräber nahe der Stadt Minia eine 2500 Jahre alte Totenstadt, die Grablegen zahlreicher Priesterfamilien enthält. 40 mit Namen beschriftete Sarkophage aus Stein legten die Wissenschaftler frei, hinzu kamen 1000 Statuetten und Alabastergefäße, Keramik und Schmuck. "Das ist erst der Anfang. Wir brauchen mindestens fünf Jahre, um sämtliche Nekropolen dieses Friedhofs zu erforschen", erklärte Kaled Al-Enany. Acht weitere Gräberfelder sind schon ausgemacht, wahrscheinlich gibt es noch wesentlich mehr.

Oberhaupt einer der Familien war der Hohepriester Djehuty-Irdy-Es, der für den Gott Thot zuständig war. Seine noch vorhandene Mumie ist dekoriert mit blauen und roten Perlen sowie vergoldeten Bronzeplatten, die die geflügelte Himmelsgöttin Nut zeigen. Kurz vor Neujahr stießen die Forscher auf ein Amulett mit der Inschrift "Frohes neues Jahr" – "ein wunderbarer Zufall und eine Botschaft für uns aus dem Jenseits", sagte Chefausgräber und Kairos Antikendirektor Mostafa Waziri freudestrahlend.

Zwei Drittel des historischen Erbes, so schätzte einmal Waziris Vorgänger Zahi Hawass, liegen noch unangetastet in ägyptischer Erde. Und so setzen die Ausgräber nicht nur in Minia, auch in Luxor und Kairo auf weitere spektakuläre Erfolge. Denn zum einen braucht die reich gesegnete Nation am Nil dringend mehr Touristen. Zum anderen lenkt das Entdeckerglück ab von der beispiellosen Repression durch das Regime von Abdel Fattah al-Sisi. Mit 8,3 Millionen Besuchern war das Jahr 2017 nach dem Niedergang von 2011 das bisher beste, aber auch nach wie vor kein Vergleich mit den 14,7 Millionen unter Hosni Mubarak.

Und so will Ägypten in den nächsten Jahren vor allem mehr Ausländer nach Kairo locken, wo mit den Pyramiden das einzige noch verbliebene Weltwunder der Antike steht. Das ganze Plateau von Giza wird derzeit umgestaltet. Keine zwei Kilometer Luftlinie entfernt entsteht das "Große Ägyptische Museum", ein Eine-Milliarde-Euro Gigant, der zu einem Touristenmagnet mit Weltgeltung werden soll. Ende 2018 wird er nach 15 Jahren Bauzeit endlich seine Tore öffnen.

Global-virtuelle Hypershow

Die kolossale Statue von Ramses II. steht bereits in dem 25 Meter hohen Glasfoyer. In der ersten Phase sind den Besuchern nur die Galerien des Tutanchamun mit ihrem atemberaubenden Blick auf die Pyramiden zugänglich. Sämtliche 5600 Fundstücke aus der weltberühmten Grabkammer sind hier zu bewundern rund um das Prunkstück, die zehn Kilogramm schwere goldene Totenmaske des jugendlichen Herrschers.

Ende 2022 sollen dann auch alle übrigen 45 000 Kostbarkeiten der altägyptischen Geschichte an ihrem Platz sein. Zusätzlich werden die in aller Welt verstreuten Ausnahmestücke wie die Nofretete in Berlin, die Tanis-Sphinx in Paris oder der Rosetta Stein in London permanent per Liveübertragung zugeschaltet sein, um das ägyptische Kulturerbe zu einer global-virtuellen Hypershow zu bündeln. Selbst ein eigener Flughafen, der "Sphinx International Airport", ist im Bau. Ab Sommer 2018 können hier die ersten Touristen landen – direkt vor den Toren der neuen Pyramidenwelt.

Ressort: Kunst

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Mo, 26. Februar 2018: PDF-Version herunterladen

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