Account/Login

Das Glück liegt auf der Straße

Gabriele Schoder
  • Do, 28. Mai 2015
    Kino

KOMÖDIE: "Kiss the Cook – So schmeckt das Leben " von und mit Jon Favreau.

Kubanische Köstlichkeiten vom Imbisswa... Leguizamo, Emjay Anthony (v.  rechts)  | Foto: Koch
Kubanische Köstlichkeiten vom Imbisswagen: Jon Favreau, John Leguizamo, Emjay Anthony (v. rechts) Foto: Koch
Das Problem mit sogenannten Feelgoodmovies ist ja, dass sie mitunter den gegenteiligen Effekt haben. Man geht in einen Wohlfühlfilm, weil er Kurzweil und gute Laune verspricht, hat dann auch einiges zu lachen, ist vielleicht sogar ein paarmal angerührt, aber am Ende verlässt man das Kino doch missmutig: Wenn das Finale zu erwartbar und läppisch daherkommt, fühlt man sich emotional manipuliert und die Figuren nicht ernst genommen.

Und "Kiss the Cook – So schmeckt das Leben" ist ein Feelgoodmovie, wie es im Buche steht: Mann an der Schwelle zur Midlifecrisis, privat wie beruflich gescheitert, findet wieder zurück zu Familie und Berufung. Obendrein in einer Komödie übers Kochen, was das Kinopublikum sowieso meistens ganz lecker findet – die Erfolgsgeschichte des Genres reicht von "Brust oder Keule" mit Louis de Funès über "Julie & Julia" mit Meryl Streep oder "Soul Kitchen" mit Moritz Bleibtreu bis "Kochen ist Chefsache" mit Jean Reno oder zuletzt "Madame Mallory und der Duft von Curry" mit Helen Mirren.

Jon Favreau hat also auf ein sicheres Pferdchen gesetzt für seinen ersten Film, in dem er vor und hinter der Kamera die Hauptrolle übernahm. Der 1966 in Queens/New York geborene Schauspieler und Regisseur ("Buddy, der Weihnachtself", "Iron Man", "Cowboys & Aliens") konnte für seinen kleinen Indie-Film nicht nur eine illustre Schauspielerriege mit Dustin Hoffmann, Scarlett Johansson und Robert Downey Jr. gewinnen, sondern auch Kameramann Kramer Morgenthau ("Game of Thrones", "Thor – The Dark Kingdom"). Das Drehbuch schrieb er selbst und würzte es sorgfältig mit Drive und Pracht eines Roadmovies und schönen Latino-Rhythmen: Was sollte da noch schiefgehen auf dem Weg zu einer Erfolgskomödie? Ja, man spürt die Absicht – und ist doch nicht verstimmt. Denn "Kiss the Cook" ist unsentimental, familientauglich, luftig, leicht und charmant – und von einem glänzend aufgelegten Ensemble vergnüglich gespielt.

Rollende Kreativküche statt Fresstempel

In der ersten Szene fiebert Carl Casper (Favreau), Küchenchef eines Feinschmeckertempels in Los Angeles, dem Besuch des berühmten Gastrokritikers Ramsey Michel (Oliver Platt) entgegen. Er plant Sensationelles, doch Restaurantbesitzer Riva (von freundlicher Giftigkeit: Dustin Hoffman) besteht auf dem Traditionsmenü, von Kaviarei bis Schokokuchen – was prompt einen hämischen Verriss zur Folge hat, den Ramsey dann auch noch über Twitter in alle Welt hinausposaunt. Carl antwortet ihm, aber als Novize in Sachen Social Media entfacht er damit unfreiwillig einen mittleren Orkan im Internet.

Als auch sein zweiter Versuch, Ramsey kulinarisch zu beeindrucken, an Riva scheitert, wirft Carl ihm die Schürze hin, zum Bedauern seines Küchenteams samt Kellnerin und Gelegenheitsgeliebter Molly (Scarlett Johansson). Aber auch für Carl selbst scheinen die fetten Jahre vorbei. Bis er sich auf seinen alten Traum besinnt und, unterstützt von seiner Exfrau Inez (Sofía Vergara) und deren zweitem Exmann Marvin (richtig witzig: Robert Downey Jr.), einen Imbisswagen mit kubanischen Spezialitäten aufmacht – Grill-Sandwiches, Beignets, frittierte Yucas.

Von jetzt an wird alles gut, lebenslustig, kreativ und frei. Lieblingskollege Martin (John Leguizamo) steigt in die Produktion mit ein – und Carls Sohn, für den er bisher nie Zeit hatte. Percy (Emjay Anthony) genießt es, dem Papa endlich auf Augenhöhe zu begegnen, und sorgt für einen Twitter-Hype um den Truck "El Jefe". Das Glück liegt auf der Straße, und auf dem Weg von Miami nach L.A. ist die natürlich gesäumt von pittoresken Motiven.

Warum aber tauscht Carl am Ende die rollende Kreativküche doch wieder gegen ein Nobelrestaurant? Ach ja, weil er ganz nah bei Percy und Inez sein will. Wichtiger als Freiheit ist im Feelgoodmovie halt doch die Familie.
– "Kiss the Cook" von Jon Favreau läuft in Freiburg, Lörrach und Offenburg. (Ab 6)

Ressort: Kino

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Do, 28. Mai 2015: PDF-Version herunterladen

Artikel verlinken

Wenn Sie auf diesen Artikel von badische-zeitung.de verlinken möchten, können Sie einfach und kostenlos folgenden HTML-Code in Ihre Internetseite einbinden:

© 2024 Badische Zeitung. Keine Gewähr für die Richtigkeit der Angaben.
Bitte beachten Sie auch folgende Nutzungshinweise, die Datenschutzerklärung und das Impressum.

Kommentare


Weitere Artikel