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Neu im Kino

"Deine Juliet": Spezielle Insulaner

Heidi Ossenberg
  • Do, 09. August 2018, 06:52 Uhr
    Kino

Ein sehr britische, gelungene romantische Komödie: Mike Newell setzt Mary Ann Shaffners und Annie Barrows’ Briefroman "Deine Juliet" vergnüglich um.

Juliet (ganz rechts) muss den Kartoffelschalenauflauf probieren.  | Foto: Studiocanal
Juliet (ganz rechts) muss den Kartoffelschalenauflauf probieren. Foto: Studiocanal
So ein klein wenig fühlt man sich schon betrogen: Die sattgrünen Wiesen, die schroffe Küste, die entzückenden Steincottages und die dunklen Wege dorthin sind in Wahrheit gar nicht auf der Kanalinsel Guernsey. "An der Südküste des britischen Festlandes, in Cornwall und Devon, wurden Orte gefunden, die der üppigen Landschaft und der herrlichen Küstenlinie Guernseys entsprechen", heißt es im Presseheft zur romantischen Komödie "Deine Juliet". Die Farm des Schweinebauern Dawsey Adams liegt in Wahrheit in Buckinghamshire, westlich von London. Es sei "logistisch einfach unrealistisch" gewesen, das moderne Guernsey über die gesamte Produktion so umzugestalten, dass es die historische Periode der Filmgeschichte widerspiegelt.

Nun gut. Schön anzusehen ist das Setting allemal – wenn man eine Schwäche für diese raue, wildromantische Landschaft hat. Hinzu kommen darf auch durchaus eine Schwäche für das spezielle Volk der Insulaner – je kleiner die Insel, desto spezieller! Besonders freundlich jedenfalls empfangen die Menschen auf Guernsey die junge Schriftstellerin Juliet Ashton (Lily James), die 1946 aus London angereist ist, nicht. Das Misstrauen Fremden gegenüber rührt wohl noch aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs. Die Deutschen hatten Guernsey vom 30. Juni 1940 bis Kriegsende besetzt – ein Soldat kam damals auf zwei Inselbewohner. Die Besatzer waren verhasst: Sie nahmen den Bauern das Vieh und zwangen sie, Kartoffeln anzubauen. Sie beschlagnahmten Radios und Funkgeräte, sie verboten den Menschen, an den Strand zu gehen oder alleine mit dem Boot aufs Meer zu fahren. Sie gängelten die Bevölkerung, sie misshandelten Zwangsarbeiter, die überdimensionale Befestigungsanlagen bauen mussten.

Kein Wunder, dass die kleine verschworene Gemeinschaft, die Juliet besucht, sie nicht in das Geheimnis einweihen will, das sich um die verschwundene Elisabeth rankt. Obwohl Juliet wirklich mit den besten Absichten kommt – weil sie, neugierig gemacht durch einen Brief von Dawsey Adams (Michiel Huisman), die Mitglieder des Buchclubs mit dem ebenso lustigen wie verschrobenem Namen "Guernseyer Freunde von Dichtung und Kartoffelschalenauflauf" besuchen und über sie schreiben will.

Neugierig und hartnäckig wie gute Schriftsteller sein müssen, bleibt Juliet trotzdem erst mal auf der Insel – und recherchiert vorsichtig die jüngste Vergangenheit. Ihren besorgten Verleger in London und vor allem ihren Verlobten Mark vertröstet sie ein ums andere Mal. Und so kommt sie schließlich hinter die traurige Geschichte um eine mutige junge Frau, eine durch das Lesen von Büchern gewachsene Wahlfamilie und ein kleines Mädchen, das eine Mutter verliert und eine Freundin gewinnt.

Klingt kitschig? Wem der 2008 erschienene Roman "Deine Juliet" von Mary Ann Shaffner und Annie Barrows gefallen hat, der wird sich auch die Verfilmung mit Vergnügen ansehen. Die Herausforderung, ein Geschehen, das im Original ausnahmslos durch Briefe transportiert wird, für eine Leinwand zu adaptieren, haben die drei Drehbuchautoren und der Regisseur Mike Newell ("Vier Hochzeiten und ein Todesfall") gut gelöst. Die Geschichte ist trotz des Wechsels zwischen zwei Zeitebenen flüssig erzählt, der Film ist wunderbar – very british – ausgestattet, die Charaktere sind bis in die Nebenrollen überzeugend besetzt. Und ach, Lily James und Michiel Huisman schaut man gerne dabei zu, wie ihre Figuren langsam aber sicher ein Paar werden.

"Deine Juliet" (Regie: Mike Newell) läuft in Freiburg, Basel, Offenburg. Ab 6.

Ressort: Kino

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Do, 09. August 2018: PDF-Version herunterladen

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