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Der Angriff der Drohne

Mechthild Blum

Von

Di, 18. September 2018

Literatur & Vorträge

Die Biologin Claudia Praxmayer verhandelt das Insekten- und Bienensterben in einem Roman.

Sorgsam hütet die 19-jährige Melissas, genannt Mel, den Brief, den ihre Nana einst für sie schrieb, in dem sie von Mels geheimnisvoller Nähe zu den Bienen erzählt und dem kleinen Fellchen, was ihr von Geburt an im Nacken wächst. Immer wieder holt sie ihn hervor, wenn sie Trost braucht. Denn noch weiß sie zum Verdruss ihrer vielbeschäftigten Mutter nicht, wie sie ihr weiteres Leben gestalten soll. Ein Jahr hat sie dank ihres Vaters nun Zeit, alles herauszufinden.

Aber kochen kann sie. Das beweist sie täglich in der Wohngemeinschaft, die sie zusammen mit dem alten Josh in dessen Villa in San Francisco gegründet hat: Das "Beehive", der Bienenstock. Mels zweite Leidenschaft gilt dem Garten und vor allem den Bienen, die sich dort angesiedelt haben. Hat sie doch ein ganz besonderes Talent: Sie kann die Bienen, die auch ein kleines Fell auf dem Rücken tragen, mit ihrem Gesang locken.

Claudia Praxmayers erster Jugendroman, erzählt aus der Perspektive der jungen Melissa, handelt nicht zufällig von der Auseinandersetzung zwischen Naturschutz, industrieller Landwirtschaft und digitalisierter Technik. Die Autorin und Biologin schreibt Sachbücher über medizinische und naturwissenschaftliche Themen. Und engagiert sich als aktives Mitglied des Nabu Deutschland seit Jahren ehrenamtlich für den Artenschutz und bedrohte Tierarten. Den Roman siedelt sie in San Francisco und dem Central Valley an, wo Landwirtschaftsbetriebe nur mit Wanderimkern, deren Bienen die Blüten bestäuben, überleben können. Die Gegend kennt sie aus eigener Erfahrung. Genauso Silicon Valley, den weltweit wichtigsten Standort für die Zukunftsentwicklungen von IT und Hightech.

Im Beehive leben zusammen mit Melissa der spillerige Ozzy, ein Mathematikstudent, Verpackungsdesigner und Origami-Freak, in den sich Mel verliebt, der hühenhafte Blondschopf Leo, ein Ökologe und Gärtner aus Leidenschaft, und die komplizierte, aber hoch strukturierte Coco, die als Assistentin bei Professor Murphy am Institut für Künstliche Intelligenzen (KI) forscht. Und natürlich Josh, der hin und wieder lange Artikel für dfie Feuilletons schreibt. Bis auf kleine Reibereien kommen sie prächtig miteinander aus. Die WG-Idylle scheint perfekt zu sein.

Doch eines Tages werden die Bienen von einer schwarzen, metallisch schimmernden Drohne angegriffen. Sie ist einer lebenden männlichen Biene täuschend echt nachempfunden, wie Coco sofort – fasziniert von dem unheimlichen Ding – feststellt. Aber: Wer steuert so eine Drohne in ihren Garten? Will jemand die Bienen ausrotten? Und wenn ja – warum? Denn zweifellos hat es dieses Hightechobjekt auf seine lebendigen Vorbilder abgesehen. So viel sei verraten: Es handelt sich keineswegs um einen Streich. Dahinter steckt die kriminelle Verschwörung einer geldgierigen Start-up-Firma, die künstliche Intelligenzen entwickelt.

Hoch spannend wird in diesem Roman das Insekten- und Bienensterben verhandelt, eines der größten Probleme unserer Zeit. Gerade eben sind in Frankreich fünf Neonikotinoide, die bei Tierschützern als "Bienenkiller" gelten, verboten. Die EU hat im April drei Pflanzenschutzmittel aus dieser Gruppe der Pestizide indiziert. Doch noch immer erlauben sogenannte Notfallzulassungen ihren Einsatz.

Dieses Buch ist allen zu empfehlen, die sich für Natur, Bienen und die Zukunft der Landwirtschaft interessieren genauso wie für Künstliche Intelligenz und ihre nicht immer friedlichen Verwendungszwecke. Eine Seite listet am Ende Internetadressen mit weiterführenden Informationen auf.

Claudia Praxmayer: Bienenkönigin.

Roman. cbj Verlag, München 2018. 352 Seiten, 17 Euro. Ab 14.

Ressort: Literatur & Vorträge

  • Veröffentlicht in der gedruckten Ausgabe der BZ vom Di, 18. September 2018:
  • Zeitungsartikel im Zeitungslayout: PDF-Version herunterladen

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