Ein Adolf kommt selten allein
KOMÖDIE: "Der Vorname".
Thomas rechtfertigt die Namenswahl: Den Adolf-Grimme-Preis habe bisher auch keiner abgelehnt. Außerdem mache die Tabuisierung des Namens Adolf den Mythos Hitler nur noch größer. Jedes Argument des gewieften Immobilienmaklers bringt seinen Schwager mehr auf die Palme: Stephan, Hochschullehrer und ein intellektuelles Alpha-Tier, ist in seinem linksliberalen Ehrgefühl gekränkt.
Der Streit um Adolf fungiert in Sönke Wortmanns "Der Vorname" aber nur als Türöffner für eine bissige Gesellschaftskomödie, in der die Konflikte schon bald vom Politischen ins Persönliche führen. Die Geschichte beruht auf einem Theaterstück von Alexandre de La Patellière und Matthieu Delaporte, das bereits in Frankreich sowie in Italien verfilmt wurde. Wortmann ("Frau Müller muss weg") transportiert den Stoff sehr glaubwürdig in die deutsche Bildungsbürgerstuben. Das geräumige Wohnzimmer mit der bequemen Sitzlandschaft und den protzigen Bücherregalen atmet eine vertraute geistige Enge, die mit psychodramatischem Geschick zur Implosion gebracht wird.
Mit Genuss treibt Wortmann die Konfliktspirale weiter. In der ein Leben lang vertrauten Gruppe scheinen plötzlich alte Voreingenommenheiten auf, das nie-Gesagte bricht heraus, Geheimnisse werden spektakulär gelüftet. Das macht Freude beim Zuschauen, weil das Drehbuch mit seinen Plotwendungen klug gebaut ist und das Ensemble mit Spaß und Präzision zu Werke geht. Nur auf den allzu versöhnlichen Epilog hätte man gerne verzichtet. (Läuft flächendeckend, ab 6)
Kommentare
Liebe Leserinnen und Leser,
leider können Artikel, die älter als sechs Monate sind, nicht mehr kommentiert werden.
Die Kommentarfunktion dieses Artikels ist geschlossen.
Vielen Dank für Ihr Verständnis.
Viele Grüße von Ihrer BZ