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Kult-Ostfriese

Otto in Freiburg: Zwischen Bierzelt und Kindergeburtstag

Stefan Rother
  • Mo, 02. Oktober 2017, 00:01 Uhr
    Kultur

70 Jahre wird Otto Waalkes im kommenden Jahr alt, aber das sieht man ihm allenfalls an, wenn er mal nicht eine seiner zahlreichen Mützen, teils mit angeklebten Haarteilen, trägt.

Otto in Freiburg   | Foto: Rother
Otto in Freiburg Foto: Rother
Schließlich ist die Physiognomie des Ostfriesen seit mehr als vier Jahrzehnten den Deutschen dermaßen vertraut, dass man Veränderungen wie Falten gar nicht wahrnimmt. Ähnliches ließe sich auch über das Programm von Otto sagen, denn das wurde in den vergangenen vier Jahrzehnten allenfalls behutsam abgeändert. So lief etwa beim Freiburg-Gastspiel anno 2008 in den ersten sieben Minuten launiger Text über eine Leinwand, in dem Fan-Trikots des SC Freiburg mit der Aufschrift "Aufstieg 2080" angepriesen wurden. Dieses Mal: gleicher Text, nur dass die Aufschrift jetzt "Deutscher Meister 2099" lautet.

Dem Publikum aber, und das allein zählt letztlich, gefällt das Eingehen auf lokale Gegebenheiten, ebenso wenn Otto zu Beginn traditionell Namen von Umlandgemeinden mit Fahnen darstellt. Am Samstagabend, dem ersten von zwei Auftritten am Wochenende, bekundete das Publikum im Freiburger Konzerthaus von der ersten Minute an absoluten Amüsierwillen. So wird leidenschaftlich mitgesungen, als Waalkes zur Begrüßung "Holdrio Again" anstimmt, eine Version des Howard-Carpendale-Hits "Hello again" von 1984. Wer von der Liedwahl auf das überwiegende Alter des Publikums schließt, liegt allerdings falsch: Denn "Dat Otto Huus", wie Ottos auf der Bühne nachgebautes Museum in seinem Heimatort Emden heißt, ist schon längst ein Mehrgenerationen-Projekt. Da sind die Fans dabei, die sich schon in den 1970er Jahren LPs wie "Oh, Otto" kauften, andere, die 1985 in rekordverdächtigen Zahlen in die Kinovorführungen von "Otto – Der Film" strömten, und eine jüngere Generation, die den Ostfriesen im neuen Jahrtausend mit den "7 Zwerge"-Filmen entdeckten. Die ganz jungen Fans schließlich sehen Otto wohl vor allem als fleischgewordene Stimme des Faultiers Sid aus den "Ice Age"-Filmen.

Auf der Bühne gelingt dem 69-Jährigen nun das Kunststück, alle Fangruppen zu bedienen. Das Resultat ist eine Mixtur aus Bierzelt und Kindergeburtstag. So vertont Waalkes Rock-Klassiker mit neuen Texten zum Mitsingen – aus "Highway to Hell" wird "Auf dem Heimweg wird’s hell", aus "We didn’t start the Fire" wird das promilleselige "Wir haben Grund zum Feiern". Zwischendurch macht er es sich auch recht einfach und spielt auf der Gitarre Schlager von Helene Fischer oder Andrea Berg an, die das Publikum dann textsicher wie auf dem Oktoberfest weitersingt. Richtung Kindergeburtstag geht es, wenn die Zuschauer Hyänen oder Kröten imitieren, Otto mit Handpuppen – darunter natürlich Sid – spielt oder mit seinem Backstudio die kindliche Lust am Rummatschen bedient. Vor der Pause dürfen die kleinen Zuschauer, darunter auch einige aus der Schweiz, sich vor der Bühne drängeln, um Ottifanten zu ergattern.

Und dann gibt es noch das klassische Kabarett Otto’scher Prägung: absurder Englischunterricht, Blödel-Gedichte, allerlei Anzügliches – und natürlich "Hänsel und Gretel". Beim Programmklassiker intoniert Waalkes gewohnt gekonnt aktuelle Charts-Hits mit Hexenhaus-Texten. Die Nummer funktioniert seit mehr als drei Jahrzehnten, und obwohl man sich zuvor mokiert hat, dass Otto letztlich mal wieder mehr vom Gleichen geboten hat, ertappt man sich nach der Show beim Gedanken: Eigentlich schade, dass Otto nicht auch noch "Robin Hood" von 1975 gebracht hat…

Ausstellung: Vom 15. November bis 7. Januar 2018 stellt Otto rund 100 eigene Gemälde und Zeichnungen im Europa-Park in Rust aus.

Ressort: Kultur

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Mo, 02. Oktober 2017: PDF-Version herunterladen

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