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Was hättet ihr gemacht?

  • Mi, 20. Juni 2018
    Theater

Das Freiburger Klassenzimmertheater bringt Schülern mit dem Stück "Name: Sophie Scholl" das Thema Zivilcourage näher.

Natalia Herrera im Stück „Name: Sophie Scholl“   | Foto: Theater
Natalia Herrera im Stück „Name: Sophie Scholl“ Foto: Theater
"Mein Name ist Sophie Scholl – ich kenn den Blick, der jetzt kommt!" Leicht genervt stellt sich die junge Frau in der 11. Klasse der Freiburger Max-Weber-Schule vor, schließlich hat sie rein gar nichts mit ihrer Namensschwester zu tun, ist weder Heldin noch Widerstandskämpferin wie das Mitglied der "Weißen Rose", die in München gegen die Nazis aufbegehrte und 1943 hingerichtet wurde.

Im Gegenteil, gerade jetzt könnte die Jurastudentin eine ordentliche Portion Mut gebrauchen, schließlich soll sie vor Gericht gegen ihren Professor wegen des Handels mit Prüfungsfragen aussagen: Es wäre das Aus für all ihre Zukunftspläne. Zivilcourage und aufrechter Gang – oder doch lieber persönlicher Vorteil? Wie wird sie sich entscheiden? Das Ende des 2014 uraufgeführten Jugendstückes von Autorin und Regisseurin Rike Reiniger bleibt jedenfalls offen – und damit viele Fragen für anschließende Diskussionen.

"Name: Sophie Scholl" ist die dritte Produktion des Freiburger Klassenzimmertheaters, das 2015 von Regisseur Peter W. Hermanns und Theaterpädagogin Veronika Bendiks gegründet wurde – mit dem Ziel, spannende Stoffe direkt in die Schule zu bringen.

Das gelingt hier unbedingt, verwebt das Stück doch ebenso leichtfüßig wie dicht ganz unterschiedliche Erzähl- und Zeitebenen: Blitzschnell zappt Schauspielerin Natalia Herrera in ihrem einstündigen Monolog zwischen Sophie Scholls Biografie, Gerichtssaal und Klassenzimmer hin und her, spielt Schlüsselszenen aus dem Leben ihrer beider Figuren und bietet so nicht nur eine lebendige Geschichtsstunde, sondern auch den Transfer ins Hier und Jetzt. Dabei drängt sich der Mythos Sophie Scholl immer stärker in das Dilemma der Jurastudentin – erst als Vorbild und Anspruch, dann immer mehr als Mensch mit Träumen und Zweifeln, ganz ohne heroischen Sockel: Herrera spielt sie mit viel Präsenz und Temperament als Gruppenführerin der Jungmädelschaft und eigenwilligen Teenager, zeigt sie als frischgebackene, lebenslustige Studentin, wirft Schlaglichter auf ihre Verzweiflung und Politisierung. So werden Gestapo-Verhöre und Gerichtssaalszene verschränkt, ohne erstere zu bagatellisieren, dazu ist die Hinrichtungsszene zu eindrücklich. Vielmehr wird am konkreten Fall der Jurastudentin ein niedrigschwelliger und doch packender Zugang geboten, über Werte und Moral nachzudenken.

"Was hättet ihr gemacht? Kennt ihr solche Gewissenskonflikte?" fragt Herrera am Ende die Klasse. Darauf gibt es keine einfachen Antworten. Aber das Stück hat jede Menge Bilder im Kopf produziert, darüber ist man sich einig. Ein starkes Statement gegen Rechtspopulismus und Mitläufertum.

Lehrervorstellung am Mittwoch, 20. Juni, 19 Uhr in der Max-Weber-Schule. Info und Anmeldung unter http://www.freiburger-klassenzimmertheater.de

Ressort: Theater

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