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Bedrohte Tiere

Der Geier ist vom Aussterben bedroht

  • dpa

  • Mo, 27. Februar 2017, 00:00 Uhr
    Panorama

Der Tod kreist über dem Geier: Verschiedene Arten der Aasfresser sind vom Aussterben bedroht. Vor allem in Afrika und Asien sinkt ihre Zahl drastisch. Schuld daran ist vor allem der Mensch.

Ein Weißrückengeier in der Serengeti in Tansania  | Foto: dpa
Ein Weißrückengeier in der Serengeti in Tansania Foto: dpa
Vor allem in Afrika und Asien, wo die sogenannten Altweltgeier leben, ist die Zahl der Geier in den vergangenen Jahrzehnten um 95 Prozent zurückgegangen, hieß es vor wenigen Tagen bei einem Expertentreffen im spanischen Toledo, bei dem ein Aktionsplan zur Rettung der Tiere ausgearbeitet wurde. Von den insgesamt 23 Geierarten sind 16 global bedroht. Vier asiatische und vier afrikanische Arten werden auf der Roten Liste der Weltnaturschutzunion bereits als kritisch bedroht geführt, darunter der Kappengeier, der Weißrückengeier, der Indiengeier und der Sperbergeier.

Geier sind die Gesundheitspolizei des Ökosystems

"Drastische Maßnahmen sind nötig, um dieser Notsituation zu begegnen", sagte Iván Ramírez, Leiter des Bereichs Naturschutz in Europa und Zentralasien der internationalen Vogelschutzorganisation Birdlife. "Es handelt sich nicht nur um ganz wundervolle Tiere, die unbedingt erhalten werden müssen, sondern auch um die Gesundheitspolizei unserer Ökosysteme."

Warum sind Geier so wichtig? Nick Williams, Greifvogelexperte der Bonner Konvention (CMS), hinter dem das Übereinkommen zur Erhaltung der wandernden wildlebenden Tierarten steckt, erklärt: "Geier sind dazu gebaut, die Erde von Tierkadavern zu säubern. Sie sind Aasfresser, und ohne sie würden andere Tierarten diese Aufgabe übernehmen oder die Kadaver würden einfach liegenbleiben." Das wiederum könnte ganze Ökosysteme destabilisieren und zur Verbreitung von Krankheiten unter Tieren, aber auch Menschen beitragen.

Der verheerendste Grund für die Ausrottung ist die – oft unabsichtliche – Vergiftung der Vögel. Hunde, Schakale oder Hyänen stellen in Afrika für Haustiere eine Gefahr dar und werden konsequent mit Gift verfolgt. Oft stürzen sich verschiedene Arten von Greifvögel auf ein verendetes, oft vergiftetes Tier – und sterben dann selbst qualvoll.

Aber auch Wilderer, die eigentlich Elefanten und Nashörner jagen, machen den Geiern zu schaffen. Diese wollen verhindern, von Wildhütern entdeckt zu werden – und über einem toten Elefantenbullen kreisende Geier könnten sie verraten. Deshalb präparieren sie die Tierkadaver mit Gift, um möglichst viele Geier gleichzeitig zu töten.

Geier werden auch aus Aberglauben getötet

Auch der Aberglaube in Teilen Afrikas und Asiens trägt zum großen Geiersterben bei. Die Ausmaße seien erschreckend, schreibt der Naturschutzbund auf seiner Webseite und zitiert Mark Anderson, den Direktor von Birdlife Südafrika: "Seit der Fußballweltmeisterschaft 2010 wird das Hirn von Geiern von Wettbesessenen gegessen, um den Ausgang eines Fußballspiels vorhersagen zu können und so den Einsatz von Wettgeld zu generieren."

Der neue Aktionsplan, der im Oktober in Manila verabschiedet werden soll, schlägt 100 Maßnahmen für die nächsten zwölf Jahre vor, mit denen die Geier gerettet werden sollen. Dazu gehören strengere Gesetze und eine bessere Überwachung ihrer Einhaltung.

Selbst in Europa sind Geier nicht sicher. So ist in Spanien und Italien, wo 80 Prozent aller europäischen Geier leben, seit einigen Jahren die Behandlung von Weidetieren wie Rindern und Schweinen mit dem Wirkstoff Diclofenac erlaubt. Das Medikament hatte Mitte der 1990er Jahre in Indien ein Geier-Massensterben verursacht: Fast 99 Prozent des Gesamtbestands wurden vernichtet. Jetzt befürchten Experten Ähnliches in Europa. "Der Wirkstoff ist für Menschen ungefährlich, aber für Geier tödlich", warnte Juan Carlos Atienza von Birdife in Spanien.

"Spanien ist das letzte Land in Europa mit einer hohen Dichte an Geiern und jetzt ist auch dies kein sicherer Ort mehr für sie", sagte er und forderte die Regierung in Madrid auf, den Einsatz von Diclofenac umgehend zu unterbinden, zumal es unbedenkliche Alternativen gebe.

In Deutschland, wo auch Bartgeier über dem Allgäu kreisen, ist das Präparat verboten. Vergiftung sei in Deutschland somit kein Thema, betont eine CMS-Expertin. Jedoch hätten Gänsegeier, die gelegentlich in den deutschen Alpen vorkämen, ein Versorgungsproblem: Die Nutztierkadaver, auf die die Vögel angewiesen seien, würden meist von den Bergen gleich ins Tal transportiert und entsorgt. Zurück bleiben hungrige Geier, die Aas suchend über den Alpen kreisen.

Ressort: Panorama

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Mo, 27. Februar 2017: PDF-Version herunterladen

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