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Endlich Ferien! Die Welt geht jetzt planschen

Axel Veiel
  • Mo, 03. August 2015
    Panorama

Nicht nur in Deutschland, auch in anderen Ländern sind Sommerferien. Doch nicht überall hat man grenzenlose Freizeit.

Camping in den Nationalparks sind in den USA sehr beliebt. Foto: colourbox
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FRANKREICH

Es ist soweit. Frankreich macht zu. Wie jedes Jahr am 1. August bricht die Nation geschlossen in den Urlaub auf. Nachdem Anfang Juli bereits die Schulen dichtgemacht haben, schließen nun auch Schwimmbäder, Kinos, Lebensmittelläden, Fabriken und Büros – von ein paar Notapotheken oder Notbäckereien für Fußkranke und andere Reiseunfähige einmal abgesehen. Erste Station auf dem Weg zum Ferienglück ist die Autobahn. Auf der Paris mit dem Mittelmeer verbindenden A6 geht der ohnehin meist zähflüssige Verkehr alsbald in totalen Stillstand über. Der Stau bringt die Menschen einander näher. Erste Ferienbekanntschaften entstehen. Balsam für die Nerven ist das nach dem Gerenne der vergangenen Tage. Zumal Erholung bitter nottut. Schließlich wartet auf die Urlauber die gefürchtete Rentrée. Die Ende August fällige kollektive Rückkehr in den Alltag ist das, zu erkennen am Massenansturm auf Schulbuchgeschäfte und psychotherapeutische Praxen.

USA

In den USA dauern die Schulferien im Sommer je nach Region zwischen zwei und drei Monate. Im Süden und Westen des Landes beginnen sie früher, im Norden meist etwas später. Für die meisten Familien ist eine Reise dann Pflicht.

Beliebtestes Zielgebiet ist Florida mit seinen Stränden und Vergnügungsparks. Auch Campingtrips in die Nationalparks sind beliebt. Nach solchen Ausflügen bleibt allerdings meist viel schulfreie Zeit übrig. Weil die wenigsten Eltern ihren Nachwuchs so lange betreuen können, gibt es so genannte Summer Camps. Die Lager werden von religiösen Institutionen genauso organisiert wie von Bildungseinrichtungen; zwischen einfachen Tagesprogrammen und Vier-Wochen-Aufenthalt wird eine Vielzahl von Aktivitäten angeboten. Über Details entscheidet der Geldbeutel.

RUSSLAND

Russische Kids haben im Sommer drei Monate Ferien. Einheitlich vom letzten Mai-Wochenende bis zum 31. August. Wer es sich leisten kann, verreist, inzwischen vor allem in Russland, bei den Moskowitern kündigt sich gern die Verwandtschaft aus der Provinz – auch entfernte – zu Langzeitbesuchen an. Wer eine Datsche hat, verbringt den ganzen Sommer dort, wer nicht, urlaubt in einem der zahlreichen öffentlichen Parks.

JAPAN

Nippons kleine Töchter und Söhne haben kalendarisch im Sommer frei wie andere Kinder auch. Rund sechs Wochen von Mitte Juli bis Ende August stehen Ferien auf dem Programm. Aber damit hat es sich schon mit den Gemeinsamkeiten, denn Japans Kids gehen trotzdem fast jeden Tag in die Schule. Seltenere Höhepunkte des sommerlichen Frohsinns sind gemeinsame Wanderungen, Ausflüge ans Meer oder in ein Camp. Ansonsten aber wird stramm gelernt und trainiert, beim Schwimmen zum Beispiel, um die Zeiten im Schulwettbewerb zu verbessern. Die Ferien in der schweißtreibenden Hitze sind voll gestopft mit Übungen in allen Fächern, die auf die kommenden Prüfungen vorbereiten. Besonders "beliebt" sind dabei Probe-Examen. Für die schulfreien Tage bekommen die Kinder "Tonnen von Hausaufgaben" mit in den Urlaub. Japanische Eltern, die selbst ohnehin kaum Urlaub kennen, sind diesen Ferienstress von ihrer Schulzeit gewöhnt. Ausländische Mütter, deren Kinder japanische Schulen besuchen, sind dagegen meist entsetzt über den Riesenumschlag, den ihre Schützlinge am "letzten" Schultag nach Hause bringen. Da müssen Nachweise in Mathematik und Japanisch erbracht, Aufsätze geschrieben, Lieder gelernt oder Handarbeiten angefertigt werden. Für schnöde Freizeit bleibt da nur sehr wenig Spielraum.


GROSSBRITANNIEN

Sommerferien in England unterscheiden sich in der Länge nicht sonderlich von denen in Deutschland. Ferienbeginn und -ende sind allerdings für Staatsschulen im ganzen Land festgelegt.

Die Ferien beginnen meist Mitte Juli und dauern bis Ende August. Entsprechend verstopft sind die Straßen an den großen "Reisewochenenden". Beliebtestes ausländisches Ausflugsziel englischer Familien ist immer noch Frankreich – leicht im Auto zu erreichen, per Tunnel oder Fähre. Wenn das Geld knapp wird, geht die Reise allerdings oft auch einfach in die heimischen Seebäder zwischen Brighton und Blackpool: Zum Sandeln, Eisschlecken und Reiten auf Ponys und Eseln.

Irland

Irische Oberschüler haben mit die längsten Sommerferien auf der Welt. Ihre Sommerferien sind in der Regel drei Monate lang – von Anfang Juni bis Ende August. Dieses "Privileg" rührt aus einer Zeit, in der Kinder zur Landarbeit und zum Einbringen der Ernte gebraucht werden. Inzwischen fürchten Pädagogen, dass der lange Sommer ärmeren Kindern schadet – weil er den Bildungsgraben in der irischen Gesellschaft vertieft. Wohlhabende Familien schicken ihre Kinder auf Kurse, machen mit ihnen Ausflüge oder nehmen sie mit auf Bildungsreise. In vielen mittellosen Haushalten lungern die Kids eher in der unmittelbaren Nachbarschaft herum.
THAILAND

Im Yoga-Studio von Sanjiv Chaturvedi inmitten der Thonglor-Gegend von Bangkok sinkt im Sommer das Durchschnittsalter der Kundschaft. "Meine Tochter leidet an solcher Langeweile, dass sie mit mir gekommen ist", sagt eine Mutter. Bis zu drei Monate bleiben Kinder während des Sommers, der sich zunächst durch große Hitze und später durch heftigen Regen auszeichnet, zu Hause.
Sie treiben nicht nur Eltern zur Verzweiflung, sondern auch sich selbst. Schließlich werden die Eislaufbahnen in den Shoppingzentern der tropischen Metropole irgendwann mal fad. Die Kletterwände, die im vergangenen Jahr plötzlich in Einkaufsgegenden und Sportklubs aus dem Boden wuchsen, sind schon wieder aus der Mode gekommen. Viele Schulkameraden besuchen Verwandte auf dem Land, um Nerven der Eltern zu schonen.

Die Nerven ihrer Freunde und Freundinnen leiden freilich, weil ihnen die gewohnte Gesellschaft fehlt. Spätestens nach zwei Dritteln der Ferien träumen bis auf die Lehrer alle Beteiligten vom Beginn des nächsten Schuljahrs.

Ressort: Panorama

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Mo, 03. August 2015: PDF-Version herunterladen

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