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Wo kommt die Delfin-Mumie her?

Martin Dahms
  • Sa, 02. April 2016
    Panorama

Mitten im Madrider Stadtpark wurde der Kadaver eines Meeressäugers gefunden.

Die Überreste des Delfins, wie er in Madrid gefunden wurde.   | Foto: dpa
Die Überreste des Delfins, wie er in Madrid gefunden wurde. Foto: dpa
MADRID. Die Polizisten in Madrid waren ratlos. Vor ihnen lag, eingewickelt in einen Drahtzaun, ein Kadaver, anderthalb Meter lang. Ein Fabelwesen, wie entsprungen aus einem Tim-Burton-Film, mit langer, spitzer Schnauze voller Zähne, ein Reptil vielleicht, krokodilähnlich, halb verwest, einer Mumie gleich. Ein Spaziergänger hatte die Beamten angerufen: Dessen Hunde waren im Gebüsch am Südrand des Madrider Stadtwaldes Casa de Campo auf das seltsame Tier gestoßen. Was tun? Die Polizisten setzten sich mit dem Zoo in Kontakt, nur anderthalb Kilometer vom Fundort entfernt. Die dortigen Fachleute schauten sich den Kadaver an und kamen zu dem Schluss: Das Tier ist ein Delfin.

Die Verblüffung wurde dadurch noch größer. "Noch nie ist etwas Ähnliches im Park gefunden worden", sagt der Direktor des Casa de Campo, Francisco Rodríguez Pachón. Kein Wunder: Madrid liegt hunderte Kilometer entfernt vom Meer. Auf eigene Faust kann der Delfin sich nicht auf den Weg in die spanische Hauptstadt gemacht haben. Seit dem Fund des Kadavers am Dienstagnachmittag berichtet die Madrider Lokalpolizei per Twitter regelmäßig über den Gang der Ermittlungen. Sie versichert, das Tier stamme aus keinem der beiden Madrider Delfinarien. Dort werden keine Exemplare vermisst. Aber woher dann?

Die Hypothese der Polizei: Eine Privatperson habe den sieben bis acht Monate alten Delfin in einem speziell ausgerüsteten Wagen nach Madrid geschafft, um ihn illegal bei sich zuhause in einem Becken oder Swimmingpool zu halten, doch das Tier sei gestorben, und der Besitzer habe es im Casa de Campo entsorgt. Keine schöne Vorstellung. "Die Sondereinheit für Umweltvergehen untersucht weiter die Herkunft des gefundenen Delfins", versicherte die Lokalpolizei am Mittwoch auf Twitter. Sollte der Verantwortliche gefunden werden, erwartet ihn keine freundliche Öffentlichkeit.

Der Fall weckt Erinnerungen an eine alte Geschichte: Im Juni 1954 präsentierte ein Schausteller auf der Plaza de la Moncloa mitten in Madrid "Moby Dick", einen 20 Meter langen, 60 Tonnen schweren Wal. Für zwei Peseten konnten sich die Besucher mit dem enormen, toten Tier fotografieren lassen. Doch in der Madrider Sommerhitze begann der Kadaver nach wenigen Tagen derart zu stinken, dass die Anwohner rebellierten und der Schausteller samt Wal schnellstens das Weite suchen musste.

Ressort: Panorama

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