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Interview

Neue Schlangenart in Deutschland

Anika Maldacker
  • Fr, 18. August 2017
    Südwest

BZ-INTERVIEW mit der Biologin Carolin Kindler, die die Barren-Ringelnatter als siebte Schlangenart in Deutschland identifiziert hat.

Die Barren-Ringelnatter ist als eigene Art anerkannt.   | Foto: W. Böhme/privat
Die Barren-Ringelnatter ist als eigene Art anerkannt. Foto: W. Böhme/privat

FREIBURG. Über Nacht hat Deutschland eine neue Schlangenart bekommen. Denn die Barren-Ringelnatter ist nicht, wie bisher angenommen, eine Unterart, sondern eine eigene Art – neben Kreuzotter, Aspisviper, Ringelnatter, Würfelnatter, Äskulapnatter und Schlingnatter, die in Deutschland vorkommen. In Süddeutschland lebt die Barren-Ringelnatter nur im westlichen Schwarzwald. Anika Maldacker hat darüber mit Carolin Kindler gesprochen, die die Tiere erforscht hat.

BZ: Frau Kindler, Deutschland hat nun sieben Schlangenarten. Wie kamen Sie auf die Idee, neue Arten zu suchen?

Kindler: Die Ringelnatter ist vorher in ganz Europa nur hinsichtlich der Musterung und der Färbung untersucht worden. Auf dieser Basis wurden Unterarten der Ringelnatter definiert. Wir hatten uns vor einigen Jahren das Ziel gesetzt, zu schauen, ob die Genetik mit den Unterarten übereinstimmt. Da haben wir festgestellt, dass es viele Unterschiede zwischen Genetik und Erscheinung gibt. Also haben wir überprüft, wie sich die genetischen Linien der Ringelnatter vermischen. Die Barren-Ringelnatter und die östliche Ringelnatter vermischen sich sehr selten, was dafür spricht, dass die Barren-Ringelnatter eine eigene Art ist und nicht eine Unterart der Ringelnatter.

BZ: Die Barren-Ringelnatter kommt im westlichen Schwarzwald vor, die Ringelnatter im östlichen. Gibt es also in Baden-Württemberg eine badische und eine schwäbische Ringelnatter?

Kindler: Wenn Baden im westlichen Schwarzwald liegt und Schwaben im östlichen, dann könnte man das so sagen. Allerdings nur für Baden-Württemberg, denn die beiden Schlangenarten haben riesige Verbreitungsgebiete und kommen nicht nur in Württemberg oder Baden vor. Das Areal der Barren-Ringelnatter erstreckt sich in Westdeutschland bis zum Ruhrgebiet und darüber hinaus.

BZ: Wenn die Ringelnatter-Grenze durch Villingen-Schwenningen verläuft, spräche das für die These.

Kindler: Nein, dann ist das nicht so. Villingen-Schwenningen liegt im Territorium der östlichen Ringelnatter, der Natrix natrix. Also keine badische und schwäbische Ringelnatter. Es kann schon sein, dass ab und an mal eine Schlange über das Gebirge kriecht. Gebirge sind allgemein Grenzen für Arten, so wie die Alpen.

BZ: Die Barren-Ringelnatter kommt vorwiegend in Westeuropa vor, die östliche Ringelnatter in Osteuropa. Wieso ist gerade der Schwarzwald die Grenze?

Kindler: Nach der letzten Eiszeit hat sich die Barren-Ringelnatter, genannt Natrix helvetica, von Südfrankreich her ausgebreitet. Die östliche Ringelnatter kam von Osten. Offensichtlich haben sie sich unter anderem im Schwarzwald mehr oder weniger getroffen, ihn aber jeweils nicht überquert. Die Nattern überqueren geographische Grenze anscheinend ungern.

BZ: Wegen der Höhe?

Kindler: Ringelnattern kommen auch in höheren Regionen vor, aber sie sind stark an Gewässer gebunden, weil sie Wassernattern sind. Im Gebirge gibt es nicht viele geeignete Biotope für die Ringelnatter.

BZ: Wie können Wanderer die Barren-Ringelnatter erkennen?

Kindler: Sie hat an der Seite ihres Körpers schwarze Balken, die die östliche Ringelnatter nicht hat. Das ist der Hauptunterschied, den man auf den ersten Blick gut erkennen kann. Sie kann bis zu 1,90 Meter lang werden.

BZ: Gibt es auch gemeinsame Merkmale der beiden Nattern?

Kindler: Typisch für die Ringelnatter sind die gelben, halbmondförmigen Flecken am Hinterkopf. Dadurch lässt sich die Ringelnatter von allen anderen Schlangen, die in Deutschland vorkommen, unterscheiden. Diese Flecken haben beide Arten. Die Barren-Ringelnatter ist wie die Ringelnatter ungiftig.

BZ: Wenn wir also zum leicht schiefen Bild von schwäbischer und badischer Ringelnatter zurückkehren, dann vermischen sich die beiden nicht so gerne.

Kindler: (lacht) Ja.

Carolin Kindler (29) ist Doktorandin für Phylogeographie, einem Teilgebiet der Populationsbiologie, bei der Senckenberg Naturhistorischen Sammlung Dresden.

Ressort: Südwest

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Fr, 18. August 2017: PDF-Version herunterladen

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