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Übung

Was passiert im Atomkraftwerk Fessenheim, wenn die Notkühlung ausfällt?

Bärbel Nückles

Von

Mi, 13. Juni 2018 um 11:10 Uhr

Elsass

Bei einer Übung im Atomkraftwerk Fessenheim simulieren Experten einen Komplettverlust der Notkühlung. In der Simulation blieb die Kernschmelze aus.

Das Atomkraftwerk Fessenheim  | Foto: dpa
Das Atomkraftwerk Fessenheim Foto: dpa
Das Drehbuch des Tages hat keine Evakuierung vorgesehen. François Beringer, Bürgermeister von Blodelsheim, ist erleichtert. "Wir nehmen diese Übungen immer Ernst", versichert er. "Das ist niemals Routine für uns." Beringer kennt das seit den 1990er Jahren. Blodelsheim liegt im Fünf-Kilometer-Radius des Akw Fessenheim. Kommt es zu einem nuklearen Unfall, befände sich sein Dorf in der Evakuierungszone.

In Beringers Amtsstube läuft seit dem entscheidenden Anruf aus der Präfektur in Colmar um 9.10 Uhr das Radio. "Nach einem realen Unfall würden wir Ihnen alle wichtigen Informationen zu ihrem Schutz übermitteln", verkündet der Lokalsender.

Große Katastrophenschutzübung alle 5 Jahre

Proben für den Ernstfall: Funktionieren die Alarmkette und der Schutz der Zivilbevölkerung, sind die Ingenieure von EdF in der Lage gegenzusteuern, wenn im Akw Fessenheim geschieht, was niemand hofft? Alle fünf Jahre exerziert das elsässische Akw wie andere Nuklearstandorte in Frankreich eine große Katastrophenschutzübung durch. Sie dient als Training für alle Notfallinstanzen, die Präfektur, Feuerwehr und Atomaufsicht. Deren Krisenkommunikation steht auf dem Prüfstand. Natürlich auch, ob die Übermittlung ins wenige Kilometer nahe Ausland, bis ins Freiburger Regierungspräsidium, läuft, das ebenfalls an der Übung teilnimmt.

Dass die beiden seit 1977 betriebenen Reaktoren im Laufe des Jahres 2019 abgeschaltet werden sollen, spielt dabei auch keine Rolle. "Fessenheim wird noch einige Zeit ein Nuklearstandort bleiben", sagt der Präfekt aus Colmar, Laurent Touvet. Damit spekuliert er nicht etwa auf weitere Verzögerungen bis zur endgültigen Stilllegung. Auch in der Rückbauphase wird das Akw-Gelände einer erhöhten Sicherheitsstufe unterliegen.

Die echten Reaktoren laufen während der Übung weiter

Mehrere hundert Schüler warten drei Stunden lang im Klassenzimmer auf Entwarnung. In der Nähe eines Maisfeldes sind französische Experten für Strahlenschutz mit der Freiburger Feuerwehr unterwegs, die sich mit einem speziellen Messfahrzeug an der Übung beteiligt.

Gemanagt wird der fiktive Störfall im Simulator, während die beiden realen Reaktoren weiterlaufen. Jedes Akw verfügt über einen solchen Übungsraum, einen Eins-zu-Eins-Nachbau der Kommandozentrale. 7000 Trainingsstunden absolvieren die Reaktorfahrer, sprich die gesamte Mannschaft, die die Reaktoren steuert, über das Jahr. Das Szenario des Tages, der Komplettverlust der Notkühlung, sei in hohem Maße unwahrscheinlich, erklärt der Übungsleiter von EdF vor Ort, Jérôme Bavrel. Die Übung haben sich Strahlenschutzexperten aus Paris ausgedacht, die hinter einer Glasscheibe das Treiben im Simulator beobachten und analysieren.

In der Simulation blieb die Kernschmelze aus

Die Übungsaufgabe: Die Pumpen für die Kühlwasserzufuhr haben versagt. "Die Mannschaft von EdF Akw stand deshalb vor der Aufgabe, deren Funktion wieder herzustellen", sagt der Präfekt. Schlimmeres steht zudem – fiktiv – zu befürchten. "Am Nachmittag hat man uns eine mögliche Kernschmelze für den Abend angekündigt", berichtet Touvet.

EdF hat schlussendlich die Pumpen repariert, die Kühlung ist wieder angelaufen. "Dennoch ist Radioaktivität, wenn auch in begrenztem Ausmaß ausgetreten", sagt der Präfekt. Das sei ein schwerwiegender Vorgang. "Zu einem Austreten von Radioaktivität in die Atmosphäre darf es auf keinen Fall kommen", sagt Touvet.

Die Kernschmelze ist allerdings ausgeblieben. Hätte sie bei einem realen Unfall wirklich verhindert werden können? Es sei wichtig, die Abläufe für den Notfall wieder und wieder durchzuspielen. "Es gibt immer etwas", sagt Laurent Touvet, "das optimiert werden kann."

Ressort: Elsass

Dossier: Atomkraftwerk Fessenheim

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