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Steuertricks

Das sind die prominentesten Enthüllungen der Paradise Papers

AFP, dpa, BZ

Von AFP, dpa &

Mo, 06. November 2017 um 20:25 Uhr

Wirtschaft

Ein Datenleck bringt Politiker, Unternehmen und Prominente wegen Steuertricks in Bedrängnis. Vom Sänger Bono über die Queen bis zur Unternehmerfamilie Engelhorn – ein Überblick über die prominentesten Enthüllungen.

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Diskutiert wird unter anderem (v.l.) über das Finanzgebaren der Queen, von US-Handelsminister Ross, Sänger Bono, des Glücksspielunternehmers Paul Gauselmann und Kongos Herrscher Joseph Kabila. Foto: dpa (5), Adobe.stock.de (5),Wikipedia (3), Montage RW
Wilbur Ross
Der US-Handelsminister soll an Russlandgeschäften verdienen, was Fragen über einen Interessenskonflikt aufwirft. Der 79-jährige Milliardär hält den Berichten zufolge über ein komplexes Netz an Investitionen im Ausland 31 Prozent an der Reederei Navigator. Einer von deren Großkunden ist der russische Energiekonzern Sibur. Dieser wird von Vertrauensleuten des Präsidenten Wladimir Putin, darunter der mit US-Sanktionen belegte Geschäftsmann Gennadi Timschenko, und seinem Schwiegersohn Kirill Schamalow kontrolliert. Die Verbindung sei dem US-Senat offenbar nicht bekannt gewesen, als er Ross Anfang 2017 für das Ministeramt bestätigt habe, schreibt die Süddeutsche Zeitung (SZ). Bei Amtsantritt reduzierte Ross den Dokumenten zufolge seine persönliche Beteiligung an Navigator. Doch werden seine Investitionen laut US-Journalisten, die an dem Rechercheprojekt beteiligt sind, noch auf zwei bis zehn Millionen Dollar geschätzt. Ross habe nichts mit der Entscheidung von Navigator zu tun, Geschäfte mit Sibur zu machen, so das US-Handelsministerium.

Königin Elizabeth II.
Die britische Königin soll zehn Millionen Pfund aus ihrem Privatvermögen in Fonds auf den Kaimaninseln und den Bermudas angelegt haben. Das Geld sei etwa in die Handelskette Brighthouse reinvestiert worden, die wegen Wucherzinsen in der Kritik steht, so BBC und Guardian. Geld sei auch in eine Ladenkette für Spirituosen geflossen, die aber später pleiteging. Das Herzogtum von Lancaster, das für die Anlagen der Queen zuständig ist, erklärte: "Alle unsere Investitionen sind vollständig überprüft und rechtmäßig."


Justin Trudeaus Spendensammler
Kanadas Premierminister war vor zwei Jahren unter anderem wegen seines Versprechens gewählt worden, wirtschaftliche Ungleichheiten zu bekämpfen und für Steuergerechtigkeit zu sorgen. Nun enthüllen die Paradise Papers, dass sein wichtigster Spendensammler und Berater Stephen Bronfman 52 Millionen Euro in eine Offshorefirma im Niedrigsteuerparadies Kaimaninseln investierte.

Bono
Der irische Rocksänger von U2, der sich politisch und sozial engagiert und unter anderem für den Schuldenerlass der Entwicklungsländer kämpft, investierte den Dokumenten zufolge über Firmen in den Steuerparadiesen Malta und Guernsey.

Internationale Konzerne
Weitere Kunden der auf den Bermudas gegründeten Kanzlei Appleby waren den Berichten zufolge multinationale Konzerne wie Apple, die sich oft komplizierter Konstruktionen bedienten, um möglichst wenig Steuern zu zahlen. So habe der US-Sportartikelhersteller Nike seine weltweite Steuerquote auf 13 Prozent gedrückt. Genannt werden auch Taxikonkurrent Uber, der Internetriese Facebook und der Haushaltsgerätebauer Whirlpool. Der US-Schweizer Rohstoffhändler Glencore soll demnach über einen Mittelsmann im Kongo den Clan von Präsident Joseph Kabila bestochen haben, um die reichen Rohstoffvorräte ausbeuten zu dürfen. Glencore weist das zurück.

George Soros
Nutzer der Offshore-Welt ist den Paradise Papers zufolge auch der US-Investor George Soros, der über die Kanzlei Appleby ein Netz von Firmen unter anderem auf den Britischen Jungferninseln und den Bermudas verwaltet haben soll.

Paul Gauselmann, die Engelhorns und Gerhard Schröder
Die Dokumente belegen der SZ zufolge, wie der deutsche Spielothekenbetreiber Paul Gauselmann die Welt des Online-Glücksspiels erobert. Das Geschäft, das faktisch staatlicher Regulierung entzogen ist, habe seinen Grundstein in der Steueroase Isle of Man. Die deutsche Milliardärsfamilie Engelhorn sei Großkunde der Kanzlei Appleby. Ein Steuerverfahren gegen zwei Töchter des 2016 gestorbenen Pharmaunternehmers Curt Engelhorn hatte demnach zu einer Nachzahlung von 145 Millionen Euro geführt. Allerdings wussten die Steuerbehörden damals nichts von einigen Trusts, die der Familie zuzurechnen seien. Ex-Kanzler Gerhard Schröder hatte laut SZ eine Leitungsfunktion bei einer Offshore-Firma. Er soll von 2009 bis 2011 "unabhängiger Aufsichtsrat" des russisch-britischen Energiekonzerns TNK-BP mit Sitz auf den Britischen Jungferninseln gewesen sein. Laut SZ will er sich dazu nicht äußern.
So funktionieren Briefkastenfirmen

Briefkastenfirmen sind gar keine Firmen im eigentlichen Sinne. Denn in ihnen findet keine echte Geschäftstätigkeit statt – es gibt keine Mitarbeiter, keine Kunden, es wird nichts hergestellt und auch keine Dienstleistung erbracht. Die Briefkastenfirma eignet sich, die Herkunft von Geld zu verschleiern oder den tatsächlichen Eigentümer zum Beispiel einer echten Firma zu verstecken. Briefkastenfirmen sind auch nützlich bei Steuerhinterziehung, der Korruption oder dem Waschen illegal erworbenen Geldes zum Beispiel aus dem Drogen- oder Waffenhandel.

In der Praxis werden oft die Vorteile von Briefkastenfirmen und Steueroasen gleichzeitig genossen. Beteiligt sind in aller Regel drei Gruppen von Akteuren. Erstens senken kleine Länder oder Territorien wie die Isle of Man oder Singapur, aber auch Staaten wie die Niederlande oder Irland ihre Steuern für vermögende Personen oder Unternehmen. Damit wollen sie mehr Reiche und Firmen anlocken. Berater und Rechtsanwälte entwickeln zweitens spezielle, komplizierte Geschäftskonstruktionen, die sie ihren Kunden anbieten. Drittens wollen diese Kunden meist verbergen, wem das eingezahlte Geld gehört – und Steuern sparen.

 Den Heimatstaaten vieler Kunden von Briefkastenfirmen gehen auf diese Art Schätzungen zufolge hunderte Milliarden Euro jährlich verloren. Die entgangenen Steuereinnahmen können sie nicht in Schulen, Krankenhäuser und Straßen investieren. Der große Teil der Bevölkerung hat Nachteile, die ökonomische Elite hingegen Vorteile. Sie behält einen größeren Teil ihrer Gewinne für sich.

Ressort: Wirtschaft

  • Zum Artikel aus der gedruckten BZ vom Di, 07. November 2017:
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