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Weideauftrieb in St. Märgen

"So bleibt es in der Region"

Jörg Buteweg

Von

Mi, 11. April 2018 um 20:34 Uhr

Wirtschaft

Im Hochschwarzwald hat die Weidesaison begonnen – beileibe keine Selbstverständlichkeit mehr für die rund 4,3 Millionen Milchkühe in Deutschland.

Weideauftrieb in St. Märgen Foto: Buteweg
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ST. MÄRGEN. Im Hochschwarzwald hat die Weidesaison begonnen. In diesen Genuss kommt weniger als die Hälfte der rund 4,3 Millionen Milchkühe, die in Deutschland gehalten werden.

Für Joachim Faller vom Christenmartinshof in St. Märgen ist die Sache klar: Sobald das Gras wächst, dürfen seine 45 Holsteiner-Kühe auf die Weide. "Das tut den Tieren gut, sie können es kaum erwarten rauszukommen", sagt er. Tatsächlich stürmen die Kühe an diesem Mittwochmorgen mit einem Tempo ins Grüne, wie man es den sonst so bedächtigen Tieren nie zutrauen würde.

Sie werden die nächsten sechs Monate ständig auf der Weide bleiben. Nur zum Melken werden die Tiere morgens und abends in den Stall getrieben. Auf dem Christenmartinshof mit 47 Hektar Grünland liegen die Weiden zum großen Teil direkt rund um den Hof. Da sind die Wege kurz. Auch die 16 Hektar gepachtete Flächen lägen nicht weit entfernt, sagt der Bauer.

Vor zehn Jahren hat Faller auf Biomilcherzeugung umgestellt – und es nicht bereut. Während die konventionell wirtschaftenden Milcherzeuger in den vergangenen Jahren mit sehr niedrigen Erzeugerpreisen leben mussten, konnten sich die Biomilcherzeuger über ziemlich konstante Auszahlungspreise freuen. Durchweg über 50 Cent pro Liter Milch bekamen und bekommen Biolandwirte, bei konventionell wirtschaftenden Berufskollegen waren es zeitweise weniger als 30 Cent. Die Molkerei Schwarzwaldmilch zahlte im vergangenen Jahr den konventionell arbeitenden Milchbauern mehr als 41 Cent pro Liter, Biomilcherzeuger bekamen mehr als 55 Cent.

Bei der Molkerei beträgt der Biomilchanteil rund 20 Prozent an der Gesamtmenge von mehr als 220 Millionen Liter Milch pro Jahr, wie Marketingleiterin Caroline von Ehrenstein sagte. Der Molkerei gelingt es, die Preise für die Biolandwirte hoch zu halten, weil nur so viel Milch annimmt, wie sie absetzen kann. "Auf der Bioschiene gelingt es den Molkereien, die Menge zu begrenzen und damit einen Preisverfall zu verhindern", sagt Matthias Becker, Landwirtschaftsberater beim Anbauverband Bioland, dem Biobauer Faller angehört. "Davon profitieren die Erzeuger."

Der vergleichsweise auskömmliche Preis für die Biomilch veranlasst Joachim Faller allerdings nicht, mehr Kühe anzuschaffen, obwohl im Laufstall Platz für 56 Tiere wäre – im Gegenteil. Er will die Holsteiner-Kühe, die pro Jahr rund 8500 Liter Milch geben, nach und nach durch Tiere ersetzen, die kleiner und leichter sind, aber auch weniger Milch geben. Den Umsatzverlust könne er verkraften, meint Faller: "Dann kann ich zum Großteil auf Kraftfutter verzichten und die Tiere mit dem füttern, was ich auf dem eigenen Land anbaue."

Außerdem will er die männlichen Kälber nicht mehr an einen Viehhändler verkaufen, sondern sie – wie andere Landwirte – in der Region mästen lassen. Schmidt’s Märkte, der Edeka-Einzelhändler im Schwarzwald und am Hochrhein, wolle das Fleisch der Tiere vermarkten, sagt Faller. "So bleibt es in der Region."

Ressort: Wirtschaft

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