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#deletefacebook

Wenig Facebook-Verdruss im Südwesten

Konstantin Görlich
  • Di, 03. April 2018, 11:12 Uhr
    Wirtschaft

Trotz des Datenskandals wollen Südbadens Städte und Unternehmen ihre Seiten in dem sozialen Netzwerk weiter betreiben – vorerst. Kommt #deletefacebook nicht an?

Facebook steht in der Kritik. Foto: AFP
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Der Cambridge-Analytica-Skandal hat gravierende Folgen für Facebook. Der Aktienkurs ist abgestürzt. Zu den Kursverlusten in zweistelliger Milliardenhöhe kommt nun hinzu, dass sich Unternehmen von Facebook abwenden.

Prominentestes Beispiel: Elon Musk, der die Facebookseiten seines Raumfahrtunternehmens SpaceX kurzerhand deaktivierte, nachdem er als erste Reaktion auf die #deletefacebook-Kampagne auf Twitter gefragt hatte: "Was ist Facebook?". Wenig später bekundete er, gar nichts von der Existenz der Facebookseite gewusst zu haben. Auch die mehrere Millionen Fans starke Facebookseite von Tesla ist verschwunden. "Sieht sowieso langweilig aus", hatte Musk zuvor getwittert.



Diese Entscheidung brachte ihm nicht nur zehntausende Twitter-Likes und Retweets sondern auch weltweit kostenlose Sichtbarkeit in den Medien. Werbung über Facebook hat Musk nach eigenen Angaben nie gekauft.

Vereinzelt folgten weitere Unternehmen. So stellte der Lautsprecherhersteller Sonos seine Werbeanzeigen auf Facebook und Instagram, das zu Facebook gehört, für eine Woche ein – allerdings auch bei Google und Twitter. Zuletzt hatte der Playboy seine US-Facebookseite mit rund 25 Millionen Fans am Mittwoch deaktiviert – wegen sich widersprechender Werte der Unternehmen, wie ein Unternehmensvertreter erklärte. Die deutsche Seite war aber weiter erreichbar.

Facebook versuche nun, hinter den Kulissen Werbeagenturen zu beruhigen und ihnen zu versichern, dass die Daten ihrer Kunden sicher seien, berichtete das Wall Street Journal. Das Netzwerk mit mehr als zwei Milliarden Nutzern verdient fast sein gesamtes Geld mit Werbeanzeigen, die 98 Prozent des Umsatzes ausmachen.

Wie gehen Facebook-User in Südbaden mit #deletefacebook um?

Kommt #deletefacebook auch in Deutschland und Südbaden an? Von Facebook selbst gab es dazu bis Redaktionsschluss keine Stellungnahme. Die Badische Zeitung hat die Betreiber einiger bekannter Facebookseiten gefragt.

"Was jetzt passiert ist, ist nicht neu. Das ist das Geschäftsmodell von Facebook", sagt Stefanie Werntgen von der Pressestelle der Freiburger Stadtverwaltung über den Skandal. Gelöscht werden soll die Seite (2587 Fans) nicht. Auch an der Uni Freiburg (5495 Fans) will man sich nicht an #deletefacebook beteiligen. "Unsere Facebook-Seite ist ein wichtiger Kommunikationskanal, um mit Studierenden in Kontakt zu kommen und zu bleiben", sagt Pressesprecher Nicolas Scherger. "Eine bewusste und kritische Nutzung von Social-Media-Plattformen wie Facebook und die dadurch mögliche Sensibilisierung gerade von jungen Nutzerinnen und Nutzern kann mehr bewirken als ein schlichter Boykott."

Das Landesinnenministerium sagt: "Unsere Auftritte wie beispielsweise die der regionalen Polizeipräsidien sind für viele Bürgerinnen und Bürger eine, in Einzelfällen sogar die einzige Möglichkeit, mit uns zu kommunizieren, sich zu informieren oder sich hilfesuchend an uns zu wenden", sagt Marcel Ferraro vom Landespolizeipräsidium in Stuttgart. "Mit einer Löschung würden wir ihnen diese einfache Möglichkeit nehmen."

Auch in der Wirtschaft gibt es keine Spur von Löschlust

Bei der Sick AG in Waldkirch (mehrere Seiten mit tausenden Fans) nehme man den Vorfall zwar sehr ernst, schließt eine Löschung aber aus: "Social-Media-Plattformen wie Facebook sind für uns ein effizienter Weg, um uns zum Beispiel mit unseren Kunden und Bewerbern auszutauschen", sagt die Pressesprecherin Ute Hofmann.



Ebenso sieht es beim Energieversorger Badenova (4804 Fans) aus: Man verfolge die Entwicklung "sehr kritisch", habe aber keine Löschabsichten, teilt Pressesprecherin Maren Zurnieden mit. Bei Testo in Lenzkirch sagt Pressesprecherin Sonja Mayer: "Wir haben darüber noch nicht nachgedacht, da wir zunächst einmal die Entwicklung der nächsten Tage abwarten und dann entscheiden werden."

Der Europa-Park in Rust spielt auf Facebook in einer ganz anderen Liga mit fast 1,1 Millionen Fans. Diese Seite zu löschen wäre ein starkes Signal – und die Betreiber schließen es nicht aus: "Der Europa-Park verfolgt und beobachtet die derzeitige Diskussion und behält sich vor, den Media-Mix in Zukunft an die aktuellen Entwicklungen anzupassen", sagt Pressesprecher Daniel Westermann. Ebenfalls sehr viele Fans, nämlich gut 240 000, hat der Fußballverein SC Freiburg – und er hat sich noch nicht zu #deletefacebook geäußert.

Ressort: Wirtschaft

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Di, 03. April 2018: PDF-Version herunterladen

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