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Bhutan

Der Yeti bekommt ein Schutzgebiet

  • Nick Kaiser (dpa)

  • Mo, 14. Januar 2019, 20:54 Uhr
    Panorama

Im Königreich Bhutan gilt der legendäre Schneemensch als heilig. Beweise für seine Existenz gibt es allerdings nicht.

Mönche vor dem Gangtey-Kloster in Bhutan Foto: dpa
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Sei brav, sonst holt er dich! Bhutaner wachsen mit Geschichten vom Yeti auf, in denen er eher wie Knecht Ruprecht denn als sanftmütiger Schneemensch auftritt. Wenn man ihm Respekt zollt, so der Glaube, tut er einem aber nichts. In dem schwer zugänglichen Königreich im Himalaya genießt der Yeti so viel Respekt, dass er sogar ein Schutzgebiet bekommen hat.

Nein, hier gebe es keine Yeti-Haut, sagt der buddhistische Mönch Sangey im Gangtey-Kloster in Bhutan. Seine Miene ist freundlich, aber seinem Ton ist anzumerken, dass er die Vorstellung für etwas absurd hält. Vielmehr, erklärt er, liege im Inneren des Klosters die Jahrhunderte alte Leiche eines Michums – eines mythologischen Zwergmenschen.

Wegen der angeblichen Yeti-Haut war Reinhold Messner vor langer Zeit mal hier im zentral-bhutanesischen Phobjikha-Tal. Sein deutscher Fotograf soll unerlaubt Fotos gemacht haben und noch am selben Abend so krank geworden sein, dass er ausgeflogen werden musste – eine Art Fluch, glauben manche im kleinen, waldbedeckten Himalaya-Königreich.

Heute dürfen keine Ausländer mehr die Kammer im inneren Heiligtum des Klosters betreten, in der das Kuriosum liegt. Das habe der König verboten, erzählt der 30-jährige Sangey. Er beschreibt die Leiche als einen Meter großen, ausgehöhlten Körper mit menschenähnlichem Gesicht, Fingern und Zehen und einer Haut wie raues Kuhleder.

In der Folklore kämen Begegnungen mit einem Michum ("Kleiner Mann") häufiger vor als jene mit Yetis, so Schriftstellerin Kunzang Choden, Autorin des Buches "Bhutanesische Erzählungen vom Yeti". Michums lebten näher an menschlichen Siedlungen und seien neugieriger. Den über Hunderte Jahre mündlich überlieferten Geschichten zufolge sei der Yeti doppelt so groß wie ein Yak und habe eine hohle Stelle im Rücken, in die er Menschen stecke und davonschleppe, erklärt Choden. Wenn man dem Yeti respektvoll begegne, tue er einem aber nichts.

Wie im "Land des Donnerdrachens" üblich, bekam die 52-jährige Bäuerin Thuji früher von ihren Eltern erzählt: Sei brav, sonst holt dich der Migoi. So wird der Yeti in Bhutan genannt. Der Name wird etwa "Mygöh" ausgesprochen und bedeutet "Starker Mann". Sie habe noch nie einen gesehen, erzählt Thuji. "Aber wenn ich meine Rinder zum Grasen in den Wald führe, habe ich schon ein bisschen Angst vor dem Yeti."

Was man in dem Fall am besten tue, hänge vom Geschlecht des Yetis ab, erklärte der Schriftsteller Tshering Tashi. "Wenn es ein männlicher Yeti ist, sagen uns unsere Großeltern, sollen wir bergauf laufen. Der Grund ist, dass er haarig ist und beim Aufstieg über seine Haare stolpert", sagte Tashi. Vor einem weiblichen Yeti solle man hingegen bergab davonlaufen, da so die großen, tief hängenden Brüste des Wesens es behinderten.

Der Glaube an den legendären Schneemenschen ist in Bhutan so ausgeprägt, dass für seinen Schutz im Osten des Landes sogar ein 750 Quadratkilometer großes Naturschutzgebiet geschaffen wurde. Einen Beweis für seine Existenz gibt es trotz dieser Bemühungen aber nach wie vor nicht. Parallel zu den Expeditionen ausländischer Yeti-Jäger schickt auch Bhutans Königshaus immer wieder Suchtrupps in die bis zu 7500 Meter hohe Berge, wo der Yeti vermutet wird.

Der Naturschützer und frühere Diplomat Dasho Benji, ein enger Vertrauter des früheren Königs, war lange für die königliche Yeti-Suche zuständig. "Ich habe vor vielen Jahren einmal Haarproben an ein Krebslabor in Washington geschickt. Die konnten nicht feststellen, ob sie menschlich waren oder von einem Tier stammten", erinnert er sich. Der Mythos des Yeti wird also fortbestehen.

Ressort: Panorama

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Di, 15. Januar 2019: PDF-Version herunterladen

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