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"Jetzt will ich auf Youtube!"

Daniel Laufer
  • Do, 25. Juni 2015
    fudder

FUDDER-INTERVIEW mit dem Kenzinger Facebook-Phänomen Hans Entertainment.

Facebook-Star Christopher Hans alias H...nt ist Südbadens größter Facebook-Star  | Foto: Daniel Laufer
Facebook-Star Christopher Hans alias Hans Entertainment ist Südbadens größter Facebook-Star Foto: Daniel Laufer

Er filmt sich in seinem Zimmer oder im Zug, spricht über seine Musikanlage oder Kaffeegetränke. Dazwischen ruft er zusammenhanglos "Amina koy" oder "So true": Hans Entertainment ist ein Facebook-Phänomen. Seit dem 20. Mai hat er mit seiner Seite über 36 000 Likes gesammelt – fast so viele wie die Badische Zeitung. Dahinter steckt Christopher Hans aus Kenzingen, 205 Zentimeter groß und 214 Kilogramm schwer. Daniel Laufer hat mit dem 21-Jährigen über Thug Life und Salafismus gesprochen.

Fudder: Bist Du eine Kunstfigur?
Hans: Es gibt ja solche und solche Kunst, aber ich betrachte mich jedenfalls nicht als Kunstfigur. Ich bin aber auch nicht, wie man mich in den Videos sieht. Das meiste spiele ich ein bisschen. Das gefällt den Leuten. Wenn man mich so irgendwo trifft, bin ich eigentlich ganz anders drauf.
Fudder: Wie denn?
Hans: Gechillt. Ich genieße das Leben. Amina koy!
Fudder: Du sagst das in Deinen Videos ja immer. Was bedeutet "Amina koy"?
Hans: Das will ich jetzt nicht so gerne sagen. Ich weiß nicht, ob das so gut ankommt, es ist eine Beleidigung.
Fudder: Wo hast Du das her?
Hans: Ich habe das von Rapper Gillette Abdi abgekupfert. So wie ich das sage, ist es aber eigentlich gar nicht richtig. Es heißt in Wirklichkeit "Amina koyim". Ist aber halt mein Markenzeichen.
Fudder: Du redest immer von "Thug life", kommst aber aus Kenzingen. Da geht "Thug life"-mäßig nicht so viel, oder?
Hans: Nein, eigentlich nicht. Das ist ein 8000-Seelen-Städtchen.
Fudder: Wie kamst Du auf die Idee, diese Facebook-Seite zu erstellen?
Hans: Aus purer Langeweile. Ich bin zurzeit arbeitslos, habe keinen Schulabschluss und wollte einfach mal eine sinnvolle Beschäftigung. Natürlich hätte ich nie gedacht, dass "Hans Entertainment" so gut ankommt.
Fudder: Was hat Deine Seite so bekannt gemacht?
Hans: Ich trinke gerne mal gekühlte Kaffees - also habe ich da so ein Video draus gemacht. "Kennt ihr diesen Moment, wenn ihr keine gekühlten Kaffees mehr habt - aber gerade 20 neue gekauft habt? So true!" Das Video hat 2000 Facebook-Likes bekommen. Der Rapper Summer Cem hat es geteilt, auch Sinan-G. Mit dem habe ich jetzt sogar Kontakt.
Fudder: Wie reagieren die Leute, wenn sie Dich auf der Straße sehen?
Hans: Sie grinsen mich an und fragen: "Hey, bist Du der Hans Entertainment?" Und ich so: "Ja, natürlich." Und dann sagen alle: "Geil, können wir ein Selfie mit dir machen?" Mittlerweile habe ich über 2000 solcher Selfies gemacht! Ich war vor zwei Tagen in München und selbst da haben sie mich erkannt.
Fudder: Lässt sich mit "Hans Entertainment" Geld verdienen?
Hans: Bis jetzt noch nicht. Aber einige haben schon zu mir gesagt: "Du bist so gut, dass du aus Scheiße Geld machen kannst." Ich habe jetzt eine Marketing-Agentur aus Leipzig an der Hand. Wenn es weiter so gut läuft, wird es bald ein Album mit meinen Songs geben. Außerdem wird man Merchandise-Artikel kaufen können – Sonnenbrillen, T-Shirts mit meinen Sprüchen drauf, Slips für die Damenwelt. Vor kurzem habe ich mich für die Abnehm-Sendung "The Biggest Loser" beworben. Bis jetzt kam aber noch keine Nachricht. Jetzt will ich auf Youtube, um auch dort den Hype zu bekommen.
Fudder: Vor einem Jahr waren die Salafisten Pierre Vogel und Sven Lau in Freiburg. Lau kam damals gerade aus der U-Haft. Mit ihm neben Dir auf der Bühne bist Du zum Islam konvertiert. Wieso?
Hans: Wenn ich das noch so genau wüsste... Ich kann gar nicht sagen, was mich da geritten hat. Das war eine Phase von mir - genauso wie ich auch eine rechtsradikale Phase hatte. Ich weiß – das hört sich jetzt ein bisschen komisch an. Ich bin da von einem Unglück ins Andere gefallen. Ich glaube, ich habe einfach Zeit gebraucht, um mich selbst zu finden – wie jeder andere auch. Ganz am Anfang war ich in der arabischen Moschee an der Habsburgerstraße. Die haben gesagt: "Komm mit zu Pierre Vogel!" Sven Lau hat mich gleich erkannt - hat wohl gedacht, ich steche ein bisschen aus der Masse heraus. Also hat er mich auf die Bühne geholt. Zwischendrin hat mir das auch gefallen – die Leute haben mich gefeiert. Stell dir vor: Du stehst auf dem Lkw, vor dir sind mehr als 200 Leute, du schreist "Takbr!" und alle schreien darauf "Allahu akbar". Da fühlst du dich schon wie ein kleiner Diktator.
Fudder: Das ist ziemlich unreflektiert, oder?
Hans: Ja, schon.

Mehr über Hans unter      fudr.fr/hansentertainment

Ressort: fudder

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Do, 25. Juni 2015: PDF-Version herunterladen

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