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"Tigertempel"

40 tote Tigerbabys – Thailand ist schockiert

Willi Germund
  • Fr, 03. Juni 2016, 00:00 Uhr
    Panorama

In einem Zoo für Tiger hat die thailändische Polizei 40 tote Jungtiere entdeckt. Der Verdacht auf Schwarzhandel wird laut. Aus Bangkok berichtet BZ-Korrespondent Willi Germund.

Nur ein bis zwei Tage alt wurden die T...ie der Wildschützer der Presse zeigt.   | Foto: DPA
Nur ein bis zwei Tage alt wurden die Tigerbabys, die der Wildschützer der Presse zeigt. Foto: DPA
Im umstrittenen Tigertempel in Thailand sind 40 tote Tigerbabys gefunden worden. Die toten Jungtiere wurden jetzt bei einem Einsatz zur Rettung ausgewachsener Tiger aus dem Wat-Pha-Luang-Ta-Bua-Tempel in einer Kühltruhe entdeckt, wie die Polizei mitteilte. Die Razzia bei den Mönchen soll noch bis zum Wochenende dauern.

Auf der Webseite des buddhistischen Klosters prangt das offizielle Erlaubnisschreiben von Thailands Behörden zum Betreiben eines Zoos. Durch das gigantische Eingangstor in der Form eines weit aufgerissenen Tigerschlunds 40 Kilometer außerhalb der Stadt Kanchanaburi fahren seit Anfang der Woche aber keine Besucher mehr. Stattdessen rumpeln Lastwagen mit betäubten, ausgewachsenen bengalischen Tigern vorbei.

"Wir wollen, dass das endlich alles vorüber ist", sagt der frühere Polizeioberst Supitpong Pakdjarung, der seit Jahren als Geschäftsmanager des Tiger Tempels agiert, "holt die Tiger alle ab, damit wir endlich Ruhe haben." Erstmals seit 15 Jahren geben die Mönche sich geschlagen, nachdem sie jahrelang ihr lukratives Geschäft mit den 148 jungen und alten angeketteten Tigern in einem Streichelzoo für Touristen aus aller Welt verteidigt haben. Jährlich nahmen sie damit 2,5 Millionen Euro ein. So legten Touristen bis zu 125 Euro hin, um die Raubkatzen streicheln oder gar baden zu können.

Der jahrelange Widerstand des Klosters gegen die Schließung fiel am Mittwoch in sich zusammen, nachdem staatliche Wildschützer in einem Kühlschrank die eingefrorenen Reste von 40 neugeborenen Tigern entdeckt hatten und sie vor laufenden Kameras ausbreiteten. Die jungen Tiere hatten offenbar nach der Geburt nur ein bis zwei Tage überlebt. "Wir haben ihren Tod gemeldet und sie aufbewahrt, um Beweise vorlegen zu können", behauptet Ex-Oberst Supitpong, "die Behörden wissen seit langem Bescheid."

Doch Adirson Nuchdamrong von Thailands National Parks Department kontert: "Uns wurde der Tod alter Tiger mitgeteilt, von den Tierjungen war nie die Rede." Er leitete ein Strafverfahren wegen des Besitzes und der Misshandlung geschützter Tierarten an. Der Beamte musste wie ein Feldherr an der Spitze einer kunterbunten, rund 1000 Personen umfassenden kleinen Armee von Polizisten, Tierschützern und Helfern mit einem Durchsuchungsbefehl anrücken, nachdem das Kloster ihm am Vortag den Zutritt verweigert hatte. Die Menschen brachten Käfige, Betäubungsgewehre, Tragbahren und Infusionsflaschen für die Raubtiere mit, die aus dem Kloster abtransportiert werden sollten. Die buddhistischen Mönche aber wollten zunächst nicht klein beigeben und ließen prompt vier Tiger von der Kette. Doch die Raubkatzen stürzten sich nicht auf ihre unerwünschten Besucher, sondern machten sich lieber über einige Wildschweine auf dem Gelände her, bevor sie betäubt und abtransportiert werden konnten.

Die Razzia, die bis zum kommenden Wochenende andauern soll, förderte nicht nur tote Tigerbabys, Eingeweide und Plastikflaschen mit schwer zu definierenden Inhalten zutage. Adirsons Männer entdeckten auch bedrohte Nashornvögel. In einer Ecke hatten die Mönche gar hinter dickem Draht in einer Höhle einen Löwen versteckt.

Für die Umweltschutzorganisation "Environment Investigation Agency" (EIA) gehört das Kloster im Westen Thailands zu den Tigerfarmen, die in Südostasien den illegalen Handel mit Körperteilen der Wildkatzen bestücken. Weltweit werden mittlerweile rund 7000 Tiger auf Tigerfarmen gehalten. Laut dem World Wildlife Fund (WWF) befinden sich 1200 bis 1300 Raubkatzen in Thailand. Das südostasiatische Königreich liegt damit an zweiter Stelle hinter China und gehört zu den Schwerpunkten des Schwarzmarkthandels. Experten schätzen, dass ein zerstückelter Tiger von der Schwanzspitze bis zu den großen Reißzähnen insgesamt 75 000 US-Dollar in die Händlerkassen spülen kann. Selbst für Tigerbabys gibt es Verwendung. Sie enden in Flaschen von "Wildem Wein". Käufer glauben, dass Tigerkadaver, schlangen oder auch Bärenpfoten gemischt mit Alkohol besondere Heilkräfte entfachen.

Die 148 befreiten Tiger werden in zwei staatliche Zuchtstationen gebracht. Doch sie können nicht für die Zucht eingesetzt werden. Die meisten von ihnen sind bengalische Tiger, die nicht in Thailand heimisch waren. Andere Tiere sind Kreuzungen unterschiedlicher Rassen, teilweise aus Inzucht entstanden. Sie werden nun von Thailands Staat verwahrt, bis sie irgendwann sterben.

Ressort: Panorama

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