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"Ein Doppelleben, das ich genieße"

  • dpa

  • Do, 21. November 2019
    Panorama

Die Dragqueen Olivia Jones wird heute 50 Jahre alt.

HAMBURG (dpa). Dragqueen Olivia Jones kommt aus der Nähe von Hannover, heute ist sie eines der Aushängeschilder auf St. Pauli. Sie macht sich stark für Toleranz und hat ein gutes Näschen fürs Geschäft. Vor allem aber ist sie ein Mensch, der genau das tut, was ihm Spaß macht, bestimmt auch heute, an ihrem 50. Geburtstag.

Wo Deutschlands wohl berühmteste Dragqueen Olivia Jones auftaucht, ist sie ein Hingucker. Mit ihren zwei Metern Körpergröße und stets auffälligen und bunten Kostümen, Perücken und High Heels sticht die Wahlhamburgerin auffällig heraus. Längst hat sich die politisch engagierte Künstlerin, die in Springe in der Region Hannover aufgewachsen ist, ihren Platz in der Unterhaltungsbranche gesichert. Zudem hat sie in den vergangenen Jahren erfolgreich ein kleines Jones-Imperium auf der Reeperbahn aufgebaut.

Schluss sei deshalb noch lange nicht, sagt die Entertainerin resolut. "Diesen Satz muss ich jetzt immer häufiger über mich lesen. ’Olivia Jones denkt noch immer nicht ans Aufhören!’ Was ist denn das für ein Satz? Das klingt ja, als wäre ich 90 oder so", sagt Jones. Außerdem mache sie gerade genau das, was sie immer tun wollte. "Das ist meine Berufung. Ich werde das mit 80 und 90 noch machen, ob das Publikum will oder nicht!"

Jones war es früh klar, dass sie auf die Bühnen einer Großstadt möchte. "Ich bin ja schon aufgetreten, als ich noch zur Schule gegangen bin, und hatte immer so abenteuerliche Outfits an." Ihrer Familie war es zunächst vor allem "furchtbar unangenehm", dass Jones in Frauenkleidern auftrat. "Ihnen wäre es lieber gewesen, wenn ich Versicherungskaufmann geworden wäre. Ich als Versicherungskaufmann? Ich hätte wahrscheinlich nicht eine Versicherung verkauft!"

Heute sieht ihre Familie das anders: "Jetzt sind alle ganz stolz. Und komischerweise waren die, die damals die blödesten Sprüche gemacht haben, die ersten, die ein Autogramm haben wollten", sagt Jones und lacht dieses sympathische, donnernde Lachen. Angefangen habe sie schließlich mit 18 Jahren in kleineren Bars in Hamburg auf St. Pauli. "Mein Ziel war einfach, davon irgendwann leben zu können. Ich wollte nicht berühmt werden, sondern mich ausleben und in meinem Leben den größtmöglichen Spaß haben", sagt Jones. Bald hatte sie ihre eigene Show im Theater "Schmidts Tivoli" und wurde in Hamburg ein Star.

International machte Jones als "Miss Drag Queen of the World" von sich reden. 1997 gewann die Wahlhamburgerin in Miami diesen Titel. Ihr Erfolg mündete 2008 in ihre erste eigene Bar – die Olivia-Jones-Bar in der Großen Freiheit. Noch heute wird in der Schlagerbar allabendlich gesungen, geschunkelt und gefeiert. Vier weitere Clubs und Bars hat sie gleich nebenan eröffnet. Jones hat eine Familie aus Freunden um sich vereint. Etwa 100 Menschen zählt das Team der "Olivia-Jones-Familie" mittlerweile. Jones: "Ich werde vielleicht ’Königin von St. Pauli’ genannt, bin aber eine Queen ohne Reich. Im Gegensatz zu vielen anderen, habe ich meine Bars und Clubs nur gemietet. Das vergessen viele." Olivia Jones ist nicht immer als solche unterwegs. Bis zu zwei Stunden dauert es, diesen Teil ihres Lebens mit Make-up, Perücke und Kostüm zu perfektionieren. "Ich habe ein tolles Doppelleben, das ich sehr genieße." Gleichzeitig aber liebe sie auch die Anonymität als Mann. Zu ihrem Geburtstag hat Jones einen klaren Wunsch: "Ich würde mir für die Gesellschaft wünschen, dass wir irgendwann alle so tolerant geworden sind, dass wir eigentlich keinen Christopher Street Day mehr brauchen."

Ressort: Panorama

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Do, 21. November 2019: PDF-Version herunterladen

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