Mit Lungentee gegen die Folgen des Smogs
Wegen starker Luftverschmutzung gilt das mongolische Ulan-Bator als dreckigste Stadt weltweit.
Vor allem in den Jurten der Armenviertel nutzen die Bewohner der kältesten Hauptstadt der Welt noch Kohleöfen zum Heizen und Kochen. Im Winter mit Temperaturen bis zu minus 40 Grad senkt sich ein dichter, graubrauner Nebel auf die Stadt, der vor allem Kinder und Schwangere gefährdet. Am 30. Januar überstieg die Luftverschmutzung in Ulan-Bator den von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) festgesetzten Grenzwert um das 133-fache.
Laut Kinderhilfswerk Unicef hat sich die Anzahl von Atemwegserkrankungen in den vergangenen Jahren in der Mongolei fast verdreifacht. Lungenentzündungen sind heute die zweithäufigste Todesursache bei Kindern unter fünf Jahren.
Im staatlichen Kaufhaus werden für umgerechnet 1,65 Euro Sauerstoffdosen namens "Leben ist Luft" verkauft. "Ein einziger Sauerstoffcocktail entspricht einem dreistündigen Spaziergang im Wald", heißt es auf einer Reklametafel. Schwangere Frauen gehören zu den eifrigsten Kunden des russischen Produkts – manche gar auf Anweisung ihres Arztes. Einige Mongolen trinken spezielle Tees, die die Lunge reinigen sollen.
Doch Maria Neira, Leiterin der WHO-Abteilung für öffentliche Gesundheit, ist skeptisch: "Wir haben keine Beweise, dass die Angebote irgendeinen Nutzen haben." Sie hält mehr davon, schmutzige Kohleöfen durch saubere Alternativen zu ersetzen.
Die Organisation Parents against Smog protestierte Anfang des Jahres gegen die Untätigkeit der mongolischen Regierung: "Seit zehn Jahren wissen die Leute, dass Luftverschmutzung gefährliche Werte erreichen kann", sagte Sprecher Mandakhjargal Tumur. "Doch die Politiker sagen nur, dass sie saubere Öfen und saubere Kohle verteilen wollen." Er fordert stattdessen Kredite für Wärmedämmung und saubere Heizungen. 2017 gab Regierungschef Ukhnaa Khurelsukh die Verteilung von Luftreinigern im Wert von 1,3 Millionen Euro an alle Schulen in Auftrag. Viele sehen das kritisch: "Luftreiniger geben keinen Sauerstoff ab wie Pflanzen", sagt Aktivist Tumendalai Davaadalai. "Mit der Maßnahme werden nur Unternehmen subventioniert.
Wie die WHO am Mittwoch mitteilte, sind mehr als 90 Prozent der Menschen weltweit verschmutzter Luft ausgesetzt. An den Folgen sterben demnach jährlich etwa sieben Millionen Menschen.
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