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Eisenbahn-Romantik

Breitnauer lässt XXL-Modellbahn mit Dampfantrieb auf 600-Meter-Runde rollen

  • Mi, 24. August 2016
    Breitnau

Edgar Schaller verwirklicht seinen Kindheitstraum vom Lokführer / Das Bähnle fährt sonntags bei gutem Wetter.

Das Dampfzügle am Ufer des Ödenbachs i...itnau lädt sonntags zum Mitfahren ein.  | Foto: Dieter Maurer
Das Dampfzügle am Ufer des Ödenbachs in Breitnau lädt sonntags zum Mitfahren ein. Foto: Dieter Maurer

BREITNAU. Ein schriller Pfiff ertönt aus der Dampfpfeife, die kleine Glocke am Zugende bimmelt. Die fünf Waggons sind mit Kindern und Eltern voll besetzt. Fauchend und schnaubend setzt sich Dampfross "Rita" in Bewegung und nimmt mehr und mehr Fahrt auf. Zweimal absolviert das Bähnle die 600 Meter lange Runde, dann erfolgt ein Halt – Eisenbahnromantik pur am Ufer des Ödenbachs in Breitnau.

Bereits eine halbe Stunde zuvor hatte Edgar Schaller den Wasser- und Kohlebehälter der Lok gefüllt. Dann entzündet er das Feuer im Innersten der Dampfmaschine. Mit einem Blasebalg facht er die Flammen zusätzlich an. Die 20 Liter Wasser müssen auf 160 Grad erhitzt werden. "Je nach Anzahl der Mitfahrenden reicht dies für zwei bis drei Runden", erzählt Schaller, Lokführer und Heizer zugleich. Zur Freude der Mitfahrenden und der Zuschauer lässt die Lok bald mächtig Dampf ab. Dann kann es losgehen. Schaller sitzt auf dem Anhängertender. Die Strecke ist fast eben, doch vor einem leichten Anstieg muss der Zug etwas beschleunigen: "Sonst schafft die Rita das nicht."

Alles ist liebevoll hergerichtet auf dem Gelände hinter dem Backhof Helmle unweit der B 500. Da gibt es Schuppen für die Lok und die Waggons sowie teilweise echtes Zubehör: eine Originalweiche, Laternen und eine Signalpfeife, wie sie einst auf Hauptstrecken verwendet wurden. Am Zugende hängt der Wagen mit Schlusslicht und einem luftbetriebenen Läutwerk, welches der Lokführer mittels Fernbedienung ertönen lassen kann. Alle Wagen sind mit Druckluftbremsen ausgestattet. Die Weiche am Signal an der Brücke funktioniert prächtig. Vor allem Kinder, aber auch Erwachsene sind fasziniert. Die Strecke führt am Ufer des Ödenbachs entlang und durch ein kleines Wäldchen mit freier Sicht auf einen Teich und weiter über eine große Wiese. Vor oder nach der Fahrt bieten sich unterhaltsame Alternativen. Die Besucher können das Miniatur-Wasserkraftwerk oder auch das kleine Tiergehege besichtigen und die Hasen streicheln. Die weidenden Pferde in der Umgebung sind vor allem für "Städter" ein willkommenes Fotomotiv.

Edgar Schaller wurde 1939 in Gündelwangen geboren. Sein Vater betrieb eine kleine Landwirtschaft und einen Fuhrbetrieb mit Lastwagen. 1970 zog Schaller nach Breitnau um. Dort lebt er nun seit 46 Jahren. "Als Kind wäre ich am liebsten Lokführer geworden. Das hat mich von klein auf gereizt," erzählt der heute 77-Jährige. Doch er musste den Lkw-Führerschein machen und Langholz fahren. Später saß er am Steuer eines riesigen Tankzugs und transportierte 28 Jahre lang Heizöl von Tankschiffen in Breisach zu den Kunden im Hochschwarzwald.

Doch sein Schwager war Lokführer. "Im Alter von 16 Jahren durfte ich auf einer Drei-Zylinder-44er-Maschine mitfahren. Das war eine große Dampflok. Sie zog 60 Waggons über 100 Kilometer von Basel nach Singen." Weil die Qualität der Kohle schlecht war und wenig Energie lieferte, musste der Heizer fast ständig schaufeln: "Manchmal musste sogar mein Schwager als Lokführer noch helfen."

Im Zusammenhang mit der 100-Jahr-Feier der 1887 eröffneten Höllentalbahn machte Edgar Schaller in einem Eisenbahnerheftle eine kleine, gebrauchte Lok in Müllheim an der Ruhr ausfindig: "Der Besitzer war bereit, mir das vier Zentner schwere Stahlross nach Breitnau zu transportieren."

Viel investiert für

das geliebte Hobby

Der Preis für eine solche Rarität lag nach Angaben von Schaller damals bei 30 000 Mark: "Ich bekam sie für 5000 Mark." Allerdings war auch einiges defekt und so musste er nochmals 15 000 Mark reinstecken. Jetzt fehlten noch die Gleise. Als Fahrer des Heizöl-Tankzugs kam er regelmäßig in den Rheinhafen von Breisach. 1988 wurden dort Schienen abgebaut: "Die sollten verschrottet werden. Da habe ich zugegriffen." Auf der schon lange ins Auge gefassten, 600 Meter langen Trasse verteilte er 40 Tonnen Schotter: "Alles mit dem Schubkarren." Es folgte das sorgsame Verlegen von Schwellen und Schienen. Beim Wagenbau half ihm Herbert Stolz aus Titisee. Zudem wurde er von Rudi Metzler aus Hinterzarten unterstützt: "Es war viel Arbeit, aber es ist ja mein geliebtes Hobby." Zum Heizen der Lok benötigte er normale Steinkohle: "Des kriegsch hitt fascht gar nimmi." Oft muss er deswegen bis nach Stuttgart fahren: "Ein Sack kostet immerhin 30 Euro."

Die Jungfernfahrt des Dampfzügles erfolgte am 1. Mai 1989. Seither läuft das Ödenbacher Bähnle jeweils sonntags ab 14.30 Uhr – aber nur bei schönem Wetter. In den knapp drei Jahrzehnten fielen immer wieder Reparaturen und Umbauten an. Auch diese Kosten trägt der Hobbylokführer selbst. Das Mitfahren auf dem Bähnle ist frei – am Lokschuppen steht ein kleines Spendenkässle.

Ressort: Breitnau

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Mi, 24. August 2016: PDF-Version herunterladen

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