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Münstertal

Maren Wiesler – Schwarzwälderin startet im Ski-Weltcup

Matthias Kaufhold
  • Do, 13. November 2014, 08:02 Uhr
    Ski Alpin

Die Draufgängerin muss das Schleichen lernen: Maren Wiesler aus Münstertal will sich in diesem Winter im alpinen Skiweltcup etablieren – und darf gerade deshalb nicht nur Vollgas geben.

Im Slalom nicht mehr weit entfernt von der Weltspitze: Maren Wiesler   | Foto: afp
Im Slalom nicht mehr weit entfernt von der Weltspitze: Maren Wiesler Foto: afp
Zuweilen stopft Maren Wiesler noch schnell ein Glas selbstgemachten Apfelmus von der Mama ins Gepäck. Man könnte sagen, die Schwarzwälderin nimmt ein Stück Heimat mit ins tiefe Allgäu, wo sie mit ihrem Freund Manuel Schmid, der ebenfalls als deutsche Alpin-Hoffnung gehandelt wird, eine Wohnung in Fischen bezogen hat. Doch was heißt schon Heimat für eine 21-jährige Skirennläuferin, die vor fünfeinhalb Jahren das Elternhaus in Münstertal verließ, um im Skiinternat Oberstdorf auf die Karte Leistungssport zu setzen. Im Gespräch rollt Wiesler das R so selbstverständlich wie eine Urbayerin. Aber der blau-weiße Singsang kann nicht verbergen, wo sie sich wirklich zu Hause fühlt: "Abschalten und Kraft tanken kann ich am besten dort, wo meine Familie lebt."

Längst ist der Skirennsport eine Ganzjahresbeschäftigung

Inzwischen schafft es Maren Wiesler nur noch zwei-, dreimal im Jahr nach Münstertal. Sommerlehrgänge, Vorbereitungstraining, Materialtests auf dem Gletscher und dann der weltweite Tingeltangel von einem Wettbewerb zum nächsten – längst ist der Skirennsport eine Ganzjahresbeschäftigung. Erst recht, wenn man wie Wiesler nun fest zum deutschen Elitekader zählt. Am Samstag steigt die Kippstangenspezialistin beim Slalom im finnischen Levi in die Weltcupsaison ein.

"Ich bin jemand, der ein Rennen immer richtig durchziehen will." Maren Wiesler
An Levi hat Wiesler gute Erinnerungen. Im vergangenen Jahr debütierte die Schwarzwälderin an gleicher Stelle im Weltcup – und verblüffte die Skiwelt mit der zwölftschnellsten Zeit des ersten Durchgangs und dem 23. Platz im Endklassement. Fünf weitere Weltcupstarts schlossen sich an. Am Saisonende landete die Sportsoldatin im schwedischen Are als 24. erneut in den Punkterängen. Skandinavien scheint ein gutes Pflaster für sie.

Nach dem Schnupperkurs im vergangenen Winter will Wiesler nun im Weltcup richtig Fuß fassen. "Es wäre schön, wenn sie dort regelmäßig unter die ersten 30 fährt", sagt Stefan Wirbser. Der Präsident des Skiverbands Schwarzwald (SVS) setzte vor sechs Jahren das Projekt durch, die besten Alpintalente des Schwarzwalds in Oberstdorf schulen zu lassen. Wiesler gehörte zu den ersten Internatlerinnen aus dem Bereich des SVS – und ist seitdem Schritt für Schritt ihren Weg gegangen. Dass sie bislang nie ernsthaft verletzt war, erleichterte das Vorwärtskommen.

Manchmal aber steht sich Wiesler noch selbst im Weg. "Ich bin jemand, der ein Rennen immer richtig durchziehen will", bekennt die Meisterin des kurzen Schwungs. Weil es vor manchen Geländeübergängen oder Steilhängen aber ratsam ist, Tempo rauszunehmen und eher mit Köpfchen durchzuschlüpfen, schwingt das Risiko eines Ausfalls immer mit. Taktisch zu fahren, den Kurs richtig zu analysieren und die schnellste Linie zu wählen, ist auch eine Frage von Erfahrung. Wiesler macht sich deshalb keinen Kopf ("Das kommt mit der Zeit") und entkernt ihre draufgängerische Natur nicht: "Mir ist es lieber, ich bin schnell, als wenn ich durchkomme, aber hinterherfahre."

Nicht nur auf den Slalom fokussiert

Die deutsche Juniorenmeisterin im Slalom will aber nicht auf eine Fachkraft für enge Radien reduziert werden. "Ich weiß, dass ich im Riesenslalom genauso gut sein kann", sagt sie. Ihre Position in der Weltrangliste (Slalom 51, Riesenslalom 122) lässt derzeit aber noch keine Weltcupeinsätze im Riesentorlauf zu. Hier liegt eines der Ziele für die kommenden Monate: bei Rennen im Europacup so häufig unter die Top 15 zu fahren, dass sich ein Einsatz im Weltcup aufdrängt.

Wiesler weiß, dass sie in diesem Jahr mehr im Fokus steht als in der vergangenen Saison. Das hat auch damit zu tun, dass in Maria Höfl-Riesch die Frontfrau des deutschen Skirennsports ihren Rücktritt erklärt hat und sich nun die Medien verstärkt dafür interessieren, wer denn da alles so nachrückt. Im Schatten einer Weltklassefahrerin wie Höfl-Riesch konnten viele Talente in Ruhe reifen. Nun fehlt dieser Windschatten, zumal das verbliebene Zugpferd Viktoria Rebensburg eher im Riesenslalom Weltspitze verkörpert. "Natürlich war Maria für uns junge Fahrerinnen ein starker Anhaltspunkt", sagt Wiesler. Nun aber muss man sich eben verstärkt untereinander anstacheln und puschen. Wunderdinge darf aber niemand erwarten. Das lehrt schon das Beispiel der deutschen Biathletinnen, die der Rückzug von Magdalena Neuner schwer traf.

Wiesler trainiert am Stützpunkt in Oberstdorf

Dass bei den Alpinen eine neue Zeitrechnung beginnt, verdeutlichen auch Trainerwechsel auf Schlüsselstellen: Als neuer Cheftrainer der Frauen wurde Markus Anwander installiert. Wiesler trainiert am Stützpunkt in Oberstdorf mit Teamkollegin Christina Geiger nun unter Stephan Schmid und bekennt, dass die Analyse jetzt anders verläuft: "Man muss sich erst daran gewöhnen, wie es einem die Trainer erklären." Die Fortschritte durch die permanente Förderung in der Weltcupgruppe nach dem Aufstieg aus dem B-Kader liegen für ihren Vater Bernd-Fred Wiesler aber auf der Hand: "Sie ist in ihrer Entwicklung ein ganzes Stück weiter."

Mit Heidi Wiesler, die in den 1980er Jahren regelmäßig im Weltcup startete und 1984 bei Olympia dabei war, ist die weiter für den SC Münstertal fahrende Maren Wiesler nicht verwandt. Der Name Wiesler taucht im Münstertal so häufig auf wie das tief gezogene Walmdach über dem Schwarzwaldhaus. Das skifahrerische Gewölbe bei Maren bildete Mutter Ute Wiesler, die als Aktive auf baden-württembergischer Ebene aktiv war. Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm. Und manchmal wird sogar herrlich schmeckender Apfelmus daraus.

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Ressort: Ski Alpin

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Do, 13. November 2014: PDF-Version herunterladen

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