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Geistlich mit Stil

Schwedin entwirft Mode extra für Pfarrerinnen

  • Carina Dobra (epd)

  • Do, 17. Oktober 2019, 20:30 Uhr
    Panorama

Mit dem schwedischen Label "Casual Priest" können sich Pfarrerinnen modern und stilbewusst kleiden. Manche fühlen sich mit der klerikal anmutenden Mode eher ernst genommen.

Junge Frauen aus aller Welt begeistern sich für „Casual Priest“, die Freizeitmode speziell für Pfarrerinnen. Foto: Maria Sjödin
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Figurbetonte, knielange schwarze Kleider tragen die beiden Frauen – mit weißem, ringförmigem Stehkragen, einem Kollar. Man sieht sofort: Sie sind Pfarrerinnen. Und stilbewusst. Claudia Häfner und Katarina Freisleder, beide Pfarrerinnen der Evangelischen Hochschulgemeinde an der Technischen Universität München, tragen zur Amtsübergabe des neuen Präsidenten der TU Kleidung von "Casual Priest" – schwedische Mode, speziell designt für Pfarrerinnen.

Hinter "Casual Priest" steht die schwedische Modedesignerin Maria Sjödin. Die Idee kam ihr vor 17 Jahren: Eine befreundete Pfarrerin bat sie darum, ihr ein Oberteil zu entwerfen. Sie war nicht glücklich mit der herkömmlichen Kleidung für Geistliche, die offensichtlich für Männer entworfen wurde. Und Sjödin entdeckte eine Marktnische.

"Maßgeschneidert, modern, selbstbewusst und stylish", so beschreibt sie ihre Kollektion für Pfarrerinnen. Genug potenzielle Kundinnen sind da: 40 Prozent der Geistlichen in der evangelisch-lutherischen Kirche in Schweden sind weiblich. Auch in Deutschland studieren mehr Frauen als Männer Theologie. Und auch hier gibt es außer der klassischen Talarschneiderei keine Boutique, die geistliche Mode für Frauen anbietet.

"Ich will, dass sich Frauen im kirchlichen Dienst wohlfühlen und Selbstbewusstsein ausstrahlen." Designerin Maria Sjödin
"Ich will, dass sich Frauen im kirchlichen Dienst wohlfühlen und Selbstbewusstsein ausstrahlen", sagt Sjödin. Beim Design orientiert sich die Schwedin am klassischen Kollarhemd mit weißem Stehkragen, einem Erkennungszeichen für Geistliche. Sjödin nutzt aber moderne Stoffe und Schnitte. Die Kleider, T-Shirts und Langarmhemden sind online neben Schwarz auch in Blau, Khaki, Grau und gemustert erhältlich. Die meisten Käuferinnen erreicht die Modemacherin über die sozialen Netzwerke. Auf dem Berliner Kirchentag 2017 stellte sie ihre Kollektion in einem Pop-up-Store aus. Unter den Hashtags "#casualPriest" und "#casualPrieststories" posten Pfarrerinnen aus aller Welt Fotos mit Kleidungsstücken der Designerin. Einige Frauen tragen das Kollarhemd in Kombination mit bunter Blumen-Bluse oder auffälligem Schmuck.

Claudia Häfner von der TU München mag es lieber dezent. Mit dem Talar fühle sie sich bei beruflichen Terminen außerhalb der Kirche oft verkleidet, erzählt sie. "Und unpraktisch ist er auch." Treppenlaufen, Taufe im See, alles wird zur Herausforderung mit dem langen Gewand. Ihr schwarzes "Casual Priest"-Kleid trägt sie etwa bei akademischen Veranstaltungen. "Ich bin überzeugte Christin und möchte, dass ich erkannt werde und Leute sich trauen, mich anzusprechen."

Bisher habe sie fast nur positive Reaktionen auf ihr Outfit bekommen, erzählt die vierfache Mutter. Auch ihre Kinder fänden ihre neue Berufskleidung cool. Bald möchte sich die Theologin ein weiteres Kleid kaufen. "Da warte ich noch auf einen Anlass", sagt Häfner. Schließlich sind die Kleidungsstücke mit Preisen von 200 bis 300 Dollar nicht günstig.

Ohne Dienstkleidung fühlte Pastorin Josephine Teske sich nicht ernst genommen

Josephine Teske hat sich trotzdem gleich vier Teile bestellt. Die 33-jährige Pastorin der evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde Büdelsdorf in Schleswig-Holstein ist noch relativ frisch im Amt. Schnell habe sie festgestellt, dass Menschen sie nach dem Gottesdienst ohne Talar nicht mehr erkennen. Oft sei sie als junge, blonde Frau nicht ernst genommen worden, sagt sie. "Casual Priest" hat sie im Internet entdeckt. Seitdem ist sie etwa bei Empfängen mit der Kollarmode gekleidet. Und seitdem, so berichtet die zweifache Mutter, komme sie plötzlich auch etwa mit Politikern ins Gespräch.

Für Männer bietet Designerin Sjödin ebenfalls Modelle. Die hat Steve Kennedy Henkel vor einigen Jahren entdeckt. Der 31-jährige Pfarrer an der Erlöserkirche München trägt ein schwarzes oder blaues Shirt aus der "Casual Priest"-Serie unter dem Talar. Bei außerkirchlichen Terminen wie Elternbesuche von Konfirmanden kombiniert er die Teile mit Jeans und Chucks. Mit dem Kollarshirt fühle er sich trotzdem seriös, sagt der junge Geistliche.

"Ich will, dass Kirche sichtbar und sexy auftritt." Pfarrer Steve Kennedy Henkel
Auch er höre überwiegend Komplimente für die Shirts. Viele wollten wissen, wo er sie gekauft hat. Nur einige ältere Kollegen seien skeptisch. Sie würden das Kollar immer noch mit "katholisch" assoziieren, so der Münchner. "Ich will, dass Kirche sichtbar und sexy auftritt", betont er. Auf seinem Instagram-Profil lädt der modebegeisterte Pfarrer regelmäßig Selfies mit seinen Kollarshirts hoch.

Auch Josephine Teske postet Bilder in Casual-Priest-Kleidung auf Instagram. "Ich möchte anderen Frauen zeigen: Guckt! So was gibt’s für uns", sagt die junge Theologin und betont: "Ich verstecke meinen Körper nicht, nur weil ich ein Amt innehabe."

Ressort: Panorama

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Fr, 18. Oktober 2019: PDF-Version herunterladen

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