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Schülerstudium gegen die Langeweile

Zwölfjähriger Freiburger beginnt Mathematik-Studium

  • Sa, 15. August 2015
    Freiburg

Pascal van der Bij geht aufs Wentzinger-Gymnasium – und ab Oktober studiert er zwei Tage in der Woche Mathematik.

Pascal van der Bij   | Foto: Thomas Kunz
Pascal van der Bij Foto: Thomas Kunz
Pascal van der Bij ist 12 Jahre alt und ab Oktober Mathematikstudent an der Uni Freiburg – immer dienstags und mittwochs. An den anderen Wochentagen geht er weiter aufs Freiburger Wentzinger-Gymnasium. Den Stoff, den er dort an den Unitagen verpasst, muss er nacharbeiten, was ihm eher leichtfallen dürfte: Auf die Frage, warum er sich für ein Schülerstudium beworben hat, antwortet Pascal nur: "Weil mir langweilig ist."

Zahlen haben ihn schon immer interessiert, sagt seine Mutter Thera van der Bij und erzählt von einem Einkauf mit dem einjährigen Pascal: 400 Gramm Hackfleisch habe sie damals an der Theke verlangt, als es aus dem Kinderwagen plötzlich weiterzählte: 500, 600, 700... "Da habe ich erst mal das Hackfleisch vergessen", sagt sie. Wobei Mathematik nicht das einzige Interessensgebiet von Pascal ist: "Chemie" sagt er auf die Frage nach seinem Lieblingsfach. Er hat die deutsche und die niederländische Staatsbürgerschaft, spricht beide Sprachen, besucht den deutsch-französischen Zug seiner Schule und lernt nebenbei am Freiburger Konfuzius-Institut Chinesisch. "Weil das eine große Sprache ist", sagt er, "und Englisch kann ich ja schon."

Die Schüler-Universität wird organisiert vom "Freiburg Seminar für Mathematik und Naturwissenschaften", einer Einrichtung des Regierungspräsidiums Freiburg "zur Förderung besonders motivierter und begabter Schüler", wie Leiter Ralf Erens sagt. Eigentlich organisiert das Seminar wöchentlich stattfindende Arbeitsgruppen außerhalb der Schule – etwa zu Angewandter Physik oder Aspekten der Energiewende.

Die Möglichkeit, als Schüler reguläre Univeranstaltungen zu besuchen und offiziell an Klausuren und Prüfungen teilzunehmen, ist eher die Ausnahme – und Pascal ist mit 12 Jahren dafür sehr jung: Die meisten Schüler-Studenten sind 14, 15 Jahre alt, wenn sie beginnen. Möglicherweise geeignete Kinder oder Jugendliche werden von den Schulen empfohlen. "Wir verschaffen uns dann einen Eindruck, ob sie das stemmen können", sagt Erens, "das ist eine enorme Mehrbelastung, auch vom Zeitaufwand her."

Dass sich besonders begabte Kinder im Schulunterricht langweilen, sei "ein typisches Bild", sagt Erens. Oft wird’s dann schwierig in der Schule. "Mit individueller Förderung haben wir gute Erfahrungen gemacht", sagt er: Wenn die Schüler eine andere Herausforderung haben, wird der normale Unterricht interessanter. Zunächst versuchen seine Kollegen und er aber herauszufinden, ob die Bewerber für die Schüler-Uni auch wirklich selbst studieren wollen: "Wir machen das erste Auswahlgespräch bewusst nur mit dem Schüler – ohne Eltern."

Sie habe immer versucht, Pascals Fähigkeiten zu fördern und zu unterstützen, sagt seine Mutter, eine Ärztin. Die Uni ist in der Familie präsent, der Vater ist Physikprofessor. Pascal spielt Geige, Gitarre, Klavier und geht tanzen. Ihr sei aber besonders wichtig, dass ihr Sohn nicht überheblich ist, sagt seine Mutter: "Er ist sehr hilfsbereit, das gefällt mir besonders an ihm."

Pascal selbst blickt nüchtern auf sein erstes Semester an der Freiburger Uni, in dem er Einführungsveranstaltungen in Mathematik besuchen wird: "Unterricht ist Unterricht", sagt er . Der Altersunterschied zu anderen Studierenden mache ihm keine Sorgen, das sei er gewöhnt: In einem Chinesischkurs war er auch erst acht, die anderen 18. Seine Ansprechpartner seien immer schon Erwachsene gewesen, sagt seine Mutter, etwa wenn er im Kindergarten mit der Erzieherin über Lichtreflexion gesprochen habe: "Das geht mit Dreijährigen ja schlecht."

Ressort: Freiburg

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