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"So arbeiten wir schonender und präziser"

  • Do, 28. Juni 2018
    Zisch-Texte

ZISCH-INTERVIEW mit dem Chirurgen Henry Hoffmann, der im Universitätsspital Basel manchmal mit einem Roboter operiert .

Amina Gmati mit dem OP-Roboter   | Foto: Privat
Amina Gmati mit dem OP-Roboter Foto: Privat

Für das Schulprojekt Zisch wollte ich, Zisch-Reporterin Amina Gmati aus der Klasse 4c der Hellbergschule in Lörrach-Brombach, jemanden Besonderen befragen. Meine Mutter arbeitet im Universitätsspital Basel als Operationstechnische Assistentin und erzählte mir von einem Arzt, der mit Robotern operieren kann. "Wie cool ist das denn?", dachte ich und bewarb mich für ein persönliches Interview mit dem Chirurgen Henry Hofmann. Ich bin so beeindruckt von ihm. Ich möchte auch gerne Medizin studieren, aber dann nichts mit Operationen. Vielleicht Kinderärztin ...

Zisch: Was ist ein Chirurg?
Hofmann: Ein Chirurg ist ein Arzt, der Krankheiten mit einer Operation heilt. Das Wort Chirurg kommt aus dem Griechischen und bedeutet so viel wie "Handwerker" oder "jemand der mit den Händen arbeitet". Der Chirurg untersucht den Patienten zunächst einmal gründlich und überlegt dann, ob der Patient mit einer Operation geheilt werden kann. Wenn dass der Fall ist, dann wird der Patient operiert.

Zisch: Macht der Beruf Ihnen Spaß?
Hofmann: Der Beruf macht mir sehr viel Spaß. Ich finde, dass es eine perfekte Kombination ist aus Kommunikation mit dem Patienten und der handwerklichen Beschäftigung im Operationssaal.
Zisch: Wie lange Pausen haben Sie bei Ihrer Arbeit?
Hofmann: Wir haben in der Schweiz eine festgeschriebene Mittagspause von einer Stunde. Die können wir manchmal am Stück einhalten, manchmal müssen wir aber auch mehrere kleinere Pausen machen, wenn zum Beispiel ein Patient auf die Notfallstation kommt und eine Blinddarmentzündung hat. Dann kann diese Operation manchmal nicht warten und muss zügig durchgeführt werden. Dann müssen die Pausen etwas später oder etwas früher gemacht werden.
Zisch: Was ist überhaupt eine Blinddarmentzündung?
Hofmann: Eine Blinddarmentzündung ist die häufigste Notfallerkrankung im Bereich der Bauchchirurgie. Da entzündet sich der sogenannte Wurmfortsatz vom Dickdarm, auch Blinddarmfortsatz genannt. Jeder zehnte Mensch erleidet im Laufe seines Lebens eine Blinddarmentzündung.

Zisch: Wie lange dauert eine große OP?
Hofmann: Wir machen Operationen, die können nur eine halbe Stunde dauern, aber es gibt auch große Operationen, die sechs bis acht Stunden dauern können.

Zisch: Operieren Sie nur oder machen Sie auch etwas Anderes?
Hofmann: Meine Hauptbeschäftigung sind Operationen, aber ich bin auch parallel wissenschaftlich tätig, mache Forschung auf dem Gebiet der Bauchchirurgie. Außerdem haben wir hier an der Universität auch den Auftrag, Medizinstudenten zu unterrichten.

Zisch: Seit wann arbeiten Sie hier?
Hofmann: Ich bin seit Oktober 2009 hier im Universitätsspital Basel tätig. Zwischendurch war ich ein Jahr in Großbritannien und habe dort als Arzt gearbeitet und anschließend ein Jahr auch geforscht.

Zisch: Wie sind Sie auf diesen Beruf gekommen?
Hofmann: Eigentlich durch meinen Vater. Er ist Hausarzt, und die medizinische Tätigkeit hat mich immer fasziniert. Aber ich habe auch gesehen, dass mein Vater immer relativ viel arbeiten musste. Dann habe ich mir überlegt, dass ich das vielleicht doch nicht machen möchte. Wenn man immer sehr lange arbeiten muss und manchmal auch nachts und am Wochenende, ist das für die Familie manchmal schwierig. Dann habe ich aber gemerkt, dass man, egal was man beruflich machen will, fleißig sein muss, wenn man etwas erreichen will. Ich habe verstanden, dass die Arbeitszeit nicht das Entscheidende ist, sondern dass es viel wichtiger ist, etwas zu tun, was einem wirklichen Spaß macht. Daher habe ich mich entschieden, dass ich Medizin studieren will. Als wir dann im ersten Studienjahr den Aufbau des menschlichen Körpers kennengelernt haben und auch im Präparationssaal waren und eine Leiche untersucht haben, war mir sofort klar, dass ich gern Chirurgie machen möchte.

Zisch: Haben Sie Zeit für Hobbys?
Hofmann: Eins meiner Hobbys ist Sport, ich gehe sehr gerne joggen. Das kann ich meistens relativ gut nach der Arbeit machen, zwei bis drei Mal wöchentlich. Dann verbringe ich sehr gerne Zeit mit meiner Familie, das ist manchmal nicht einfach, weil ich manchmal am Wochenende oder nachts arbeiten muss. Aber es gelingt dann meistens doch recht gut. Ein weiteres Hobby ist Modellfliegen, dazu habe ich etwa alle fünf bis sechs Wochen am Wochenende mal richtig Zeit.

Zisch: Ich habe gehört Sie können mit einem Roboter operieren? Wie ist der aufgebaut?
Hofmann: Der Roboter hilft uns, den Patienten noch schonender und präziser zu operieren. Der Roboter ist wie ein Kran mit vier Armen aufgebaut. Er wird an den Patiententisch im Operationssaal angeschlossen und dann können wir diese Arme des Krans in den Patientenkörper einbringen und dort mit Roboterarmen operieren. Einer der Roboterarme hat eine Kamera, die anderen Arme werden mit Instrumenten bestückt. Das hilft uns, an sehr schwierige Stellen sehr gut heranzukommen und dort präzise zu operieren. Das Lustige dabei ist, dass der Operateur selber gar nicht beim Patienten am Tisch ist, sondern in der Ecke an der Roboterkonsole sitzt. Der Operateur schaut in dieser Konsole auf einen Bildschirm und bewegt die Roboterarme mit Joysticks.

Zisch: Was ist der Unterschied zwischen einer direkten Operation und einer mit dem Roboter?
Hofmann: Der wesentliche Unterschied besteht darin, dass der Operateur nicht direkt am Patienten ist, sondern mit ein paar Metern Abstand an der Konsole sitzt. Das ist vor allem bei längeren Operationen etwas bequemer, weil wir sitzen können. Wir haben eine viel gesündere Körperhaltung und können diese über längere Zeit auch einnehmen. Wenn wir direkt beim Patienten am Tisch stehen, kann das nach einigen Stunden schon etwas anstrengender werden. Manchmal müssen auch Instrumente geführt werden oder assistiert werden, bestimmt Bewegungen gemacht werden. Das kann bei längeren Operationen anstrengend sein. Dazu kommt, dass wir durch die Kamera, die der Roboter benutzt, viel genauere, vor allem feinere, Strukturen erkennen können. Das funktioniert wie ein Vergrößerungsfernglas und die Bewegungen der Roboterarme sind sehr präzise. Also können wir sehr exakt operieren.

Zisch: Was macht Ihnen mehr Spaß? Mit dem Roboter zu operieren oder direkt?
Hofmann: Beides. Das kommt ganz darauf an. Man kann nicht jeden Patienten und nicht jede Krankheit mit dem Roboter operieren. Es gibt bestimmte Operationen, bei welchen der Roboter wirklich eine Hilfe ist, dann operieren wir auch so. Die große Mehrzahl der Operationen wird aber nach wie vor entweder mit einem großen Schnitt im Bauch oder mit der sogenannten Schlüssellochchirurgie durchgeführt. Da werden kleine Löcher in den Bauch geschnitten und über die Löcher im Bauch des Patienten operieren wir mit einer Kamera und langen Instrumenten. Genau wie beim Roboter. Diese Technik führen wir hier fast am häufigsten durch.

Zisch: Wollen Sie Professor werden?
Hofmann: Ich habe jetzt gerade habilitiert, das heißt, ich habe die Lehrberechtigung bekommen für die Universität Basel. Das ist sozusagen der Nachweis, dass ich sowohl das Unterrichten der Studenten beherrsche, aber auch auf einem bestimmten Gebiet viel geforscht habe. Eine Professur ist noch einmal ein langer Weg, noch einmal fünf, sechs Jahre, in welchen man weiter forschen muss. Ich könnte mir das vorstellen, das hängt aber davon ab, wie die berufliche, persönliche und familiäre Entwicklung weitergeht.

Zisch: Was gibt es überhaupt für Operationen?
Hofmann: Die Frage ist wahrscheinlich besser beantwortet, wenn ich sage, es gibt viele verschiedene Fachrichtungen in der Chirurgie. Das, was ich mache, ist die Bauchchirurgie, das heißt, ich operiere alles im Bereich des Verdauungstraktes, alles, was sich im Bauch befindet. Dann gibt es die Unfallchirurgen. Diese operieren vor allem Knochenbrüche. Oder es gibt Chirurgen, die das Gehirn operieren, das sind die sogenannten Neurochirurgen. Insgesamt gibt es fast 20 verschiedene chirurgische Fachrichtungen. Diese haben alle nach dem Studium einen eigenen Ausbildungsweg. Ich könnte also nicht einfach am Gehirn oder am Knochen operieren.

Ressort: Zisch-Texte

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Do, 28. Juni 2018: PDF-Version herunterladen

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