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"Das Schulsystem hier ist ganz anders"

  • Do, 30. April 2015
    Schülertexte

ZISCHUP-INTERVIEW mit der 15-jährigen Paola Njoko Kamche, die vor drei Jahren von Kamerun nach Deutschland gezogen ist.

Eine Bar in Kameruns Hauptstadt Yaoundé  | Foto: dpa
Eine Bar in Kameruns Hauptstadt Yaoundé Foto: dpa

Multikulti ist längst Realität. Auch in Schulen. Carina Geiger, Klasse 9a des Kreisgymnasiums Bad Krozingen, wollte von ihrer Mitschülerin Paola Njoko Kamche wissen, wie es ist, in einem fremden Land, dessen Sprache man noch nicht kann, neu anfangen zu müssen. Paola Njoko Kamche ist 15 Jahre alt. Ihre Eltern haben sie vor drei Jahren zu sich nach Deutschland geholt.

Zischup: Als du zwölf Jahre alt warst, hast du erfahren, dass du nach Deutschland zu deinen Eltern ziehen wirst. Wie hast du darauf reagiert?
Paola: Ich war glücklich, aufgeregt, aber auch sehr gespannt auf Deutschland.
Zischup: Wie hast du dich gefühlt, als du zum ersten Mal in deine neue Klasse kamst?
Paola: Ich war sehr nervös und habe mich alleine gefühlt. Außerdem hatte ich ein bisschen Angst. Es war für mich sehr ungewohnt, nur noch von Weißen umgeben zu sein.
Zischup: Und wie wurdest du von deinen Mitschülern aufgenommen?
Paola: Ich wurde sehr nett und herzlich empfangen, aber anfangs haben mich trotzdem viele mit komischen Blicken angeschaut.
Zischup: Hast du schnell Anschluss in deiner neuen Klasse gefunden?
Paola: Nein, das hat ein bisschen gedauert. Hier sind die Menschen einfach anders – daran musste ich mich erst gewöhnen.
Zischup: Als du nach Bad Krozingen gekommen bist, konntest du nur Französisch und Englisch. War die Verständigung ein großes Problem?
Paola: Ja, selbstverständlich. Meine Mitschüler konnten nicht so gut Englisch und kaum Französisch. Und das Deutschlernen war ziemlich schwer.
Zischup: Hattest du in den ersten Monaten großes Heimweh?
Paola: Am Anfang eigentlich kaum. Nach einigen Monaten, in denen ich meine Freunde aus Kamerun nur über Skype sehen konnte, schon.
Zischup: Hast du dich in den letzten dreieinhalb Jahren komplett in Deutschland eingelebt?
Paola: Nicht komplett, aber ich denke, dass ich mich schon gut integriert habe.
Zischup: Was vermisst du am meisten?
Paola: Die Verwandten, die in Kamerun geblieben sind, und meine Freunde.
Zischup: Was gefällt dir in Deutschland am besten?
Paola: Das Schulsystem, das sehr anders ist als das in meiner Heimat, und natürlich meine neuen Freunde.
Zischup: Was ist der Unterschied zwischen den beiden Schulsystemen?
Paola: Das Schulsystem in Kamerun war viel anstrengender. In der fünften, neunten und elften Klasse gab es Prüfungen. Wer diese nicht bestand, musste die Klasse wiederholen. Außerdem war das Bestehen der ersten Prüfung eine Voraussetzung, um auf das Gymnasium gehen zu können. Da entstand enormer Druck. Außerdem wurden die Themen der Klassenarbeiten nie angekündigt, sodass wir den kompletten Stoff lernen mussten.
Zischup: Mustern dich manche Menschen aufgrund deiner Hautfarbe komisch?
Paola: Manchmal schauen mich Menschen in der Schule oder auf der Straße schon komisch an. So, als hätten sie Angst vor mir.
Zischup: Wenn du frei wählen dürftest, für welches Land würdest du dich entscheiden – Deutschland oder Kamerun?
Paola: Das kommt darauf an. Studieren möchte ich auf jeden Fall in Deutschland. Außerdem gibt es hier viel bessere Arbeitsstellen. Aber in Kamerun lebt fast meine ganze Familie. Als ich noch dort gewohnt habe, konnte ich jeden Tag meine Oma, meine Cousins und meine Tante sehen. In Deutschland wohnen nur meine Eltern und ich.

Ressort: Schülertexte

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