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"Gut gemachte Fälschungen"

  • Fr, 03. Mai 2019
    Schülertexte

ZISCHUP-INTERVIEW mit dem Apotheker Hanspeter Steiner.

H. Steiner  | Foto: Barbara Jung
H. Steiner Foto: Barbara Jung

Längst werden nicht nur Uhren, Taschen oder Klamotten gefälscht und verkauft, sondern auch Medikamente. Hanspeter Steiner ist Apotheker und leitet seit 33 Jahren die Hard Apotheke in Birsfeld in der Schweiz. Im Gespräch mit Louisa Piussi, Schülerin aus der Klasse 9a des Markgräfler-Gymnasiums in Müllheim, erzählt er, was er von den Fälschungen hält. Außerdem gibt er wertvolle Tipps, was es beim Kauf von Medikamenten unbedingt zu beachten gilt.

Zischup: Ist Ihnen bekannt, dass in Internetapotheken gefälschte Produkte im Umlauf sind?
Steiner: Ja klar ist mir, wie allen anderen Apothekern auch, bewusst, dass gefälschte Medikamente im Internet gehandelt werden. Die Apothekerorganisationen und auch die Arzneimittelbehörden rufen auch regelmäßig dazu auf, beim Kauf von Medikamenten im Internet sehr, sehr vorsichtig zu sein. In der Schweiz gibt es die Aktion "stop-piracy". Dort wird die Bevölkerung nicht nur für gefälschte Medikamente, sondern allgemein auf gefälschte Artikel wie Kleider und Uhren sensibilisiert.

Zischup: Ist Ihnen bekannt, dass im Internet jedes zweite Medikament eine Fälschung ist? Das jedenfalls sagen Wissenschaftler.
Steiner: Wie hoch der Anteil von gefälschten Medikamenten im Internet ist, kann ich nicht beurteilen. Die Behörden in der Schweiz gehen aber davon aus, dass mehr als 50 000 illegale Arzneimittellieferungen pro Jahr in die Schweiz gelangen.

Zischup: Wie sind Ihre Erfahrungen hierzu oder die ihrer Kollegen in den umliegenden Ländern?
Steiner: Wir in unserer Apotheke wie auch meine Kollegen im Raum Basel haben bisher wenig Erfahrungen mit gefälschten Medikamente gemacht. Es ist auch so, dass in Schweizer Apotheken bisher noch keine gefälschten Medikamente aufgetaucht sind. Man kann aber in über 750 Apotheken in der Schweiz im Internet gekaufte Medikamente prüfen lassen, ob es eine Fälschung oder ein reguläres Medikament ist.

Zischup: Wie hoch schätzen Sie die Gefahr dieser Fälschungen im Verhältnis zu Deutschland?
Steiner: Ich nehme an, dass das Risiko für gefälschte Medikamente in Deutschland und der Schweiz etwa gleich groß ist. Der Verkauf in öffentlichen Apotheken und Arztpraxen ist der sicherste Weg, legale und nicht gefälschte Medikamente zu kaufen.

Zischup: Wie stehen Sie zu Generika in Verbindung mit Arzneimittelfälschungen?
Steiner: Generika sind wie Originalpräparate Ziel von Fälschungen. Auch bei Generika gelten dieselben Vorsichtsmaßnahmen wie beim Kauf von Originalpräparaten. Also nur bei vertrauenswürdigen Quellen einkaufen und nicht bei dubiosen Händlern im Internet.

Zischup: Ist Ihnen das neue Gesetz "Pro Generika" bekannt?
Steiner: Pro Generika ist eine deutsche Interessengemeinschaft von Generikaherstellern. In der Schweiz gibt es ähnliche Organisationen.

Zischup: Was für Maßnahmen ergreifen Sie, um größtmögliche Fälschungssicherheit zu gewährleisten?
Steiner: Wir haben Vertrauen zu unseren Behörden und unseren Großhändlern und beziehen nur bei zugelassenen Herstellern und Zwischenhändlern mit den entsprechenden Bewilligungen.

Zischup: Jeder sechste Apotheker in Deutschland hatte bereits mit gefälschten Medikamenten zu tun. Sie auch? Wie sind Ihre Erfahrungen mit gefälschten Medikamenten?
Steiner: Wie schon gesagt, haben wir bei uns in der Apotheke noch keine Anfragen von Kunden zu diesem Thema gehabt. Ich nehme an, dass es vielen Kunden peinlich ist, dass sie auf eine Fälschung hereingefallen sind und auch noch viel dafür bezahlt haben.

Zischup: Woran kann man als ganz normaler Mensch eine Medikamentenfälschung erkennen?
Steiner: Fälschungen sind daran zu erkennen, dass die Packung nicht genauso aussieht wie beim Original. Oder auch, dass das Medikament selbst nicht mit dem Original übereinstimmt. Viele Fälschungen sind aber sehr gut gemacht, so dass man nur durch eine Analyse feststellen kann, ob es ein Original oder eine Fälschung ist.

Zischup: Welche Tipps können sie ihren Kunden geben, um keine Fälschung zu kaufen?
Steiner: Man sollte beim Kauf von Medikamenten vertrauenswürdige Quellen bevorzugen.

Zischup: Und welche Quellen wären das?
Steiner: Ich meine Quellen wie Apotheken, Arztpraxen oder Drogerien. Auch wenn man in Ferien ist, sollte man sich keine Arzneimittel bei irgendwelchen Straßenhändlern oder in Geschäften, die nicht offiziell Medikamente verkaufen dürfen, einkaufen. Vorsicht ist vor allem auch beim Kauf von Medikamenten aus Indien und Thailand geboten, denn in diesen beiden Ländern sitzen weltweit die größten Hersteller von gefälschten Medikamenten.



Ressort: Schülertexte

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Fr, 03. Mai 2019: PDF-Version herunterladen

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