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Zischup-Interview

"Hilfe zur Selbsthilfe"

  • Marissa Suttner, Klasse 9a, Kreisgymnasium & Bad Krozingen

  • Mo, 14. August 2017, 14:36 Uhr
    Schülertexte

Andrea Tellmann arbeitet als Heilpraktikerin in Wettelbrunn. Im Interview mit Zischup-Reporterin Marissa Suttner aus der Klasse 9a des Kreisgymnasiums Bad Krozingen erzählt sie über ihren spannenden Beruf.

Eine Heilfpflanze – die Ringelblume.  | Foto: dpa
Eine Heilfpflanze – die Ringelblume. Foto: dpa
Zischup: Wie lange sind Sie schon in Ihrem Beruf als Heilpraktikerin tätig?
Tellmann: Meine Ausbildung absolvierte ich vor sieben Jahren, seitdem unterrichte ich als Dozentin für Naturheilkunde mit Schwerpunkt Phyto, also Heilpflanzen-, und Aromatherapie. Vor vier Monaten habe ich meine eigene Praxis eröffnet.
Zischup: Was machen Sie in Ihrem Beruf genau?
Tellmann: Zum einen gibt es die Seminartätigkeit. Dort unterrichte ich Themenbereiche wie beispielsweise Heilpflanzen für den Magen-Darm-Trakt, die Leber und Galle, die Atemwege, die Blase und so weiter. Zum anderen arbeite ich in meiner Praxis, wo ich mit meinen Patienten deren Beschwerden und mögliche Therapieansätze bespreche und diese dann durchführe.
Zischup: Wie sind Sie dazu gekommen, eine Heilpraktikerin zu werden?
Tellmann: Es war schon immer meine große Leidenschaf,t mit der Natur Tiere und Menschen zu behandeln. Nach meinem ersten Beruf in der Krankenpflege war mir klar, dass mir die Schulmedizin nicht immer reicht und ich in Richtung Naturheilkunde weitergehen möchte.
Zischup: Wie lange hat Ihre Ausbildung gedauert? Und wie sah sie aus, kann man sie mit einem Medizinstudium vergleichen?
Tellmann: Die Ausbildung in Naturheilkunde ist sehr wenig festgelegt. Mein medizinischer Hintergrund als Krankenschwester kam mir sehr zugute und ich konnte meine Ausbildung in verkürzten eineinhalb Jahren absolvieren. Zunächst machte ich in Schopfheim eine Jahresausbildung. Dort wurde Anatomie, Physiologie und Krankheitslehre genau durchgepaukt. Danach gab es eine dreiwöchige Intensivwiederholung mit einer anschließenden Beispielsprüfung als Vorbereitung für die eigentliche Heilpraktikerprüfung, welche ich auf Anhieb bestanden habe. Mit einem Medizinstudium kann man diese allerdings nicht vergleichen, da sie nicht so anspruchsvoll und vor allem nicht so spezifisch war. Unsere schriftliche Prüfung bestand aus Multiple-Choice-Fragen zur Schulmedizin, um zu gewährleisten, dass ich als Heilpraktikerin meine therapeutischen Grenzen kenne und achte.


Zischup:
Wie kamen Sie dazu, Ihre eigene Praxis zu eröffnen?
Tellmann: Nachdem ich acht Jahre an der Freiburger Heilpflanzenschule unterrichtet hatte, kam irgendwann der Zeitpunkt, an dem mir klar wurde, dass ich mir genug theoretisches Wissen angeeignet hatte und dies nun endlich einmal vermehrt praktisch umsetzten wollte.
Zischup: Was haben Sie vor der Eröffnung ihrer eigenen Praxis gemacht?
Tellmann: Ich habe vor allem Seminare in den Heilpflanzenschulen von Freiburg und Verden gegeben und war als freiberufliche Dozentin für Phyto- und Aromatherapie im Hospiz und im palliativen Bereich tätig. In den letzten zwei Jahren habe ich selber eine ayurvedische Ausbildung begonnen, die mein therapeutisches Arbeiten in der Praxis erweitert hat. Das hat mich vor allem interessiert, da ich mit meiner Familie drei Jahre in Indien gelebt und Ayurveda am eigenen Leib dort erlebt habe.


Zischup:
Wann ist ein Besuch bei Ihnen sinnvoll? Und warum entscheiden sich die Leute zu einer Heilpraktikerin zu gehen?
Tellmann: Menschen, die bewusst gesund und natürlich leben, möchten selber für sich und ihre Gesundheit Verantwortung übernehmen, und wenn Probleme auftreten, diese lieber mit der Naturheilkunde behandelt. Es entscheiden sich aber auch Leute zu einer Heilpraktikerin zu gehen, die eine alternative Behandlung zur Schulmedizin erwarten, da sie keine guten Erfahrungen gemacht haben. Viele wollen zum Beispiel nicht sofort auf Antibiotika zurückgreifen. Oft kommen aber auch verzweifelte Patienten mit sehr komplexen Krankheitsbildern, die große Hoffnung in die Naturheilkunde setzen.
Zischup: Wie viele Behandlungen sind im Vergleich zu einer Behandlung beim Arzt nötig?
Tellmann: Die Anzahl der Behandlungen kommt auf das Problem des Patienten an. Doch da es meist sehr verstrickte Probleme sind, sind oft mehrere Behandlungen nötig und sinnvoll.
Zischup: Was machen Sie im Gegensatz zu einem Arzt anders?
Tellmann: Ich versuche ein breites Angebot für den Patienten aufzustellen und biete eine Behandlung mit Heilpflanzen und ätherischen Ölen in Form von Tees, Salben oder Massagen an. Außerdem suche ich zusammen mit dem Patienten die Ursache für seine Beschwerden und stelle ein ganzheitliches Konzept mit Blick auf sein Umfeld, seine Ernährung und seinen Lebensrhythmus auf. Ich überlege zusammen mit dem Patienten, wie er sich selber helfen kann. Hilfe zur Selbsthilfe.


Zischup:
Welche Vorteile haben Heilpflanzen gegenüber Tabletten?
Tellmann: Heilpflanzen sind Vielstoffgemische, die modulierend auf Probleme im Körper wirken. Sie haben Nebenwirkungen, doch oft weniger als Tabletten. Heilpflanzen wirken milder, haben aber zum Beispiel ein breiteres Wirkungsspektrum. Pflanzen sind generell umweltfreundlicher und schonender für den Körper, sollten aber auf keinen Fall unterschätzt werden. Insgesamt kosten die Heilpflanzen weniger, werden jedoch kostenmäßig nicht von der Krankenkasse übernommen.
Ich komme aus der Schulmedizin und bin froh um deren Kraft und Wirkungen, denn in manchen Situationen ist der Gebrauch von starken Pharmazeutika sinnvoll und lebensrettend. Früher starben die Menschen massenweise an Grippe und Pest oder Wundinfektionen, andererseits werden gerade die Antibiotika heute noch viel zu häufig gegeben und schaffen resistente Keime im Krankenhaus.

Ressort: Schülertexte

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