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"Zu Weihnachten gab es Schokolade und Orangen"

  • Fr, 20. Dezember 2019
    Schülertexte

ZISCHUP-INTERVIEW mit Gerda Kaltenbach über eine Kindheit im Schatten des Krieges.

Gerda Kaltenbach als junge Frau   | Foto: Privat
Gerda Kaltenbach als junge Frau Foto: Privat

Die Großmutter von Zischup-Reporterin Jessica Schönstein aus der Klasse R9a des Schulzentrums Oberes Elztal in Elzach wurde 1940 geboren und ist auf einem Schwarzwaldhof aufgewachsen. Im Interview mit ihrer Enkelin erzählt Gerda Kaltenbach von ihrer Kindheit im Krieg.

Zischup: Hat man als Kind den Krieg mitbekommen?
Kaltenbach: Ich kann mich noch daran erinnern, wie wir bei Fliegerangriffen in den Bunker gingen. Es war eine entbehrungsreiche Zeit.
Zischup: Da du auf einem Bauernhof groß geworden bist, musstest du sicher auch Aufgaben als Kind übernehmen. Welche?
Kaltenbach: Wir Kinder mussten Holz in die Küche tragen sowie Äpfel und Kartoffeln auflesen.
Zischup: Was hat man damals als Kind gespielt?
Kaltenbach: Wir haben Fangen, Verstecken und Seilhopsen gespielt. Im Winter sind wir Schlitten gefahren und haben auch mal Würfelspiele wie Mensch-ärgere-dich-nicht gespielt.
Zischup: Hat man auch mit den Kindern aus dem Dorf gespielt oder nur mit den Geschwistern und Verwandten?
Kaltenbach: Im Dorf eigentlich nicht. Aber mit den Kindern in der Straße.
Zischup: Was hat man als Kind gemacht, bevor man in die Schule kam?
Kaltenbach: Einen Kindergarten gab es nicht. Das heißt, man war halt zu Hause. Als ich zwischen acht und zehn Jahren alt war, musste ich, während meine Eltern auf dem Feld arbeiten waren, auf meine kleineren Brüder aufpassen. Das war sehr stressig für mich.
Zischup: Wie war das mit der Schule?
Kaltenbach: Die Lehrer in der Schule waren immer sehr streng. Wir hatten nicht genau dieselben Fächer, manche hießen auch anders, Mathe hieß damals beispielsweise Rechnen. Sonst hatten wir auch sowas wie deutsche Sprache, Lesen, Schönschreibung und Rechtschreibung. Das wurde aber damals einzeln benotet. Die Fächer Religion, Erdkunde, Gesang, Geschichte, Naturlehre und Handarbeiten hatte ich auch. Zudem gab es Hausaufgaben, welche ich immer direkt nach dem Essen machen musste. Erst wenn ich alles erledigt hatte, durfte ich raus.
Zischup: Wie lange gingst du zur Schule, und welche Schularten gab es?
Kaltenbach: Es waren insgesamt acht Schuljahre. Es gab auch ein Gymnasium. Da sind aber von meiner Klasse damals nur zwei Schüler hingegangen. Diejenigen, die keinen Beruf gelernt hatten, mussten dann in die Berufsschule. Die war einmal in der Woche, ging aber drei Jahre lang.
Zischup: Gab es auch außerschulische Aktivitäten wie Ausflüge oder Sportmannschaften?
Kaltenbach: Ausflüge haben wir nicht gemacht. Auch Sportgruppen gab es nicht.
Zischup: Mittlerweile sind die Strafen in der Schule Nachsitzen oder etwas Abschreiben. War das bei dir in der Schulzeit genauso? Oder welche Strafen gab es damals?
Kaltenbach: Die Lehrer waren wie gesagt sehr streng. Man musste aufs Wort gehorchen. Strafen waren Nachsitzen und etwas Abschreiben. Wenn die Buben aber nicht gehorchten, bekamen sie auch mal Tatzen. Das waren Stockschläge auf die Handinnenfläche.
Zischup: Wie oft gab es Ferien?
Kaltenbach: Die Ferien wurden natürlich so gelegt, dass die Kinder zu Hause und auf dem Feld mithelfen konnten. Die längsten Ferien waren während der Kartoffelernte. Auch während der Heuernte hatten wir Ferien.
Zischup: Wie sah es mit der Kleidung aus, hat man die damals selber genäht oder gekauft?
Kaltenbach: Die Kleidung war sehr einfach. Die Frauen und Mädchen trugen damals noch keine Hosen, sondern nur Röcke und Kleider. Im Winter habe ich oft gefroren. Es gab nach dem Krieg sehr wenig Kleidung zu kaufen. Deswegen wurde damals viel selber gestrickt und genäht. Nach der Schule musste man die Kleidung wechseln, damit man sie am anderen Tag nochmal anziehen konnte. 1949 hatte ich Kommunion. Da haben wir Stoff gekauft und von einer Schneiderin ein Kleid nähen lassen. Damals hatte man nicht so viel Geld.
Zischup: Gab es besondere Kleidung an Feiertagen?
Kaltenbach: Besondere jetzt nicht. Man hatte aber ein Sonntagskleid.
Zischup: Wie war es an Feiertagen wie an Weihnachten oder an Geburtstagen? Gab es da auch Geschenke?
Kaltenbach: Geschenke an Weihnachten für die Kinder waren Schokolade, Mandarinen und Orangen. Später auch mal ein Kartenspiel. An Geburtstagen gab es nichts, man feierte ihn auch nicht.
Zischup: Willst du gerne nochmal Kind sein?
Kaltenbach: Nein, da es damals keine Maschinen gab, musste man alles von Hand machen, dadurch hatte ich keine Freizeit. Denn auch wir Kinder mussten viel helfen.

Ressort: Schülertexte

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Fr, 20. Dezember 2019: PDF-Version herunterladen

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