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Auf dem Klapprad mit...

Thorsten Buurlage, der zum World-Klapp nach Mannheim fährt: „Der Schnauzer ist Pflicht“

Felix Lieschke-Salunkhe
  • Sa, 10. Juni 2017
    Südwest

Thorsten Buurlage   | Foto: Thomas Kunz
Thorsten Buurlage Foto: Thomas Kunz
Fahrradmütze, Radhose, Jersey, die Bartstoppeln sind länger als die Haare an den Beinen – Thorsten Buurlage unterscheidet sich auf den ersten Blick nicht von den gewöhnlichen Rennradfahrern, die abends ihre Tageskilometer rund um Freiburg abspulen. Es ist das Fahrrad, das alle Blicke auf sich zieht: ein altes Klapprad mit abgeplatztem blauen Lack. Die Pedale hat er durch Klicktechnik ersetzt. Wenn er läuft, klingt er, als trage er hohe Absätze. Genau so will er am Wochenende gegen rund 160 Fahrer beim World-Klapp in Mannheim antreten – ein Rennen zum 200. Geburtstags des Klapprades (mehr im Magazin). Der Oberlippenbart ist Pflicht, der alten Zeiten wegen. Felix Lieschke hat ihn auf seiner Feierabend-Runde begleitet – und hatte ziemlich Probleme mitzuhalten.

BZ: Herr Buurlage, der Vollbart irritiert mich. So werden sie wohl disqualifiziert werden am Sonntag.

Buurlage: Ja, das stimmt. Der kommt auch am Tag des Rennens noch ab. Der Schnauzer ist Pflicht, sonst dürfen wir nicht starten.

BZ: Fahren Sie nur mit dem Klapprad?

Buurlage: Nein, immer nur kurz vor dem World-Klapp – aber dann genieße ich es sehr. Ich habe mit dem Rennrad angefangen. Mein erstes richtig gutes Fahrrad habe ich mir von meinem Konfirmationsgeld gekauft. Leider habe ich das nach eineinhalb Jahren durch einen Unfall mit einem Auto zu Schrott gefahren. Mit 18, 19 Jahren habe ich mit dem Mountainbiken angefangen. Das Klapprad ist das neuste.

BZ: So sieht es nicht aus …

Buurlage: Es ist nur das Neuste in meiner Sammlung. Das ist das alte Kinderfahrrad von einem der Organisatoren des World-Klapp.

BZ: Was haben Sie alles verändert an dem Fahrrad?

Buurlage: Nicht viel. Alle unwichtigen Teile habe ich abgeschraubt, die Reifen sind auch neu. Es gibt sogar Teams, die mit speziell angefertigten Reifen auffahren. Ich glaube, meine kommen von einem Kinderanhänger. Den Lenker habe ich nach unten gedreht, so wird die Position windschnittiger.

BZ: Wie hat der Freund reagiert, als Sie das Fahrrad zerlegt haben?

Buurlage: Der hat mich darin bestärkt, in der Hoffnung, dass ich vorne mitfahren werde.

BZ: Wie schnell können Sie mit dem Klapprad fahren?

Buurlage: Man hat mir mal gesagt, dass man damals beim Rennen in Berlin 50 Stundenkilometer gemessen hat.

BZ: Auf ebener Strecke?

Buurlage: Ja.

BZ: Mit so kleinen Reifen?

Buurlage: Ja, ich glaube es selbst auch nicht (lacht). Und ich weiß auch noch nicht, wie ich das schaffen soll.

Wir fahren nebeneinander immer entlang der Dreisam von Freiburg Richtung Kirchzarten. Immer, wenn uns ein Radfahrer entgegenkommt, tritt er leichtfüßig in die Pedale und setzt sich mühelos vorne ab.

BZ: Triathleten und ehemalige Profis – das klingt nicht mehr nur nach Spaß.

Buurlage: Doch, das ist es. Es gibt Teams, die das sehr ernst nehmen – der Rest von meinem Team gehört auch dazu. Die trainieren schon seit einem halben Jahr für das Rennen. Ich möchte gar nicht wissen, wie viele Kilometer die schon gemacht haben.

BZ: Welche Strategie haben Sie für das Rennen?

Buurlage: Wir fahren in Vierer-Teams, da muss man präzise fahren. Das haben wir in Berlin gemerkt, als es einer von uns nicht geschafft hat, sich rechtzeitig hinten einzuordnen. Dann verliert man den Anschluss und kommt auch nur schwer wieder an die Gruppe heran. Das ist beim World-Klapp sehr speziell, weil man wirklich das gesamte Rennen am Limit fährt.

BZ: Sie wirken wie ein ziemlicher Fahrradnarr auf mich.

Buurlage: Absolut, das bin ich. Ich habe schon als Kind angefangen, meine Räder selbst zusammenzubauen. Irgendwann habe ich ein Praktikum bei einem Rahmenbauer gemacht. Mit der Zeit hat sich das richtig professionalisiert. Jetzt baue ich alle meine Fahrräder komplett alleine.

BZ: Welches Rad nehmen Sie für Ihre Feierabendtour am liebsten?

Buurlage: Das ist ganz unterschiedlich, ich habe abends nie viel Zeit, daher bevorzuge ich kurze Bergtouren. Ich lasse mich gern treiben; wenn es mir irgendwo gefällt, fahre ich einfach weiter – ohne feste Trainingskilometer.

Die Radtour endet in seiner Freiburger Wohnung. Auf dem Flur steht sein Stadtfahrrad in Hellblau und Orange. "Buurlage" steht auf der Seite, die Schrauben sind in den Rahmen eingelassen. Direkt dahinter steht sein Mountainbike. Verkaufen würde er keines davon.

Thorsten Buurlage, 44, ist Maschinenbauingenieur. Er ist in Berlin geboren, seit elf Jahren lebt er in Freiburg.

Mehr Informationen unter:      http://www.world-klapp.de

Ressort: Südwest

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Sa, 10. Juni 2017: PDF-Version herunterladen

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