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Weltvegetariertag

Vegane Ernährung für Hunde – ist das artgerecht?

  • Mi, 01. Oktober 2014, 00:00 Uhr
    Panorama

Veganes Futter aus der Dose – und als Belohnung gibt’s ein Stück Tofu: Einige Veganer ernähren auch ihre Hunde ohne tierische Produkte – doch das ist umstritten.

Leila, ehemaliger rumänischer Straßenh...in ihrem neuen Zuhause vegan ernährt.   | Foto: dpa
Leila, ehemaliger rumänischer Straßenhund, wird in ihrem neuen Zuhause vegan ernährt. Foto: dpa
Dass man ohne Fleisch leben kann, machen immer mehr Menschen in Deutschland vor. Veganer verzichten sogar ganz auf Tierprodukte. Doch was, wenn einer dieser Tierfreunde einen Hund hält, der ja üblicherweise Fleisch isst? Die vegane Hundeernährung wird im Internet heiß diskutiert – und auch der Handel hat die neue Zielgruppe bereits entdeckt.

"Der ist ja total dünn." Das hört Frauke Heesing oft. Und zwar immer dann, wenn sie erzählt, was in Gayas Napf kommt. "Ja, das ist ja auch ein Windhund", entgegnet die Berlinerin dann und muss ein bisschen schmunzeln. Die 27-Jährige steht Kritikern gelassen gegenüber – zumindest inzwischen. "Ich weiß ja, dass es meinem Hund gut geht", sagt sie. Seit sieben Jahren verzichtet Heesing selbst auf Fleisch, seit fünf Jahren auf Eier, Milch und Honig. Damit zählt sie zu den laut Vegetarierbund 900.000 Veganern in Deutschland.
Mit 15 Monaten hat Rüde Gaya in der Berliner WG ein neues Zuhause gefunden. "Und mir war gleich klar, dass ich das Leben meines Hundes nicht über das Leben eines anderen Tieres stellen möchte", sagt Heesing.

Der Hund ist ein Allesfresser

Für Gesine Hesse, Tierärztin aus Forchheim, ist das nicht so einfach. "In natürlicher Umgebung frisst der Hund eben vor allem Fleisch. Klar, auch Beeren und Gras, aber Fleisch ist immer dabei", sagt sie. Sie habe selbst zwei Hunde und würde den beiden das Fleisch nie entziehen wollen. "Der Hund scheint es zu tolerieren. Aber ob er dabei glücklich ist, steht auf einem anderen Blatt", erklärt Hesse.

Von unglücklichem Hund hat Frauke Heesing bisher nichts gemerkt. Ganz im Gegenteil: "Früher hat Gaya starke Schuppen gehabt. Jetzt ist das deutlich besser geworden." Zunächst fütterte sie Gaya eine Mischung aus tierischem und pflanzlichem Futter, dann immer weniger vom einen und mehr vom anderen, so habe das gut funktioniert. Heesing kritisiert vor allem Herstellung und Qualität des üblichen Hundefutters. "Es werden fast nur Fleischreste verarbeitet. Die Lebensmittelindustrie hat ein starkes Interesse daran, die Produkte zu verkaufen. Und die Fleischindustrie wird den Abfall los." Sie selbst würde so etwas nie essen, wieso also ihr Hund?

Weil er in der Wildnis dasselbe tun würde, meint Gesine Hesse. "Wenn ein Wildhund eine Beute erlegt, frisst er häufig zuerst die Eingeweide." Und weil ein Hund das essen müsse, was er vom Menschen bekommt, solle man sich am Natürlichen orientieren, so die Tierärztin.

Konsequenterweise dürfe man dann aber auch keinen Hund in der Wohnung halten, findet Heesing. "Darüber denken viele nicht nach." Ihr Credo: Der Hund ist ein Allesfresser und da ist es ihm egal, was in den Napf kommt, solange es schmeckt. "Klar würde er in ein Steak beißen, wenn man ihm eins hinhalten würde. Aber auch in ein Toastbrot", sagt sie lachend.

Im vegetarischen Trockenfutter stecken Kartoffeln, Erbsen, Leinsamen

Ein Besuch in der Freiburger Zoohandlung Burkhard: Neben Standardkost für den Hund von heute steht im Regal auch Biodosenfutter. Veganes Hundefutter sucht der Kunde hier vergebens. Auffällig positioniert, auf Paletten in der Mitte des Ganges, steht aber vegetarisches Trockenfutter. "Fitness Trainer 3 vegetal" heißt es und besteht vor allem aus Kartoffeln, Erbsenprotein, Kartoffeleiweiß, Maisöl, Erbsen, Leinsamen. Ein Hundebesitzerpärchen greift sich gerade eine Packung. Als Alternativ-Ernährer "outen" wollen sie sich allerdings nicht. Der Vegetarierbund Deutschland hat auf seiner Webseite nachgefragt, wer seinen Hund vegetarisch oder vegan ernährt – bei den 1139 Antwortenden war es jeder fünfte.

Ein Mitarbeiter der Zoohandlung sieht die fleischlose Hundekost kritisch – doch offiziell äußern möchte er sich dazu nicht. "Eigentlich ist es unproblematisch", erklärt ein Tierarzt einer Tierklinik im badischen Raum, aber auch er möchte bei dem Thema lieber nicht namentlich genannt werden.

In Internetforen wird über vegane Hundeernährung lebhaft diskutiert – etwa im "tierforum", im "vegan-forum" oder "dogforum". Auch Veganer sind sich uneins über den Umgang mit dem Haustier. Tierquälerei sagen die einen, einzig logische Konsequenz die anderen. "Wieso seinem Hund die eigene Ideologie aufzwingen? Nur weil er mit vegetarischer oder veganer Ernährung auch überlebt? Finde ich reichlich egoistisch", schreibt Nutzer "nudl".

Am Institut für Tierernährung an der Freien Universität Berlin wird seit vielen Jahren an alternativer Tierernährung geforscht. "Es gibt noch keine Langzeitstudien, die zeigen, wie gut diese Ernährung funktioniert", sagt Mitarbeiterin Susan Kröger. Ein wichtiger Unterschied sei jedoch – das habe man bereits festgestellt –, ob ein Alleinfuttermittel verfüttert werde oder Selbstgekochtes. "Bei selbst gestalteten Rationen besteht immer die Gefahr, dass die Energie- und Nährstoffversorgung nicht bedarfsdeckend ist", so Kröger.

Der Berliner Rüde Gaya bekommt beides. "Mal gibt’s Fertigfutter und mal koche ich selbst", sagt Frauke Heesing. Und wenn Gaya brav ist, dann gibt’s statt Fleisch ein Stückchen Tofu. Abgesehen vom veganen Speiseplan ein ganz normaler Hund eben.

Ressort: Panorama

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Mi, 01. Oktober 2014: PDF-Version herunterladen

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