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Schauinsland

Warum das Wild unter Wintersportlern leidet

Simone Höhl
  • Sa, 21. Januar 2017, 12:16 Uhr
    Freiburg

Viele Winterfans zieht es jetzt auf den Berg. Für die Tiere auf dem Schauinsland sind Freizeitabenteurer und Sportler aber ein großes Problem. Förster bitten auf Pisten und Wegen zu bleiben.

Gleitschirmflieger Peter Vaas nimmt im tiefen Schnee Anlauf, um gleich abzuheben. Das ist im Naturschutzgebiet erlaubt. Foto: Michael Bamberger
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Manche Winterfans sind so wild darauf, die Natur zu genießen, dass sie glatt das Wild vergessen. Immer mehr suchen Abenteuer, eigene Pfade und brechen nachts mit Stirnlampen durch den Wald. Das Forstamt bittet dringend, im Naturschutzgebiet auf Pisten und Wegen zu bleiben. Alles andere stresst und schwächt die Tiere so, dass sie sogar sterben können.



Auf einer Kuppe steht Peter Vaas mit seinem Gleitschirm, läuft los Richtung Tal, pflügt durch den tiefen Schnee, hebt aber nicht ab. "Da kann man nicht richtig rennen", sagt der Mann aus Kirchzarten, grinst aber, als er mit dem Schirm im Arm wieder hochstapft, um neuen Anlauf zu nehmen. Der Schauinsland ist Winterwunderland. Bäume sind verschneit, Pisten pulverig, der Himmel ist tiefblau und die Luft glitzert. Kein Wunder, kommen jetzt viele auf Freiburgs Hausberg – zum Wandern, Schlitten- und Skifahren. "Alle waren heiß auf Schnee", sagt Nicole Schmalfuß. Vor der Leiterin des Forstamts beginnt Vaas’ Spur, daneben zieht sich die eines Snowboarders. Die Spuren zeigen, was man darf und was nicht im Naturschutzgebiet zwischen Gipfel und Holzschlägermatte: Der Gleitschirmflieger darf starten, denn er fährt nicht durch den nahen Wald, aber der Snowboarder schon – und verschreckt das Wild.
Knigge für den Berg

Die Förster bitten, vor allem drei Regeln einzuhalten: auf den ausgewiesenen Pisten und Wegen bleiben, Hunde anleinen und Abfall mitnehmen. Außerdem stressen Lärm und Licht die Tiere. Wo’s lang geht, sieht man auf Schildern und der Winterwanderkarte vom Schauinsland. Die gibt’s gratis und im Taschenformat bei Schauinslandbahn, Forstamt (Günterstalstraße 71) und Tourist-Info am Rathausplatz. Unter http://www.rvf.de gibt’s alle Verbindungen der Ski-Busse zu den Wintersportorten der Umgebung.

Die Tiere gewöhnen sich an Loipen und stehen auch mal am Rodelhang, erklärt Revierförster Philipp Schell. Reh, Gämse, Fuchs und Hase flüchten aber panisch, wenn jemand mitten im Wald auftaucht. "Das können die sich nur ein paarmal leisten, bis der Akku leer ist", sagt Schmalfuß. Die Kälte zehrt und das Futter ist knapp, sie können den Energieverlust oft nicht ausgleichen und sind stark geschwächt. "Im Extremfall sterben sie den Erschöpfungstod", sagen die Förster.

Abfahrten, Loipen und Wege sind so angelegt, dass Wild und Sportler aneinander vorbeikommen. Doch es sind mehr Leute als früher abseits der Masse unterwegs. Schell geht zur Straße, ein paar Meter näher an die Bergstation und zeigt am steilen Hang unter der Seilbahn eine Spur. "Da fahren die runter, durchs Gehölz, über die Straße und weiter."

Den Tieren bleibt kein Rückzugsort mehr

Das gab’s immer, aber es wird mehr, sagt Schmalfuß: "Das Mountainbiken im Winter, Tourengehen, Fahren abseits der Pisten nimmt zu." Und es dehnt sich aus in die Nacht. Am Vorabend ist Schell auf der Gießhübelstraße gefahren: "Der ganze Wald hell erleuchtet." Eine Skifahrergruppe war mit Stirnlampen unterwegs, die seien heute so stark wie Flutlicht. Schell appelliert, so etwas nicht zu tun – "weil’s eine Megastörung ist". Den Tieren bleibt kein Rückzugsort mehr.

Ein Grund für die Entwicklung sieht Schell in Unkenntnis über die Strecken, aber eigentlich sind sie beschildert und präpariert, zudem gibt’s die Winterwanderkarte. Der andere Grund ist Abenteuerlust. "Da fährt keiner ohne Absicht runter", meint der Förster, inzwischen über der Kappler Wand. Da hat er, wie an der Wechte, frische Spuren entdeckt. Das Problem: Wenn andere die sehen, nutzen sie sie auch, weiß Jan Steiert, Forstamtsstudent im Praxissemester.

Auf offenen Wiesen und Wegen darf man sich im Schutzgebiet bewegen

Man kann auch Spaß haben, wenn man sich an die Regeln hält, sagen die drei. "Wir sind alle Wintersportler", erklärt die Amtsleiterin, die beim Langlauf am Stübenwasen letzten Winter auf einen Auerhahn traf. "Der hat mich angebalzt und kam bis auf meine Skispitzen", erzählt Schmalfuß und zeigt ein Handyfoto. Auerwild ist sehr selten. "Jeder Verlust ist einer zu viel", meint Schell. Wie viele Wildtiere im Winter sterben, sei schwer zu sagen, oft fressen andere das Aas. Regelmäßig sieht Schell Verkehrsopfer: Das Wild läuft auch lieber auf geräumten Straßen.

Jenseits des Weges über der Kappler Wand sind auch Spuren am Hang – kein Problem, die Förster winken ab: Auf offenen Wiesen und auf Wegen darf man sich im Naturschutzgebiet bewegen.



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Ressort: Freiburg

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Sa, 21. Januar 2017: PDF-Version herunterladen

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