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Wie auf einer Insel

Stephanie Streif
  • Sa, 10. November 2018
    Neues für Kinder

Die fünfjährige Madita urlaubt zusammen mit ihrer Familie in einem Hospiz, denn sie ist schwer krank.

Madita verbringt ihre Ferien im Hospiz   | Foto: stefan rüttnauer/Kinderhospiz Sterntaler
Madita verbringt ihre Ferien im Hospiz Foto: stefan rüttnauer/Kinderhospiz Sterntaler
Wenn Ferien sind, fahren viele Menschen ans Meer. Oder zum Wandern in die Berge. Die fünfjährige Madita hingegen fährt zum Ferienmachen ins Hospiz. Denn Madita ist ziemlich krank. Sie kann nicht einfach in einen Flieger steigen und sich eben mal schnell auf eine Ferieninsel fliegen lassen. Statt dessen fährt sie zusammen mit ihrer Familie im Auto nach Dudenhofen bei Speyer. Dort steht das Kinder- und Jugendhospiz Sterntaler.

Bei dem Wort Hospiz denken viele Menschen ans Sterben. Nicht ganz zu unrecht, denn Erwachsenenhospize sind tatsächlich Pflegeheime, in denen todkranke Menschen versorgt werden, bis sie sterben. Ein Kinder -und Jugendhospiz ist auch ein Ort, an dem gestoben wird. Aber eben nicht nur. Dort wird vor allem auch gelebt. Während Madita im sogenannten Snoezelen-Raum auf der Matratze sitzt, Musik hört und kleinen Luftbläschen nachschaut, die in einer Glassäule nach oben blubbern, ist ihr älterer Bruder draußen unterwegs – zusammen mit Christian, seinem Lieblingserzieher. Maditas Mutter liest derweil ein Buch. Zu Hause hat sie dafür nur selten Zeit.

Madita wohnt eigentlich mit ihrer Familie in der Nähe von Lörrach. Und wenn möglich macht sie an 28 Tagen im Jahr zusammen mit ihrer Familie Urlaub in einem Hospiz. Madita kann nicht sprechen. Darum erzählen ihre Eltern Maditas Geschichte. Von ihrer Geburt, ihrem Herzfehler, der Flüssigkeit in Maditas Kopf, der Speiseröhre, die nicht zusammengewachsen war – und den vielen, vielen Operationen, die Madita schon über sich ergehen lassen musste. 16 Operationen seien es bislang gewesen, erzählt Tanja Rüttnauer. "Und ja, wahrscheinlich wird Madita jung sterben." Dramatische Momente hat es immer wieder gegeben. Bei Operationen zum Beispiel. Und einmal musste Madita sogar mit dem Hubschrauber ins Krankenhaus geflogen werden, weil es ihr ganz schnell ganz schlecht ging.

Mit den Jahren hat sich Maditas Zustand aber stabilisiert. Heute robbt sie, lacht viel, kann sich aber auch mal tüchtig aufregen, wenn sie nicht bekommt, was sie will. "Gerade geht es ihr gut", sagt Stefan Rüttnauer. "Das kann sich aber schnell ändern." Der Alltag der Rüttnauers ist anstrengend. "Meist weniger wegen Madita", sagt der Vater, "sondern wegen dem ganzen Drumherum, das es zu organisieren gilt: Medikamente, Windeln, Schläuche, Sauerstoff – all das muss bestellt und über die Krankenversicherung abgerechnet werden."

Das Hospiz in Dudenhofen ist für die Rüttnauers die beste Ferieninsel. "Das Personal kümmert sich um uns alle. Wir müssen nicht einmal kochen oder uns um Maditas medizinische Versorgung kümmern", erzählt die Mutter. Plötzlich hat man Zeit, die im Alltag of fehlt. Es sei auch schon mal ein Kind gestorben, als sie Urlaub im Hospiz gemacht haben, sagt Tanja Rüttnauer. Hinten im Hospiz-Garten steht ein Steinmäuerchen, in dessen Nischen die Fotos der verstorbenen Kinder und Jugendlichen stehen. Daneben brennen Kerzen und sitzen Engelsfiguren.

Ressort: Neues für Kinder

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Sa, 10. November 2018: PDF-Version herunterladen

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