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Fashion Week Berlin

Deutsche Modeindustrie mittelständisch geprägt

  • Tanja Tricarico

  • Mi, 29. Juni 2016
    Wirtschaft

Die deutsche Modeindustrie ist hauptsächlich mittelständisch geprägt / Wer Erfolg haben will, muss die neuesten Trends erkennen /.

Model beim Schminken  | Foto: dpa
Model beim Schminken Foto: dpa
Mit seiner Mode schlägt er leise Töne an. In kleinem Rahmen, vor ausgewählten Gästen, zeigt der Frankfurter Designer René Storck seine Entwürfe für Männer und Frauen. Seine Mode soll besonders sein, aber tragbar, bequem. "Sodass man nicht darüber nachdenken muss", sagt er.

Storcks Schau ist nur eine von rund 70 Präsentationen deutscher Designer auf der diesjährigen Fashion Week in Berlin. Etliche junge, unbekannte Labels präsentieren ihre Arbeiten während der Berliner Modewoche. Aber auch solche, die es bereits nach Paris geschafft haben, wie René Storck. Hinzu kommen die Designer, die man aus dem Fernsehen kennt. Guido Maria Kretschmer zählt dazu. Oder Michael Michalsky. Der Designer sitzt in der Jury von Heidi Klums "Germany’s next Topmodel".

Geschätzte 200 000 Fachbesucher verschlägt es dieser Tage nach Berlin. Sie suchen die Trends der nächsten Saison, die sich gewinnbringend verkaufen lassen.

Die deutsche Bekleidungsindustrie verdient im Jahr rund zwölf Milliarden Euro. Geld wird mit Hosen, Kleidern, Shirts und Hemden gemacht. Hinzu kommen Umsätze in Höhe von weiteren rund 15 Milliarden Euro mit Heimtextilien wie Teppichen, Schuhen oder Spezialmaterialien. Dazu zählen etwa Carbonfasern, die etwa in der Automobilindustrie genutzt werden. Mehr als 130 000 Menschen arbeiten in Deutschland in der Branche. Hinzu kommen Tausende Beschäftigte in den Zulieferbetrieben weltweit. Neben den Herstellern verdienen die Einzelhändler am Geschäft mit der Kleidung. Die Umsätze gehen in die Milliarden.

Mittelständische Unternehmen dominieren den deutschen Markt. "Der Markt der Mitte hat hier seinen Platz gefunden", sagt Gerd Müller-Thomkins, Geschäftsführer des Deutschen Mode-Instituts in Köln. "Berlin hat es bisher noch nicht geschafft, eine international beachtete Modemetropole zu werden." Der Experte spricht von einer "begrenzten Strahlkraft" der Hauptstadt. Internationale Händler zieht es in Europa vor allem nach Florenz, Paris oder London. Die deutsche Hauptstadt ist noch nicht Anlaufstelle auf den Einkaufstouren der Geschäftsleute.

Dabei hat Berlin mit etwa 2500 Modeunternehmen die inzwischen dichteste Modelandschaft in Deutschland. Von Streetwear bis Couture: Rund 600 bis 800 Modedesigner arbeiten in Berlin. Haben kleine Labels und junge Designer trotz der großen Konkurrenz eine Chance? "Mode kann man immer machen", sagt Müller-Thomkins.

Wer Erfolg haben will, muss den Nerv der Zeit treffen. Dazu gehört etwa das Thema Nachhaltigkeit. Bewusster Konsum spiegelt sich in den Entwürfen vieler junger Designer wider. Ökomode hat sich auf der Fashion Week etabliert. "Die Nachhaltigkeit der Produkte erkennt man längst nicht mehr daran, ob sie aus Jute sind", sagt Hartmut Spiesecke vom Gesamtverband Textil und Mode. "Viele Hersteller bemühen sich, um die Verbesserung ökologischer und sozialer Produktionsbedingungen. Das Angebot wächst."

Die Öko-Nische ist nur eine von vielen Baustellen der deutschen Hersteller. Etlichen Anbietern macht beispielsweise das einbrechende Russlandgeschäft zu schaffen. "Der Export nach Russland ist um mehr als 30 Prozent gesunken", sagt Spiesecke. Die Russen haben wegen der gesunkenen Rohstoffpreise weniger Geld. 2013 exportierten deutsche Firmen Waren von rund einer Milliarde Euro allein nach Russland.

Zu den größten Abnehmern deutscher Mode zählen neben den USA die EU-Staaten. Der drohende Ausstieg der Briten aus der EU sorgt für weitere Unsicherheiten in der Branche. "Viel hängt davon ab, ob es auch weiterhin Freihandel zwischen dem Vereinigten Königreich und Europa geben wird", sagt Spiesecke. 2015 wurden Textilien mit einem Wert von rund 1,4 Milliarden Euro aus Deutschland nach Großbritannien verkauft.

Nicht nur die Hersteller wollen an der Mode verdienen, sondern auch die Händler. Allerdings ist das klassische Fachgeschäft kaum noch zu finden. Experten vermuten, dass sich die Zahl der Händler in den vergangenen zehn Jahren halbiert hat. Stattdessen werden die Hersteller verstärkt zum Händler. Die Digitalisierung verschärft den Konkurrenzkampf. Die Zahl der Online-Shopper wächst, darauf muss sich die Branche einstellen.

Ressort: Wirtschaft

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Mi, 29. Juni 2016: PDF-Version herunterladen

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