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Bei 1600 Grad schmilzt der Schrott

  • Mia Krieger, Klasse 4b, Johann-Heinrich-von Landeck-Schule & Bad Krozingen

  • Fr, 25. November 2016
    Zisch-Texte

Wie wird aus alten Metallresten Stahl? Das hat Zisch-Reporterin Mia Krieger in den Badischen Stahlwerken in Kehl miterlebt.

Für die Besichtigung musste Mia Krieger Schutzhelm und Warnjacke anziehen.   | Foto: Tim Krieger
Für die Besichtigung musste Mia Krieger Schutzhelm und Warnjacke anziehen. Foto: Tim Krieger

Das einzige Stahlwerk in Baden-Württemberg liegt in Kehl: die Badischen Stahlwerke. Mit einer Studentengruppe der Uni Freiburg, die mein Vater betreut, durfte ich, Zisch-Reporterin Mia Krieger aus Bad Krozingen, es gemeinsam mit dem langjährigen Chef Horst Weitzmann besichtigen.

Bevor es richtig losging, wurde ich mit einer orangen Warnjacke, einem Helm, einer Schutzbrille und Ohrenstöpseln ausgestattet. Dann sind wir zu unserem Rundgang gestartet, auf dem ich Horst Weitzmann einige Fragen gestellt habe. Als Erstes wollte ich von ihm wissen, wie man eigentlich Stahlunternehmer wird.

Horst Weitzmann sagte: "Stahlunternehmer bin ich geworden, als der Gründer des Stahlwerks so hohe Schulden bei den Banken hatte, dass er das Werk abgeben musste. Die Banken wollten das Stahlwerk verkaufen. Weil ich damals schon als Geschäftsführer in dem Stahlwerk tätig war und glaubte, dass man mit Stahl erfolgreich sein kann, habe ich das Werk zusammen mit einem Partner gekauft. Dafür mussten wir uns aber sehr viel Geld leihen, das wir später zurückzahlen mussten. Zum Glück ist alles gut gegangen."

Ich fragte weiter: "Hätten Sie sich denn auch vorstellen können, in einem anderen Beruf zu arbeiten?" Er sagte mir: "Oh ja, sehr gut. Ich wollte nämlich ursprünglich Arzt werden, und das würde mich auch heute noch reizen. Als ich ein junger Mann war, war das aber nicht möglich. In meiner Familie gab es ein kleines Unternehmen, für das kein Nachfolger da war. Und da hat die Großfamilie beschlossen, dass es gut wäre, wenn ich ein Ingenieurstudium mache. Also bin ich Ingenieur geworden und habe es auch nie bereut. Die technische Leitung von Unternehmen hat mir immer viel Freude bereitet."

Inzwischen waren wir bei unserem Rundgang im Hafen angelangt. Hier wird jedes Jahr der Stahlschrott von hunderttausenden alten Autos angeliefert. Große Magneten füllen ihn in riesige Behälter, mit denen der Schrott in den Ofen transportiert wird. Ich fragte weiter: "Was macht Ihnen bei Ihrem Beruf denn am meisten Spaß?" – "Am meisten Spaß macht mir, mit Menschen zu arbeiten. Ich möchte vor allem jungen Menschen helfen, ihren Weg zu finden. Sie sollen sich klar werden, welchen Beruf sie nachher ausüben, oder was sie studieren wollen. Wenn ich sie dabei ein bisschen unterstützen kann, freut es mich besonders."

Dass Horst Weitzmann gerne mit Menschen arbeitet, merke ich schnell. Er scheint alle Mitarbeiter im Stahlwerk zu kennen. "Haben Sie einen Ort im Stahlwerk, den Sie besonders gerne besuchen?", fragte ich ihn. Horst Weitzmann sagte: "Also, am spannendsten ist es natürlich an den Elektroöfen, wo der Schrott eingeschmolzen wird. Da ist am meisten Aktivität, da verbrauchen wir die meiste Energie – so viel wie die gesamte Stadt Karlsruhe. Am Elektroofen kommt es darauf an, dass man gut zusammenarbeitet. Die Mannschaft dort ist eine eingeschworene Truppe, zu der ich besonders gern gehe."

Das Innere des Stahlwerks ist die nächste Station unseres Rundgangs und mir wird klar, was Horst Weitzmann meint. Aus dem Steuerstand können wir alles gut und ohne Gefahr beobachten. Es ist wirklich faszinierend zu sehen, wie der Schrott zu glühender Flüssigkeit von 1600 Grad eingeschmolzen wird. Riesige Feuerfontänen steigen auf, und die Schlacke läuft wie heiße Lava aus dem Ofen. Als die erste Fuhre Schrott flüssig ist, werden nochmal 45 Tonnen neuer Schrott in den Elektroofen geworfen. Nun muss sogar der Steuerstand mit einer Art Jalousie vor den Flammen geschützt werden. Schließlich ist der Stahl fertig geschmolzen und wird zuerst in einen riesigen Behälter abgelassen, von wo er in große Stahlträger gegossen wird. Die immer noch glühend heißen Träger werden dann immer kleiner gewalzt, bis sie so dünn sind, dass sie als Baustahl verwendet werden können. In der Werkhalle ist es dabei so warm, dass ich mir am liebsten die Warnjacke ausgezogen hätte. Erst ganz am Ende des 600 Meter langen Werks ist die Temperatur wieder normal und der Stahl abgekühlt und fertig.

Auf dem Weg zurück in die Zentrale stelle ich noch eine Frage, die mich sehr beschäftigt: "Finden Ihre Kinder Stahl eigentlich auch so toll wie Sie?" – "Als meine Kinder klein waren, hatten sie Angst, weil es im Werk so laut war. Aber jetzt sind meine drei Töchter erwachsen und ich habe viele Enkelkinder. Die finden das Stahlwerk alle sehr faszinierend."

Das finde ich auch nach diesem tollen Ausflug ins Stahlwerk in Kehl!

Ressort: Zisch-Texte

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Fr, 25. November 2016: PDF-Version herunterladen

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