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Prozess

30 Monate Haft für Schwesta Ewa

  • Matthias Gerhart / Jan Brinkhus (dpa)

  • Mi, 21. Juni 2017
    Panorama

Rapperin wegen Steuerhinterziehung und Körperverletzung verurteilt / Klage wegen Zuhälterei wurde hingegen abgewiesen.

Schwesta Ewa bei Beginn der Verhandlung am Dienstag   | Foto: dpa
Schwesta Ewa bei Beginn der Verhandlung am Dienstag Foto: dpa

FRANKFURT. Einst galt Schwesta Ewa als eine Größe der deutschen Rapszene – und als eine der wenigen Frauen, die einen gewissen Erfolg damit hatten. Doch dann kam der tiefe Fall. Sie soll – so der Vorwurf – junge Fans zur Prostitution gezwungen haben. Der Vorwurf hatte nun vor Gericht zwar keinen Bestand. Ins Gefängnis muss die Rapperin dennoch.

Als der Richter die Haftstrafe verkündet, schlägt Schwesta Ewa die Hände vors Gesicht und beugt sich nach vorne. Im Zuschauerraum, von dem aus zahlreiche Anhänger der Rapperin den Prozessausgang verfolgen, sind kleinere Aufschreie zu hören. Zweieinhalb Jahre muss die Rapperin ins Gefängnis, so lautet das Strafmaß des Landgerichts Frankfurt. Schwesta Ewa ist nicht anzusehen, ob sie erleichtert oder geschockt ist. Es hätte auch schlimmer für sie ausgehen können. Denn die Staatsanwaltschaft hatte sogar vier Jahre und drei Monate Haft als Strafe für die 32-Jährige gefordert.

Verurteilt wird Schwesta Ewa am Dienstag unter anderem wegen Steuerhinterziehung und Körperverletzung, nicht aber wegen Zuhälterei und Menschenhandels. Außerdem wird ihr Haftbefehl aufgehoben. Als sie diese Nachricht hört, schlägt sie noch einmal die Hände vors Gesicht. Damit kommt sie nach knapp acht Monaten in Untersuchungshaft erst einmal wieder auf freien Fuß. Hat das Urteil Bestand, muss sie aber noch mal ins Gefängnis. An einer Bewährungsstrafe ist sie knapp vorbeigeschrammt: Nur bei einer Verurteilung bis zu zwei Jahren Haft kann die Strafe zur Bewährung ausgesetzt werden.

Den Vorwurf, sie habe vier junge weibliche Fans zur Prostitution gezwungen, sieht das Gericht aber nicht als erwiesen an. "Diese Frauen haben sich freiwillig mit dem Geschäftsmodell der Angeklagten identifiziert", sagt der Vorsitzende Richter Martin Bach. In der Urteilsbegründung lässt er erkennen, dass die vier jungen Frauen, die über das Internet mit ihr in Kontakt traten, nicht völlig unschuldig an ihrem Schicksal seien. Im Fankreis der Rapperin gehöre die Prostitution zum Lebensstil, sagte Bach.

Das "Geschäftsmodell" sah dann so aus: In Mittelklassehotels wurden für einige Tage Zimmer angemietet und sexuelle Dienstleistungen der jungen Frauen via Internet angeboten. Nach Ansicht des Gerichts ließen sich die Frauen freiwillig darauf ein. Allerdings setzte es fast täglich Schläge und Tritte von Schwesta Ewa. Sie habe "ihrem Jähzorn freien Lauf gelassen", sagt Richter Bach. Dabei sei es um Kleinigkeiten gegangen, etwa, dass eine der Frauen rote Socken mit weißer Wäsche in die Waschmaschine gegeben habe. In einem anderen Fall sei eine junge Frau bei einem Freier eingeschlafen, woraufhin die Angeklagte ausgerastet sei.

Der Vorsitzende Richter sagt aber auch, dass über die zahllosen Internetveröffentlichungen das jähzornige Wesen der Sängerin bekannt gewesen sei. Die Kontaktaufnahme zu Schwesta Ewa sei als "ein Stück Einverständnis mit deren Rohheiten" zu sehen. Eine der jungen Frauen trat als Nebenklägerin in dem Prozess auf.

Schwesta Ewa wurde 1984 in Polen geboren und wuchs in Kiel auf, 2004 zog sie nach Frankfurt. Sie ist eine der wenigen Frauen in der von Männern dominierten Rapszene. In ihrer Aussage berichtete sie von ihrer eigenen Zeit im Rotlichtmilieu. "Ich bin mit 17 Jahren Prostituierte geworden", erzählte sie beim Prozessauftakt. Sie habe damit sofort aufgehört, als sie mit dem Rappen angefangen habe.

Die Schläge und Tritte gegen die jungen Frauen hatte Schwesta Ewa vor Gericht eingeräumt, die Vorwürfe, sie habe die Frauen zur Prostitution gezwungen, aber bestritten. Auch die Zeuginnen selbst stützten diese Version.

Ob der Prozess nun in eine weitere Runde geht, ist noch unklar. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Prozessbeteiligten wollen nun in Ruhe prüfen, ob sie Rechtsmittel einlegen und möglicherweise vor den Bundesgerichtshof ziehen.

Ressort: Panorama

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