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Interview mit Großbritannien-Kenner Peter Nonnenmacher

Ach, dieser Brexit

Sonja Zellmann
  • Di, 29. Januar 2019, 11:55 Uhr
    Neues für Kinder

Peter Nonnenmacher berichtet seit vielen Jahren für die BZ aus Großbritannien. Mit dem Brexit, von dem man gerade so viel hört, kennt er sich daher bestens aus. Sonja Zellmann hat ihm dazu ein paar Fragen gestellt.

Brexit-Gegner (links) und -Anhänger (rechts) demonstrieren in London. Foto: dpa
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Nonnenmacher lebt mit seiner irischen Frau Dorothy und zwei schwarzen Katzen in der britischen Hauptstadt London (die Kinder sind schon groß). Ursprünglich kommt er aus Baden.

BZ: Was ist der Brexit genau?
Nonnenmacher: Vor fünf Jahren hat es das Wort Brexit noch gar nicht gegeben. Es steht dafür, dass die Briten zum Exit – zum Ausgang – drängen. Sie wollen raus aus der EU, der Europäischen Union. Zurzeit sind dort 28 Länder eng miteinander verbunden. Ab 30. März sollen es nur noch 27 sein – weil Großbritannien dann nicht mehr dabei sein will.

BZ: Wollen alle Briten raus aus der EU?
Nonnenmacher: Nein, nur etwa die Hälfte. Die anderen würden lieber bleiben. Aber als 2016 über diese Frage in Großbritannien abgestimmt wurde, gab es eine knappe Mehrheit für den Brexit. Deshalb stehen die Briten jetzt kurz vor dem Austritt. Obwohl inzwischen anscheinend die meisten dafür sind, das Ganze lieber zu vergessen. Manchen war vorher nicht klar, wie schwierig so ein Abschied ist.

BZ: Was haben die, die den Brexit wollen, gegen Europa?
Nonnenmacher:
Einige glauben, dass sie im eigenen Land ohne die EU mehr zu sagen hätten. Manche finden, dass Großbritannien zu viel an die EU bezahlt und nicht genug dafür bekommt. Oder dass zu viele Leute von anderswo zum Arbeiten nach Großbritannien kommen. Wieder andere finden den Brexit gut, weil sie lieber mit anderen Ländern befreundet sein wollen. Eine Kollegin von mir hat einmal gesagt: Brexit, das ist, als ob man sich lieber mit den coolen Kids, zum Beispiel mit dem starken Amerika, zusammen tun will – und keine Lust mehr auf die alten Freunde aus der Nachbarschaft hat. Was aber ist, wenn die coolen Kids gar nicht spielen wollen? Dann läuft man Gefahr, gar keine Freunde mehr zu haben.

BZ: Sind Sie für oder gegen den Brexit?
Nonnenmacher: Ich fände es besser, wenn Großbritannien in der EU bleiben würde. Ich fand es immer toll, dass es in den meisten Teilen Europas keine richtigen Grenzen mehr gibt. Dass man in einem anderen Land lernen und leben kann, wenn man will. Natürlich ist nicht alles an der EU ideal. Vieles müsste man verbessern. Aber dass so viele Völker einander zu verstehen suchen und letztlich auch in wichtigen Dingen zusammenhalten, hat mir immer gefallen.

BZ: Wird sich für Sie und andere EU-Bürger in Großbritannien durch den Brexit viel ändern?
Nonnenmacher: Das wissen wir noch nicht genau. Wer mindestens fünf Jahre hier gelebt hat, soll bleiben dürfen. Aber man muss sich melden, wird auf eine Liste gesetzt und gehört nicht mehr wie bisher einfach dazu. Wie lange ich zum Beispiel meinen deutschen Führerschein hier noch benutzen kann, kann mir niemand sagen. Bisher darf man in jedem EU-Staat mit einem beliebigen EU-Führerschein fahren. Das ist ein Beispiel dafür, wie durch den Brexit alles schwieriger wird.

BZ: Ist der Brexit noch zu verhindern?
Nonnenmacher: Möglich ist es. Ich hab immer gedacht, dass es noch zu einer neuen Abstimmung kommen könnte. Abwarten und Tee trinken, könnte man sagen. In den nächsten, den letzten, Wochen vorm geplanten Austritt, geht es hier noch rund. Vielleicht wird der Brexit ja erst mal aufgeschoben. Oder er wird sogar noch ganz abgesagt.

Ressort: Neues für Kinder

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Sa, 26. Januar 2019: PDF-Version herunterladen

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