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Alle waren froh über das Kriegsende

Matteo Hopfenblatt, Klasse 4c, Grundschule Denzlingen

Von Matteo Hopfenblatt, Klasse 4c & Grundschule Denzlingen

Fr, 01. April 2022

Zisch-Texte

ZISCH-INTERVIEW mit Karin Paulus, die 1940 in Bischofsheim bei Frankfurt geboren wurde und den Zweiten Weltkrieg erlebte.

Zisch-Reporter Matteo Hopfenblatt mit seiner Oma Karin Paulus  | Foto: Privat
Zisch-Reporter Matteo Hopfenblatt mit seiner Oma Karin Paulus Foto: Privat

In der Ukraine herrscht seit Ende Februar Krieg. Die Menschen haben Angst, bangen um ihr Leben. Viele von ihnen sind daher auf der Flucht. Auch viele ältere Menschen in Deutschland wissen, wie sich Sirenen anhören, weil Bomben fallen. Sie haben den Zweiten Weltkrieg noch deutlich in Erinnerung. Zisch-Reporter Matteo Hopfenblatt aus der Klasse 4c der Grundschule Denzlingen im Interview mit seiner Oma Karin Paulus, die 1940 geboren wurde und den Weltkrieg in Bischofsheim erlebte.

Zisch: Woran hast du als Kind gemerkt, das Krieg war?
Paulus: Anfangs war ich noch ein Baby. Später erinnere ich mich daran, dass meine Mutter mich nachts sehr oft geweckt und dick angezogen hat. Dann sind wir in den Keller und haben uns dort versteckt.

Zisch: Was habt ihr im Keller gemacht?
Paulus: Im Keller war es für uns sicherer. Wir hatten dort ein großes Regal stehen, das eigentlich für Kartoffeln war. Die sind in dieser Zeit woanders gelagert worden und in dem Regal hat mir meine Mutter ein Bett hergerichtet. Sie hat auf dem Boden geschlafen. Wir durften kein Licht anmachen, sondern hatten nur eine Kerze. Dadurch konnte man von draußen nicht sehen, dass dort Menschen sind. Einmal musste ich meinen Geburtstag im Keller feiern. Richtig gefeiert haben wir nicht, aber ich durfte sogar Kinder einladen, zwei Jungs, ein Zwillingspärchen. Die beiden haben mir damals eine Tasse geschenkt und darin war Kakao. An den Henkel der Tasse war eine weiße Schleife gebunden. Ich weiß noch, dass ich mich sehr darüber gefreut habe. Kakao gab es während des Krieges so gut wie nicht. Deshalb war das Geschenk etwas ganz Besonderes.

Zisch: Wurde der Ort, in dem du damals mit deiner Familie gelebt hast, von Bomben angegriffen?
Paulus: Ich habe in Bischofsheim gewohnt, ein Ort zwischen Frankfurt und Mainz. In diesem Ort gab es damals den zweitgrößten Güterbahnhof in Deutschland. Außerdem waren damals das Werk des Autoherstellers Opel und auch das Unternehmen MAN, das beispielsweise Lkws und Busse herstellt, in der Nähe. Deshalb wurde der Ort oft angegriffen. Das Haus, in dem ich mit meiner Mutter zur Miete wohnte, wurde aber zum Glück nie getroffen.
Zisch: Wie war das für dich, wenn ihr angegriffen wurdet?
Paulus: Bei jedem Angriff hat die Sirene ganz laut geheult und alle wussten, dass jetzt etwas passieren wird. Wir mussten dann sofort in den Keller und alle Lichter ausmachen. Dort haben wir dann gewartet und gehofft, dass es hoffentlich gut vorbei geht. An eine Nacht erinnere ich mich ganz besonders. Als wir wieder aus dem Keller nach oben durften, hat meine Mutter gesagt, dass wir ganz schnell zu den Großeltern müssen. Sie hatte gehört, dass in dem Bereich, wo meine Großeltern wohnten, eine Bombe eingeschlagen war. Wir sind dann dorthin gerannt und haben gesehen, dass das Haus gegenüber getroffen wurde und in Flammen stand. Auf der einen Seite waren wir froh, dass nicht das Haus meiner Oma getroffen wurde. Aber wir waren auch traurig, dass das Haus der Nachbarn zerstört war.

Zisch: Hattest du Angst, dass du mit deiner Mutter fliehen musst?
Paulus: Nein, diese Angst hatte ich damals nicht. Ich habe auch gar nicht weiter darüber nachgedacht. Ich war noch so jung.

Zisch: Hattet ihr immer genug zu essen?
Paulus: Meine Mutter und ich hatten immer genug zu essen, weil meine Großeltern eine Bäckerei und Landwirtschaft hatten. Es gab Pferde, Kühe, Schweine, Hühner und Hasen. In der Bäckerei gab es immer Brot, Brötchen und Butter. Wir mussten deshalb nie hungern.

Zisch: Was ist passiert, als der Krieg vorbei war?
Paulus: Alle waren sehr froh, als der Krieg beendet war. Ich, als kleines Mädchen, habe das gar nicht so wahrgenommen. Ich habe aber gemerkt, dass die Sirenen nicht mehr geheult haben, ich hörte keine Bomben mehr und musste nicht mehr in den Keller. In Bischofsheim war viel zerstört worden. Aber die Straße, in der ich gewohnt habe, war nicht betroffen. Ich konnte dann mit den anderen Kindern wieder ganz unbeschwert draußen spielen.

Ressort: Zisch-Texte

  • Veröffentlicht in der gedruckten Ausgabe der BZ vom Fr, 01. April 2022:
  • Zeitungsartikel im Zeitungslayout: PDF-Version herunterladen

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