Optische und politische Herrschaftszentren: Rund 4000 Gebäude der Neustadt gelten, abgesehen von Berlin, als größtes erhaltenes Ensemble der deutschen Kaiserzeit.
Ein Handwerker hat die Tür zum Flur offen stehen lassen. Als sei die Zeit stehen geblieben, mischen sich in der Nase Staubpartikel und Farbgeruch. Hellgrüne Fliesen mit Kleeblättern ranken unter einer stuckverzierten Gewölbedecke empor. Dort, wo sich die Treppe in dem alten Straßburger Haus nach oben windet, dringt Morgenlicht durch blau, gelb, grün, rot bemaltes Glas. Ein beruhigendes ländliches Elsass bevölkert die Fenster. "Sehen Sie, wie schön das Reliefglas gearbeitet ist", sagt Elisabeth Paillard. "Und wie das Linoleum an den Wänden erhalten ist!"
Die Historikerin steht in der Rue du Général de Castelnau, Nummer 22, einem Eckgebäude. Schlank und kühn mit seinen wie von Zweigen umrahmten Fenstern im Stil des Art Nouveau. Zwei deutsche Architekten haben es geplant. Als Ausweis ihres Könnens entstand es im Jahr 1901. Auf den Etagen über den Büros öffneten sich herrschaftliche Wohnungen mit zehn bis zwölf Zimmern. Unten im Erdgeschoss erinnern riesige ...