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Bauboom sorgt für Engpass

  • dpa

  • Sa, 10. Oktober 2020
    Beruf & Karriere

Markt für Bauingenieure wie leer gefegt.

Verstaubte Bauhelme hängen auf einer B...es Ausscheiden ersetzt werden müssten.  | Foto: Jens Büttner
Verstaubte Bauhelme hängen auf einer Baustelle. In Mecklenburg-Vorpommern werden nach Angaben des Landes-Ingenieurrates nicht einmal halb so viele Bauingenieure ausgebildet, wie durch altersbedingtes Ausscheiden ersetzt werden müssten. Foto: Jens Büttner

In Deutschland muss und soll viel gebaut werden: Bahnstrecken, Radwege, Stromleitungen und Windräder. Planungs- und Genehmigungsverfahren dauern aber oft lange. Und die Personaldecke besonders bei den Bauingenieuren ist dünn.

Beim Ausbau der Infrastruktur macht vielen Bundesländern und Kommunen ein Fachkräftemangel beim Planungspersonal zu schaffen. Angesichts des Baubooms gibt es bei ausgeschriebenen Stellen zum Beispiel für Bauingenieure oft nur wenig Bewerber, wie eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur im März dieses Jahres ergab. Der Markt sei leer gefegt.

Die saarländische Verkehrsministerin Anke Rehlinger (SPD) sagte, eine mangelnde Personalausstattung in den Verwaltungen verlängere Planungs- und Prüfungsprozesse. Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, Helmut Dedy, sagte, die Kommunen stünden im Wettbewerb um Fachkräfte. Ausreichend geeignete Fachkräfte bei der Planung zu finden sei angesichts des Baubooms schwierig, weil auch die Bauindustrie geeignete Bewerber brauche. Zugleich seien die Aufgaben an die Verwaltung durch komplexere Verfahren gestiegen.

Beim Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) hieß es, nach den Erfahrungen der Branche sei eine unzureichende personelle Ausstattung der Planungs- und Genehmigungsbehörden ein entscheidender Engpass, Infrastruktur- und sonstige Baumaßnahmen überhaupt umzusetzen. "Gelder stehen mittlerweile durchaus zur Verfügung, wegen des vielfachen Planungs- und Genehmigungsstaus von Infrastruktur- und Baumaßnahmen verzögert sich aber vielfach deren Umsetzung und werden die Mittel nicht abgerufen." Eine lange Zeit des Investitionsstaus und der zurückhaltenden öffentlichen Bautätigkeit habe dazu geführt, dass auf allen staatlichen Ebenen massiv das Personal der Planungsbehörden abgebaut worden sei.

Rehlinger, auch Vorsitzende der Verkehrsministerkonferenz der Länder, sagte, Bund, Länder und Kommunen müssten deutlich mehr in die Infrastruktur investieren. Zur Wahrheit gehöre aber auch: "Geld allein hilft nicht viel, wenn vor Ort Planungskapazitäten und Baufirmen nicht ausreichen." Um diese schrittweise aufbauen zu können, müssten sich Länder und Kommunen auf ein höheres Investitionsniveau des Bundes auf Dauer verlassen können. Dazu müssten Planungs- und Prüfungsabläufe für Straßen, Schienen und Radwege sowie für Windräder und Gewerbegebiete entschlackt und entbürokratisiert werden, damit die Abläufe schneller werden, ohne zum Beispiel Umweltaspekte zu vernachlässigen. Die Bundesregierung hat Maßnahmen auf den Weg gebracht, um Planungsverfahren zu beschleunigen. Zudem werden weitere Schritte geplant.

Die Personallage in den Ländern aber ist derzeit oft angespannt. Vor allem für Stellen für Bauingenieure oder IT-Spezialisten fehlten Bewerber, hieß es beim Landesamt für Straßenbau und Verkehr in Sachsen. Bisher habe zwar nur eine einzige Stelle dauerhaft unbesetzt bleiben können. "Aber unbesetzte Stellen über einen Zeitraum von sechs bis zwölf Monaten kommen vor", so ein Sprecher. In den kommenden Jahren seien erheblich mehr Neueinstellungen notwendig. Die Zahl der Berufsanfänger decke längst nicht die Zahl derer, die in Rente gehen. Auch ein Sprecher des Bauministeriums Bayern sagte, zwar sei die Lage in den nachgeordneten Behörden ausreichend. Da in den nächsten Jahren aber die geburtenstarken Jahrgänge in den Ruhestand gingen, müsse man sich anstrengen, um das Niveau zu halten.

Die Anforderungen an Planunterlagen seien stetig gestiegen, sagte eine Sprecherin des rheinland-pfälzischen Verkehrsministeriums. Das betreffe nicht nur das Umweltrecht, sondern auch die technische Fachplanung. Auch weil Bund, Land und Kommunen mehr Geld in den Straßenbau steckten, brauche es mehr Ingenieurleistungen beim Landesbetrieb Mobilität. Dafür seien neue Stellen geschaffen worden: "Dennoch können Kapazitätsengpässe auftreten, da insgesamt nicht genügend Fachpersonal zur Verfügung steht."

Corona-Folgen

In den vergangenen Monaten verzeichnete eine Mehrheit der Ingenieurbüros (75 Prozent) negative Auswirkungen der Corona-Epidemie. Das ergab eine Umfrage von Bundesingenieurkammer und Bundesarchitektenkammer. Ab dem zweiten Halbjahr 2020 rechnen die mehr als 9000 befragten Planerinnen und Planer mit einer Verschlechterung der Lage und mit finanziellen Einbußen.

Ressort: Beruf & Karriere

Dossier: stellenspezialing

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Sa, 10. Oktober 2020: PDF-Version herunterladen

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