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Buchtipp

Daniel Handler und der Abschied von einer Liebe

  • Di, 24. September 2013, 10:17 Uhr
    Literatur

43 Erinnerungstücke ihrer kurzen, aber heftigen Liebe packt Min in einen Karton, den sie Ed vor die Haustür pfeffern wird … Daniel Handler hat ein hinreißendes Buch über eine junge Liebe geschrieben.

Eine Trennung fällt meistens schwer.   | Foto: dpa
Eine Trennung fällt meistens schwer. Foto: dpa
Zwei Kronkorken, eine Kinokarte, ein Päckchen Streichhölzer, eine Kastanie, ein Küchenhandtuch – 43 Erinnerungstücke ihrer kurzen, aber heftigen Liebe packt Min in einen Karton, den sie Ed in wenigen Minuten vor die Haustür pfeffern wird. Auf dem Deckel steht "Entweder du fühlst es oder du fühlst es nicht". Weil sie aber misstraut, dass Ed es fühlt und ihr eigenes Herz überläuft vor Wut und Trauer, schreibt sie dazu einen 362-seitigen Abschiedsbrief, der nicht nur der erste Jugendroman des 1970 geborenen Amerikaners Daniel Handler ist, sondern auch einer der besten dieses Jahres.

Reliquie für Reliquie, Station für Station, lässt die Filmnärrin Min ihre zweimonatige Beziehung mit dem Basketballstar Ed Revue passieren. Dabei erzählt sie zu jedem der leuchtend farbig gemalten Gegenstände eine eigene Geschichte: von Begegnungen voller Zauber und Zartheit, von verrückten Ideen, schrecklichen Partys und immer neuen Zweifeln. Und hat einen mit ihrer quicklebendigen Stimme sofort am Wickel: Denn Min schwärmt und wütet, ist witzig und zynisch, reflektiert klug und wortgewaltig. Und weil sie Filme über alles liebt, reiht sie ihre Erlebnisse wie Filmszenen aneinander, lässt sie funkeln und schillern zwischen Komödie und Drama.

Atemlos begleitet man Handlers Heldin durch diese aufregenden Tage – und befürchtet doch die ganze Zeit, dass Min und Ed keine Chance haben: Dieser Highschool-Prinz, für den der Sport alles ist und dessen Vorstellungen von der Welt so simpel wie bürgerlich erscheinen, passt einfach so gar nicht zu dieser Außenseiterin mit den feingeistigen Freunden. Die Romanze dieser beiden steckt dann auch voller Missverständnisse und Enttäuschungen, knallen hier doch zwei Planeten aus unterschiedlichen Galaxien aufeinander.

Dabei wird bei aller Gegensätzlichkeit immer deutlicher, dass Ed nur aus Mins Perspektive gezeichnet wird: Ist er wirklich ein so schlichtes Gemüt? Unterschätzt sie ihn nicht permanent, stülpt ihm in ihrer überkandidelten Empfindsamkeit die eigene Weltsicht über und braucht so dringend Bestätigung, dass ihm nur die Rolle des gutmütigen Beschützers bleibt, der ihr immer drei Denkschritte hinterher stolpert?

Es sind auch diese Risse, die den Leser bei Mins virtuosem Monolog in Spannung halten. Vor allem aber ist ihre Chronik des Scheiterns eigentlich eine des Hoffens, des permanenten Neubeginns. Ein hinreißendes Buch über eine junge Liebe: Temporeich, blitzgescheit und mit viel Sinn für Farbe und Dramatik geschrieben.

– Daniel Handler: 43 Gründe, warum es aus ist. Mit Bildern von Maira Kalman. Aus dem Englischen von Birgitt Kollmann. Carl Hanser Verlag, München 2013. 362 Seiten, 18,90 Euro. Ab 14.

Ressort: Literatur

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Di, 24. September 2013: PDF-Version herunterladen

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